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Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Joe Kurtz 02 - Bitterkalt

Titel: Joe Kurtz 02 - Bitterkalt
Autoren: Dan Simmons
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ermittelt«, erinnerte ihn Pruno. Die keuchende Junkiestimme des alten Mannes konnte ihre Bostoner Herkunft nicht leugnen.
    »Sie haben mich für ihre finsteren Machenschaften missbraucht«, sagte Kurtz. »Das war keine Ermittlung.«
    »Wie dem auch sei, Joseph, du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du dich einfach nur mit meinem Freund triffst. Du kannst ihm ja selber erklären, dass du nicht mehr im Privatermittlungsgeschäft tätig bist.«
    Kurtz zögerte. »Wie heißt dein Freund?«
    »John Wellington Frears.«
    »Und was hat er für ein Problem?«
    »Das weiß ich nicht genau, Joseph. Es handelt sich um eine vertrauliche Angelegenheit.«
    »Na gut«, sagte Kurtz und stellte sich vor, wie er sich mit einem anderen Obdachlosen traf. »Wo finde ich diesen John Wellington Frears?«
    »Kann er dich heute in deinem Büro aufsuchen? Es wäre wahrscheinlich besser für meinen Freund, wenn er zu dir kommt.«
    Kurtz dachte an Arlene und an das letzte Mal, als sie Besuch im Büro bekommen hatten. »Nein«, sagte er. »Ich werde heute Abend bis Mitternacht im Blue Franklin sein. Sag ihm, er soll mich dort treffen. Wie erkenne ich ihn?«
    »Er trägt gerne Westen«, entgegnete Pruno. »Jetzt zu deiner Anfrage über Angelina Farino. Was willst du wissen?«
    »Alles«, sagte Kurtz.
    Donald Rafferty arbeitete in der Hauptpost an der William Street und nahm sein Mittagessen am liebsten in einer kleinen Bar in der Nähe des Broadway Market ein. Als Supervisor konnte Rafferty sich eine 90-minütige Pause leisten. Manchmal vergaß er dabei, etwas zu essen.
    An diesem Nachmittag kam er aus der Bar und entdeckte einen Mann, der an seinem 1998er Honda Accord lehnte. Der Mann war weiß – das war immer das Erste, wovon Rafferty sich überzeugte – und trug einen Wollmantel und eine Wollmütze. Er kam ihm entfernt bekannt vor, aber Rafferty konnte das Gesicht nicht zuordnen. Die heutige Mittagspause war länger ausgefallen als sonst, und Donald Rafferty hatte leichte Probleme, die Autoschlüssel aus seiner Tasche zu fischen. Er blieb fünf Meter vor dem Mann stehen und überlegte, ob er wieder in die Bar zurückgehen sollte, bis der Fremde gegangen war.
    »Hey, Donnie«, grüßte der Mann. Rafferty hasste es, wenn man ihn Donnie nannte.
    »Kurtz«, erkannte Rafferty ihn schließlich. »Kurtz.«
    Kurtz nickte.
    »Ich dachte, du wärst im Knast, du Arschloch«, sagte Rafferty.
    »Im Moment nicht«, antwortete Kurtz.
    Rafferty blinzelte, um klar zu sehen. »In einem anderen Staat hätten sie dich auf den Stuhl gesetzt ... oder dir eine Giftspritze verpasst«, sagte er. »Wegen Mord.«
    Kurtz lächelte. »Totschlag.« Er hatte sich die ganze Zeit an den Accord gelehnt, doch jetzt richtete er sich auf und kam näher.
    Donald Rafferty wich auf dem rutschigen Parkplatz einen Schritt zurück. Es schneite wieder. »Was zur Hölle willst du, Kurtz?«
    »Ich will, dass du an Tagen, an denen du Rachel irgendwo hinfährst, nichts trinkst«, verlangte Kurtz. Seine Stimme klang ruhig, aber entschlossen.
    Rafferty musste trotz seiner Nervosität lachen. »Rachel? Erzähl mir nicht, dass du dich auch nur einen Scheißdreck für Rachel interessierst! 14 Jahre ist sie alt, und du hast der Kleinen nicht mal eine einzige Scheißkarte geschickt.«
    »Zwölf Jahre«, sagte Kurtz.
    »Sie gehört mir«, lallte Rafferty mit schwerer Zunge. »Hat das Gericht so entschieden. Völlig legal. Ich war Samanthas Ehemann, Ex-Ehemann, und Samantha wollte, dass ich sie bekomme.«
    »Irrtum, Sam hat nie etwas anderes gewollt, als sich selber um Rachel zu kümmern«, sagte Kurtz und ging einen weiteren Schritt auf Rafferty zu.
    Rafferty wankte drei Schritte rückwärts zur Tür.
    »Sam hatte nicht vor zu sterben«, sagte Kurtz.
    Rafferty schnaubte. »Sie starb wegen dir, Kurtz. Wegen dir und diesem Scheißjob.« Er fand seine Schlüssel und nahm sie in seine Faust. Jetzt mischte sich Wut unter seine Furcht. Er konnte diesen Dreckskerl fertigmachen. »Bist du hier, um Ärger zu machen, Kurtz?«
    Kurtz’ Blick fixierte Rafferty.
    »Denn dann«, fuhr Rafferty fort, und seine Stimme klang plötzlich fester und lauter, »werde ich deinem Bewährungshelfer erzählen, dass du mich belästigst, dass du mich bedrohst, Rachel bedrohst – zwölf Jahre in Attica, wer weiß, was für kranke Gelüste du da entwickelt hast.«
    Irgendetwas flackerte in Kurtz’ Augen auf und Rafferty trat vier schnelle Schritte zurück, bis er fast die Tür der Bar berührte. »Wenn du
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