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Jetlag

Jetlag

Titel: Jetlag
Autoren: Edna Schuchardt
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wenn es sich Claire so richtig überlegte, dann war es sogar viel besser, alleine zu bleiben und das Kind aufzuziehen. Väter mischten sich bloß in die Erziehung ein und wollten alles besser wissen und machen als die Mütter.
    Vielleicht sollte sie David gar nichts von der Schwangerschaft sagen?
    Über diese Möglichkeit dachte Claire noch nach, als sie nach einem langen ereignisreichen Tag in ihre Wohnung zurückkehrte. Melanie war tatsächlich ausgezogen. Der Schlüssel lag mitten auf dem Küchentisch, zusammen mit einem großen Blatt Papier, auf dem nur ein einziges Wort stand:
Tschüß!
    Claire zerknüllte die Nachricht und warf sie in den Mülleimer. Mehr oder weniger lustlos begann sie, sich ein Abendessen zuzubereiten. Als sie die Tiefkühl-Chop-Suey in die Mikrowelle schob, fiel ihr ein, daß Babys sicher etwas anderes brauchten, als Kurzwellenfertigfutter. Also nahm sie die Chop-Suey, steckte sie in den Biomüll (obwohl sie sich nicht sicher war, ob das Zeug nicht doch in den gelben Sack gehörte) und fahndete im Kühlschrank nach etwas gesünderem. Sie entdeckte gerade eine verschrumpelte Karotte und ein paar welke Salatblätter, aus denen man vielleicht noch so was wie einen Salat machen konnte, als das Telefon schrillte.
    David! Claires Herz begann wie wild gegen die Rippe zu trommeln. Nein, bitte, noch nicht. Sie wollte noch nicht mit Dave sprechen.
    Das Telefon schrillte weiter.
    Vielleicht legte er ja auf, wenn sich niemand meldete?
    Das Telefon schrillte weiter.
    Oder er setzte sich ins nächste Flugzeug, weil er dachte, sie, Claire, läge bereits in den letzten Zügen?
    Das Telefon...
    Mit einem Satz war Claire am Apparat und riß den Hörer ans Ohr.
    "Claire?" Davids Stimme war deutlich die Erleichterung anzuhören. "Ich habe schon überlegt, ob ich mich ins nächste Flugzeug setze und zu dir nach Deutschland komme. Deine Freundin sagte mir, du seist krank."
    "War - ärhem - war ich auch." Das Sprechen fiel Claire auf einmal unendlich schwer. "Das heißt, ich - ich - eigentlich..."
    "Was ist los?" David klang besorgt. "Ist irgendetwas? Sag es mir, bitte. Ich werde verrückt, wenn ich nicht weiß, was mit dir ist."
    Claire riß sich zusammen. Und plötzlich sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus.
    "Ich bin schwanger!" Sie konnte hören, wie David auf der anderen Seite der Welt die Luft mit einem scharfen Laut tief in seine Lungen sog. "Aber du brauchst dir überhaupt keine Ausreden oder so einfallen zu lassen, um nicht dafür aufkommen zu müssen. Ich erwarte gar nicht, daß du dich irgendwie für uns verantwortlich fühlst. Ich werde nämlich sehr gut alleine mit dem Kind fertig. Und heiraten will ich dich auch nicht, hörst du. Ich heirate nämlich nicht, bloß weil ein Baby unterwegs ist. Und schon gar nicht, um versorgt zu sein. Außerdem ist sowieso Schluß zwischen uns. Ich will nie wieder von dir hören, hast du das verstanden, David Sundrove? Ich will bloß endlich meine Ruhe haben, also ruf' mich nie wieder an!"
    "David?" Atemlos lauschte Claire in den Hörer. "David, bist du noch dran?"
    Niemand antwortete ihr. Die Leitung war tot.

Kapitel 22
    Rita hatte alle Hände voll zu tun, das heulende, schniefende, fluchende Etwas zu beruhigen, das sie vor einigen Minuten vor ihrer Tür aufgelesen hatte. Claire war vollkommen durcheinander und aufgelöst gewesen. Aber allmählich schien es der resoluten Rita gelungen zu sein, sie wieder auf Normal-Null zu bringen.
    Sie reichte Claire ein Papiertaschentuch und goß ihr erst einmal eine Tasse Früchtetee ein.
    "Da, trink, das beruhigt die Nerven und ist außerdem gesund für's Ba..." Hastig verstummte Rita. Über das Baby zu sprechen, war vielleicht nicht so geschickt. "Na, eben für alles", korrigierte sie eilig und drückte Claire den Becher einfach in die Hände.
    "Ich glaube, ich hab' totalen Stuß erzählt", schniefte Claire, während sie zwischendurch von ihrem Tee nippte. "David muß mich für komplett verrückt halten. Mann, wieso hab' ich nicht einfach die Klappe gehalten?"
    "Weil du dich momentan in einem Ausnahmezustand befindest", erwiderte Rita tröstend. "Das ist nun mal so, wenn einem derart überraschend eine lebensumkrempelnde Neuigkeit offeriert wird." Sie rückte etwas näher an Claire heran und betrachtete sie neugierig. "Jetzt sag aber mal, wie ist das eigentlich passiert?"
    "Ich weiß, wie Babies gemacht werden!" rief sie abwehrend, als sie Claires entrüsteten Blick auffing. "Ich wollte auch nicht, daß du derart ins Detail
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