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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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Gewaltherrschaft zerstört. Die Nonnen und Waisen sind alle von dort weggegangen. Nur Gott weiß, wohin.«
    »Wenn das die nächste Kirche ist, werden wir dort eine Nachricht vorfinden.« Und mit etwas Glück auch seinen Freund Doyle.
    »Die englischen Spione in Italien hatten immer ähnliche Vorkehrungen getroffen. Hab schon verstanden.«
    Noch immer herrschte tiefste Nacht, aber die Dunkelheit war nicht so bedrückend und erstickend wie in der Zelle. Er nahm einen tiefen Atemzug. Unter diesem Himmel und in dieser klaren, kühlen Luft erschienen ihm die Möglichkeiten unendlich. Sie hatten es schon so weit geschafft. Er würde sie alle in Sicherheit bringen, einen Weg finden, dies zu schaffen.
    »Ich weiß gar nicht, warum ich Euch helfe. Es ist wohl ein Beispiel meiner uneigennützigen Mildtätigkeit.« Er konnte sich ihr resigniertes Schulterzucken vorstellen. So gut kannte er sie mittlerweile. »Und deshalb zweifelsohne sehr töricht. Oh, allmählich kommen wir vom Weg ab. Wir sollten auf ihn zurück. Ja, da entlang. Vorsicht.«
    Sie stützten Adrian links und rechts, während Annique den Weg mit einem Besenstiel ertastete, den sie im Garten des Châteaus gefunden hatte. Heute Nacht hatte sie ihm schon mehrfach das Leben gerettet. Es war Annique gewesen, die die Schritte eines komplizierten Weges durch den labyrinthartigen Burgkeller mitgezählt hatte. Sie hatte von der Geheimtür an der Hinterwand des Vorratsschrankes gewusst. In totaler Finsternis und mit einer Sicherheit, die eine Katze hätte neidisch werden lassen, hatte sie an allen unsichtbaren Hindernissen vorbei nach draußen in den Garten gefunden. Unter dem Laub in einem tiefen Steinbecken hatte sie Wasser entdeckt. Zeit seines Lebens würde er sich an dieses Wasser erinnern, und auch daran, wie Annique es mit der hohlen Hand schöpfte und zuerst Adrian davon gab, ehe sie selbst trank.
    Er hätte Adrian niemals allein über die letzte Mauer heben können. Eine ewig lange Quälerei, die sie in stoischer Ruhe hinter sich brachten, während keine fünfzig Meter weiter immer wieder Gäste an der Eingangstreppe des Châteaus auftauchten und Musik von einer übernatürlichen Klarheit wie Kristall in der Luft hing.
    Nun führte sie sie und gab dabei immer wieder leise Kommentare von sich; Ermutigungen, Richtungsanweisungen und bissiges Bedauern. »Die Fahrspur ist so tief, weil die Wagen hier wenden, um zum Hintereingang des Châteaus zu fahren.« »Die Steine an der Mauer auf der rechten Seite sind voller scharfer Kanten. Passt also auf.« »Oh, ein niedriger Ast. Achtung, gleich kommt er.« Sie marschierte in die Hölle und sagte dabei noch: »Seht mal den angeketteten Unhold rechts. Stolpert nicht über ihn.« Sein Respekt, aber auch seine Vorsicht ihr gegenüber wuchsen mit jedem Schritt. Er würde äußerst vorsichtig sein müssen, wenn er sie gefangen nähme.
    Sie sagte: »Es ist nicht mehr weit bis zum Tor des Waisenhauses.«
    Auf der anderen Seite der Seine war eine Reihe von winzigen Lichtpunkten zu sehen … Paris. Ein paar Straßen weiter erhellte ein erleuchtetes Fenster die Nacht. Ansonsten war nur tiefste Dunkelheit um sie herum. »Woher zum Teufel wisst Ihr das?«
    Ein Lachen drang aus der Finsternis. Auch sie war also froh, aus diesem Keller heraus zu sein. »Ich bin diesen Weg sehr oft im Hellen gegangen, und mein Gedächtnis ist hervorragend.« In ihrer Stimme lag eine Fröhlichkeit, wie Gesang. Es war merkwürdig, wie jung sie klang, wie ein tapferes Kind, anders als die lauernde Schlange, als die er sie kannte. »Bei diesem Baum hier«, sie klopfte mit dem Stiel an die Rinde, »der Euch natürlich noch nicht vorgestellt wurde und den Ihr ohnehin nicht sehen könnt, handelt es sich um eine wunderbare Kirsche, die schon alt war, als ich hier zum ersten Mal vorbeikam. Ich bin damals oft hinaufgeklettert und habe Kirschen geklaut. Hier duftet es überall nach den Früchten, die in den letzten Tagen heruntergefallen sind. Die Straße, die Ihr sucht, der Fahrweg zu den ›Schwestern des Waisenhauses‹, liegt gegenüber. Dort.« Sie berührte ihn sanft an der Schulter, um zu zeigen, wo sie meinte.
    Ihr Nachtsehvermögen war außergewöhnlich. »Ich kann überhaupt nichts sehen.«
    »Versucht nicht zu sehen, Engländer, hört lieber hin. Die Nacht um Euch erzählt viele Geschichten. Die Rue Bérenger liegt da vorn … hm … etwa fünfzig Schritte von hier. Der Bäcker an der Ecke backt bereits Brot. Man kann es riechen. Die Rue Bérenger
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