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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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nach Süden in den Pass. Tholians Reiter waren mittlerweile zur halben Länge vorgedrungen. Sie ritten nun langsamer, weil der Weg enger wurde, aber am anderen Ende des Passes, so weit Moril sehen konnte folgten noch weitere Reiter. Das war keine Verfolgungsjagd, Tholian fiel mit seinen Truppen in den Norden ein.
    Moril stellte sich aufrecht und nahm die Quidder vor die Brust. Regen tröpfelte auf ihn nieder. Es sah ganz danach aus, als zöge sich ein Gewitter zusammen, doch das war Moril nur Recht. Kurz sah er zu den riesigen Wolken hoch, die wie dunkle Male am Himmel standen, und empfand leise Ehrfurcht. Niemand konnte gleichgültig bleiben, der im Begriff war, die Quidder so zu nutzen, wie Osfameron sie einst benutzt hatte.
    Er blickte wieder in den Pass hinunter, wo der tote Olob mitten auf der Straße lag. Die ersten südländischen Reiter waren nicht mehr weit von ihm entfernt. Moril schlug einen hohen, trillernden Akkord an und spürte, wie die Macht der Quidder mit dem Ton anschwoll. Diesmal war kein Brummen zu hören, doch Moril spürte ihre Kraft. »Den Norden werdet ihr nicht erreichen«, sagte er zu den zusammengedrängten Reitern. »Hört den Grund.« Er spielte zwei weitere Akkorde, und die Kraft schnürte ihm den Hals zu. Ein riesiger Blitz antwortete ihm; grün und unheilverkündend zuckte er über die Felswände. Donnergrollen folgte, in das Moril mit dem tiefsten Ton einfiel, den die Quidder hergab, sodass die Kraft in ihr weiter anwuchs. Während der Ton verklang, begann Moril zu sprechen, so, wie Barden eine Beschwörung aussprechen. Er sagte:
    »Kialan und Konian finget ihr im Sturm.
Den ihr in Holand henktet, hatte keinem ein Leid getan,
    Auch Kialan nicht, den ihr gehetzt. Zum Ersten:
Dies sei für Konian.«
    Er schlug einen anderen Akkord, auf den er eine schwungvolle, abfallende Phrase folgen ließ, und er spürte, wie die Kraft in der Quidder wieder anstieg. Dann sagte er:
    »Unglücklich liegt Clennen am See in Markind.
Dem Barden, nur aus Argwohn gemeuchelt,
Habt ihr den größten Auftritt verwehrt.
Zum Zweiten: Dies sei für Pförtner Clennen.«
    Nun spielte er zuerst einen schrillen und dann einen trillernden Akkord. Die ersten Reiter waren nunmehr genau unter ihm. Als sie Olob erreichten, hielten sie nicht inne, sondern trampelten achtlos über ihn hinweg und preschten weiter. Moril sah in ihre Richtung, aber er blickte sie nicht an, sondern an ihnen vorbei in die Mitte des Passes. Dort sah er Tholian, zu dessen Seiten seine engsten Treuen ritten. Moril wartete zuversichtlich und unerbittlich. Er ließ sie weiterreiten, während die Kraft in der Quidder wieder anwuchs. Dann sprach er den letzten Vers:
    »Keine Gnade gönnte der Richter Dastgandlen Handagnern.
Tod wohnt im Süden, Tränen decken das Hochland.
Zieht nun der Krieg nach Norden, dankt ihr es Tholian.
Zum Dritten: Dies sei für Tholian.«
    Wieder schlug er die Quidder an, noch einmal und ein drittes Mal, und dieses dritte Mal voll Rachedurst. Die Kraft wuchs gewaltig an, bis sie von Moril Besitz ergriff, vom Himmel, den Wolken und dem ganzen Pass. Und dann gerieten die Hügel, ganz wie Moril es erwartet hatte, in Bewegung.
    Sacht und langsam begann es, als würden die Berge zu beiden Seiten des Passes nur mit den Schultern zucken. Doch kaum einen Augenblick später war aus dem Schulterzucken ein kräftiges, rhythmisches Rütteln geworden. Die Grate der Felswände wölbten sich seitwärts und nach unten, dann strebten sie beharrlich aufeinander zu, schoben sich ineinander und füllten langsam, aber unaufhaltsam den Pass. Donner grollte, doch sein Klang ging im Knirschen der Abertonnen Fels unter, die sich ungebändigt in den Pass schoben. Auch das Geschrei der Männer und Pferde verlor sich in diesem Getöse. Am weiten Ende des Passes sah Moril Reiter die Rosse herumzerren und vor dem Verderben Reißaus nehmen. Gemächlich, schwerfällig und rhythmisch füllten die Berge den Pass. Der Grat, auf dem Moril stand, bewegte sich mit dem übrigen Gestein vorwärts und nach unten. Moril beugte sich nach hinten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und ließ sich mittragen, bis er auf einem riesigen Haufen ineinander gestürzter Felsbrocken fast genau über der Stelle stand, wo der Schuss Olob niedergestreckt hatte. Die Felsspalte war völlig zugeschüttet und versperrt; einen Pass gab es nicht mehr.
    Moril sah sich nicht lange um, denn das Unwetter brach los, und die eben erst aufgebrochenen Steinflächen waren schon
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