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Jetlag

Jetlag

Titel: Jetlag
Autoren: Edna Schuchardt
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fürchterlich wichtig mit "seiner" Arbeit. Offiziell war er nämlich der Inhaber von "Schreibwaren-Kleefisch", einem alteingesessenen Betrieb mitten in der Wiesbadener Fußgängerzone. In Wahrheit aber wußte eigentlich jeder in der Landeshauptstadt, daß Hilde-Marie Kleefisch, seine Mutter, die Chefin des Ladens war. Was sie sagte wurde gemacht und zwar ohne Widerrede!
    Bertrams Vater war gestorben, als Klein-Berti gerade zarte fünf Jahre zählte. Hilde-Marie hatte den alten Familienbetrieb natürlich erhalten wollen und ihn so lange geleitet, bis ihr Sohn soweit war, dem Geschäft vorzustehen. Inzwischen war Berti fünfunddreißig Jahre alt, noch lange nicht in der Lage, irgend etwas zu leiten. Am allerwenigsten einen Schreibwarenladen mit rund zehn Angestellten.
"Angekommen!"
    Ritas fröhlicher Ausruf schreckte Claire aus ihren Gedanken. Mit einem Ruck setzte sie sich auf und sah wie erwachend um sich.
    Tatsächlich, das war das schöne alte Haus mit der herrlichen Stuckfassade, hinter der Claires Appartement lag und da war auch Herr Brandenburger, ihr Nachbar, mit seinem Dackel Hubert, der gerade die Kastanie goß.
    "Ich helfe dir noch, das Gepäck hochzuschaffen", bot Rita freundlich an, während sie sich bereits aus dem roten Flitzer schälte. "Aber dann muß ich los. Ich habe Sonny versprochen, sie um halb zwei im Laden abzulösen."
    Claire fiel ein, daß sie noch nicht mit einer Silbe nach der Boutique gefragt hatte. Irgendwie war alles noch so weit weg. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, ehe Claire auch mit dem Kopf wieder zuhause war.
    Rita hatte sich bereits mit ein paar Gepäckstücken beladen. Claire folgte ihr, schwer an den beiden Koffern schleppend, in denen sie ihre wichtigstens Andenken und Geschenke für alle Lieben aufbewahrte.
    Herr Brandenburger winkte ihr erfreut zu, als Claire das Gepäck ins Haus schleppte. Und dann war sie endlich in ihrer Wohnung.

Kapitel 2
    Ein riesiger Blumenstrauß begrüßte Claire, als sie die Diele ihres Appartements betrat. Rita hatte ihn mitten in den Gang gestellt. Eine große Karte verriet, daß er von allen Freunden und Freundinnen stammte, die Claire auf diese Weise herzlich willkommen heißen wollten.
    "Ich habe ein paarmal in der Woche durchgelüftet und die Putzfrau zum Staubwischen durchgejagt", plapperte Rita, während sie Claire folgte, die Raum für Raum in Besitz nahm. "Die Post liegt auf dem Küchentisch. Alles was amtlich aussah, habe ich geöffnet und erledigt, alles was privat aussah, habe ich einfach liegen gelassen. Also, im Grunde ist alles erledigt. Du brauchst dich um nichts zu kümmern. Ah, Kaffee steht auf dem Wohnzimmertisch." Rita kam zu ihr und umarmte Claire liebevoll. "Jetzt komm' erst einmal zu dir, ja? Und erhol dich von dem langen Flug. Ich schau' heute abend noch mal vorbei."
    Claire umarmte sie dankbar.
    "Du bist süß", meinte sie liebevoll. "Ehrlich, Rita, danke, daß du dich so toll um alles gekümmert hast."
    "Hab' ich doch gerne gemacht." Rita schob sie energisch von sich. "Schließlich bist du doch auch immer für alle da, wenn's irgendwo brennt. So, und jetzt Schluß mit den Dankesarien. Ich muß los. Ich komme heute abend noch mal vorbei und dann mußt du mir alles haarklein erzählen."
    Sie versetzte Claire einen neckenden Nasenstüber, schnappte sich ihre Umhängetasche und verließ die Wohnung.
    Zu Hause! Irgendwie hatte sie das Gefühl, noch gar nicht angekommen zu sein. Wenn sie die Augen schloß und ganz schnell wieder aufmachte, war sie bestimmt wieder in Clearwater, draußen vor den Fenstern des gemütlichen Holzhauses heulte der Wind und trieb die Schneeflocken wie Federn vor sich her.

Kapitel 3
    Bis zu dreißig Zentimeter dieser weißen Pracht hatte der Sturm in der vergangenen Nacht auf die Veranda geweht. Davids Schaukelstuhl war unter der weichen Last nur noch als sanftgerundeter Hügel zu erkennen gewesen.
    "Du wirst nicht fliegen können." Davids Augen strahlten vor Freude über diese Möglichkeit. "Bei solchem Schneetreiben hebt kein Hubschrauber ab, das weiß ich. Tja, da wirst du wohl nun doch bei mir bleiben müssen."
    "Hör auf!" Claire lief ans Fenster, in der Hoffnung, der Schneesturm könnte sich gelegt haben. "Mein Flug geht erst um acht Uhr. Vielleicht hat sich das Wetter ja bis dahin beruhigt."
    "Und wenn nicht, dann mußt du eben bleiben." David trat hinter sie. Als seine Hände ihren Körper berührten, stieg dieses altbekannte Gefühl des Begehrens in ihr auf. Noch nie hatte sie
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