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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
Autoren: Alex Berenson
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nützte es der Bevölkerung der Stadt nicht, dass sie fromme Muslime waren. Sie starben durch die Schwerter der Ungläubigen.«
    Der Scheich warf die Hände in die Höhe.
    »Jetzt wird der Islam erneut angegriffen. Er wird im Land der zwei Moscheen angegriffen und im Land der zwei Flüsse« – in Saudi Arabien und dem Irak – »und auch hier in Pakistan, wo unsere politischen Anführer für die Amerikaner und Juden arbeiten. Wir werden überall angegriffen.« Scheich Mohammed Gul war ein kleiner, bärtiger Mann, der seinen stämmigen Körper unter einem weichen braunen Kaftan verbarg. Seine Stimme schien jedoch einem wesentlich größeren Mann zu gehören. Im Inneren der Moschee, einem einfachen Ziegelbau, von dessen weiß getünchten Wänden die Farbe abblätterte, drängten sich die Gläubigen enger zusammen und murmelten zustimmende Worte. Sie waren Kampfgefährten.

    Ihre Zustimmung fachte die Wut des Scheichs weiter an.
    »Ihr sagt, ›Ja, ja‹. Aber was tut ihr, wenn das Gebet vorüber ist? Opfert ihr euch selbst? Oder geht ihr einfach nach Hause und tut gar nichts? Die Muslime von heute lieben diese Welt und hassen den Tod. Wir haben den Heiligen Krieg verraten!«, brüllte der Scheich. Dann brach er ab und fuhr sich mit der Hand über die Braue, während sein Blick über die Menge strich. »Deshalb hat Allah uns bezwungen. Nur wenn wir uns selbst opfern, können wir den Ruhm des Islams wiederherstellen. An diesem Tag wird uns Allah endgültig zulächeln.«
    Bis darauf, dass wohl niemand von uns das miterleben wird, dachte Wells. Während all der Jahre, die Wells nun schon den Reden des Scheichs zuhörte, war dieser immer wütender geworden. Der Grund für seine Wut war nur zu verständlich. Während die Erinnerung an den 11. September verblasste, schien der Aufstieg des Islams zu altem Ruhm fern wie eh und je. Die Juden regierten immer noch in Israel. Die Amerikaner hatten in dem überwiegend von Sunniten bevölkerten Irak eine schiitische Regierung eingesetzt. Auch wenn die Schiiten ebenfalls Muslime waren, herrschten zwischen den schiitischen und sunnitischen Muslimen seit den Anfangstagen des Islams heftige Differenzen. Und für Osama Bin Laden und seine fundamentalistisch-sunnitischen Anhänger – die mitunter als »Wahabis« bezeichnet wurden – waren die Schiiten kaum besser als die Juden.
    Die Al-Quaida hatte sich als »Quelle« der Revolution nie vom Verlust ihrer Basis in Afghanistan erholt, dachte Wells. Als die Taliban fielen, flüchteten die Truppen der Al-Quaida nach Osten in die Nordwestprovinz, die an der gebirgigen Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan lag. Wells selbst war nur mit knapper Not einer amerikanischen Bombe bei
Tora Bora entgangen, der letzten großen Schlacht des Afghanistankriegs. Ihm gefiel der Gedanke, dass Glen Holmes die Bombe persönlich abgefeuert und sie von jener Hütte abgelenkt hatte, in der sich Wells verborgen hatte.
    Wells verstand jedoch nicht, warum die Amerikaner die Schlinge bei Tora Bora nicht vollständig zugezogen hatten. Tausenden Dschihadis gelang die Flucht. Im Jahr 2002 erreichten sie das Bergland der Nordwestprovinz, die ihren Namen von den Briten erhalten hatte, als die Region noch die Nordwestgrenze des indischen Kolonialreichs dargestellt hatte. Die Nordwestprovinz war ein raues Land, das von den Paschtunen regiert wurde. Als fromme Muslime unterstützten sie den von der Al-Quaida ausgerufenen Heiligen Krieg und schotteten die Region erfolgreich gegenüber pakistanischen und amerikanischen Soldaten ab. Selbst die Spezialeinheiten konnten sich in diesem Gelände nur kurzfristig halten.
    Auch wenn die Al-Quaida auf diese Weise überlebte, konnte sie nicht wieder zu früherer Stärke anwachsen. Osama Bin Laden und seine Vertreter jagten von einem Erdloch zum anderen und verbreiteten zwischendurch immer wieder Videobänder, um ihre Anhänger aufzurütteln. Im Abstand von mehreren Monaten verübte die Gruppe Attentate, wie den Anschlag auf einen Bahnhof in Madrid, die Bombenattentate auf mehrere ägyptische Hotels, den Anschlag auf die U-Bahn von London und auf die Erdölarbeiter in Saudi Arabien. Im Irak kämpfte sie gegen die amerikanischen Besatzungstruppen. Keine dieser Aktionen hatte jedoch die Welt so erschüttert wie der 11. September.
    Auch Wells und seine Mitstreiter im Heiligen Krieg schlugen sich nur mühsam durch. Theoretisch hatte der Zahlmeister der Al-Quaida eine Vereinbarung mit den Paschtunen
geschlossen, wonach die Dorfbewohner
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