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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
Autoren: Alex Berenson
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Eroberer, der die Quelle der ewigen Jugend entdeckt hatte. Dann erzählte er, was er über den inneren Kreis von Bin Ladens Organisation wusste, auch wenn es wesentlich weniger war, als er wünschte; über die Art und Weise wie Al-Quaida finanziert wurde und wohin Bin Laden seiner Meinung nach geflüchtet war. Die Männer der Spezialeinheit nahmen seine gesamte Aussage auf Band auf. Während der Mond über den Himmel wanderte, gab er so schnell wie möglich seine Informationen weiter, immer mit dem Blick auf die Uhr, denn er wollte vor Tagesanbruch zurück sein. Je mehr Verwirrung bei seiner Rückkehr herrschte, desto weniger Fragen würde man ihm stellen über das, was seinem Trupp zugestoßen war. Immerhin waren in dieser Nacht Hunderte Taliban und Araber getötet worden. Wer würde sich da schon um sechs kümmern?

    Als sich der Himmel heller färbte, wusste Wells, dass er aufbrechen musste. »Das war es«, erklärte er. »Ich hätte gern mehr Zeit gehabt, aber ich muss zurück.«
    »Zurück?«, fragte Holmes, der für einen Moment erstaunt die Augen aufriss. »Wollen Sie denn keine Exfil?«
    Eine Exfiltration. Ob er nach Hause wollte? Wells hatte ganz und gar vergessen, dass es diese Möglichkeit überhaupt gab. Für ihn wirkte sie so unerreichbar wie eine Reise zum Mond. Wollen Sie vielleicht einen Logenplatz im Fenway-Baseball-Stadion? Oder eine Wohnung mit Meeresblick? Oder wieder eine Frau in Minirock sehen? Oder wollen Sie vielleicht mit Vollgas durch Montana nach Hause fahren? Am Grab Ihres Vaters niederknien und sich dafür entschuldigen, dass Sie nicht zum Begräbnis gekommen waren? Wollen Sie vielleicht Heather, Evan und Ihre Mutter wiedersehen?
    Die Antwort auf all diese Fragen lautete Ja. Zu Hause war sein Leben, sein richtiges Leben, und plötzlich traf ihn der Schmerz, dass er dies verloren hatte, so heftig, dass er die Augen schloss und das Gesicht in den Händen verbarg.
    »Wells?«, fragte Holmes.
    Dann erinnerte sich Wells an die Schadenfreude, die sich am 11. September in den Lagern verbreitet hatte, an die Gesänge, die prahlerischen Reden und die Gebete zu Allah. Natürlich hatte er gewusst, dass etwas Großes bevorstand, aber er hatte keine Einzelheiten erfahren. Vermutlich hätte er versuchen sollen, mehr herauszufinden, aber er war davon ausgegangen, dass es die Al-Quaida auf irgendeine Botschaft oder ein Pumpwerk der saudiarabischen Ölpipeline abgesehen hatte. Außerdem wollte er nicht, dass sie Verdacht schöpften, wenn er zu viele Fragen stellte. Aber doch nicht das World Trade Center. Das war einfach zu gewaltig, zu zerstörerisch. Etwas in dieser Größenordnung
hatte seine Vorstellungskraft überstiegen, so wie die von allen anderen. Und mehrere Tausend Menschen hatten den Tod gefunden.
    An diesem Tag hatte sich Wells etwas geschworen: So etwas würde nie wieder geschehen, so lange er lebte und es verhindern konnte. Das war alles, was zählte. Nicht dass es in seinem Leben viele andere wichtige Dinge gegeben hätte: Heather hatte wieder geheiratet, und Evan wusste vermutlich nicht einmal, wer er war. Würde er Evan heute wiedererkennen? Schon seit Jahren hatte er kein Foto seines Sohnes gesehen. Sein wahres Leben – was auch immer das gewesen war – lag endgültig hinter ihm. Was er in dieser Nacht getan hatte, war Beweis genug. Er hatte kaltblütig die Männer erschossen, deren Anführer er war.
    Wie sollte ihn seine Familie auch wiedererkennen, wenn er sich selbst kaum wiedererkannte?
    »Keine Exfil«, antwortete Wells. »Aber dürfte ich Papier und Füller haben, Major?«
    Holmes gab ihm einen Notizblock und einen Stift. »Werde UBL weiter verfolgen«, schrieb Wells, wobei UBL die in der CIA übliche Abkürzung für Osama Bin Laden war, den sie intern Usama nannten. »Wusste vor dem 11. September nichts. Bin immer noch auf Freundesseite. John.«
    Er biss sich auf die Lippen und fügte schließlich noch eine Zeile hinzu: »PS: Sagen Sie Heather, Evan und meiner Mutter, dass ich sie vermisse.«
    Dann riss er das Blatt ab, faltete es und schrieb groß »Exley« auf die Außenseite. »Können Sie das an Jennifer Exley von der CIA weiterleiten? Sie ist mein Führungsoffizier.«
    »Ja, Sir.«
    »Mir wäre es angenehm, wenn Sie es nicht lesen würden«, fügte er hinzu, als er Holmes die Seite gab.

    »Geht in Ordnung«, antwortete Holmes, der augenblicklich aus einer anderen Tasche einen Umschlag hervorzog, das Papier hineinsteckte und den Umschlag versiegelte.
    »Major, darf ich Sie
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