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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich
Autoren: David Safier
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Atem, um etwas zu erwidern,und ließ mich erschöpft auf die nächste Parkbank fallen, die im Schatten eines Kastanienbaums stand.
    «Und ich bin immer wieder beeindruckt, wie gut deine Kondition ist», ergänzte Kata.
    Ich warf ihr eine Kastanie an den Kopf.
    Kata grinste nur. Sie war auch nicht ein Zehntel so schmerzempfindlich wie ich. Während ich schon jammerte, wenn ich einen eingerissenen Zehennagel hatte, jammerte sie nicht mal, als sie vor fast fünf Jahren einen Tumor im Kopf hatte. Oder – wie sie es formulierte – «die Gelegenheit herauszufinden, wer meine wahren Freunde sind».
     
    Als sie so krank war, nahm ich jedes Wochenende den Flieger nach Berlin und besuchte sie in der Klinik. Es war hart zu sehen, wie sehr meine Schwester litt, wie sie vor lauter Schmerzen nicht mal mehr richtig schlafen konnte. Tabletten linderten ihr Leiden kaum. Infusionen auch nicht. Und die Chemotherapien taten ihr Übriges: Aus meiner kraftvollen Schwester wurde ein abgemagertes kahlköpfiges Wesen, das seine Glatze mit einem frechen Totenkopf-Tuch verhüllte. Damit sah sie aus, als ob sie jeden Moment auf Captain Sparrows Piratenschiff
Black Pearl
anheuern würde. Nach sechs Wochen wunderte ich mich, dass Katas damalige Freundin Lisa nicht mehr zu Besuch kam.
    Kata erklärte nur: «Wir haben uns getrennt.»
    «Wieso das denn?», fragte ich geschockt.
    «Wir hatten unterschiedliche Interessen», antwortete Kata kurz.
    «Welche?», wollte ich irritiert wissen.
    Kata lächelte süßsauer: «Sie zieht gerne durchs Nachtleben, ich kotze wegen Chemo.»
     
    Meine Schwester war fest entschlossen, den Tumor zu besiegen. Als ich sie fragte, woher sie ihren unglaublichen Willen nehme, antwortete sie: «Ich habe gar keine andere Wahl. Ich glaube doch nicht an ein Leben nach dem Tod.»
    Ich aber betete für Kata, natürlich ohne ihr davon zu erzählen, das hätte sie nur genervt.
     
    Jetzt hatte sie es fast geschafft – sollten in den nächsten Monaten keine Rückschläge mehr auftreten, würde sie noch ein langes Leben vor sich haben. Und ich würde endgültig wissen, ob Gott meine Gebete erhört hatte. Denn das war nun mal sein Aufgabengebiet. Ein Tumor hatte ja wohl kaum etwas mit dem freien Willen der Menschen zu tun.
     
    «Was schaust du denn so nachdenklich?», fragte Kata. Mir war nicht danach, das Gespräch auf den Tumor zu bringen, denn Kata konnte es – verständlicherweise – nicht ertragen, dass mich ihre Krankheit stets trauriger stimmte als sie selbst. Ich stand von der Bank auf und machte mich auf den Rückweg.
    «Laufen wir nicht mehr?», fragte Kata.
    «Ich nehme lieber mit einer Diät ab.»
    «Warum willst du überhaupt abnehmen?», fragte Kata. «Du hast doch immer erzählt, dass Sven dich so liebt, wie du bist.»
    «Sven schon, aber ich mich nicht», antwortete ich.
    «Und, wollt ihr bald Kinder?», fragte Kata scheinbar leichthin.
    «Hat noch Zeit», erwiderte ich.
    Kata schaute mich an, mit dem beiläufigen Blick, den sie immer draufhatte, wenn sie auf etwas hinauswollte.
    «Sieh mal, dahinten schwimmt ein schwarzer Schwan», versuchte ich – wenig elegant   –, das Thema zu wechseln.
    «Bei Marc wolltest du immer Kinder», bemerkte Kata, die mich eigentlich nie Themen wechseln ließ, wenn ich wollte.
    «Sven ist nicht wie Marc.»
    «Deswegen frage ich ja», sagte Kata ernst, «du hast Marc so sehr geliebt, dass du mir gleich in der zweiten Woche die Namen der beiden Kinder verkündet hast, die du mit ihm haben wolltest. Mareike und   …»
    «…   Maja», vollendete ich leise. Ich wollte immer zwei Töchter, die so ein tolles Verhältnis haben wie Kata und ich.
    «Und, was ist jetzt mit Mareike und Maja?», fragte Kata.
    «Ich will noch die Zeit als Paar genießen», antwortete ich, «die Blagen müssen sich etwas gedulden, bis sie mich nerven können.»
    «Hat es was mit Sven zu tun?» Kata ließ einfach nicht locker.
    «Quatsch!»
    «Protestierte sie eine Spur zu laut», grinste Kata, hörte dann aber auf, mich weiter mit dem Thema zu löchern. Ich fragte mich verunsichert, ob ich nicht wirklich eine Spur zu laut protestiert hatte. Wollte ich vielleicht gar keine Kinder?

5
    Unterdessen
    Während sich Marie und Kata vom Malenter See entfernten, schwamm der schwarze Schwan ans Ufer. Dort watschelte er über die Kieselsteine auf den Uferweg, schüttelte sein feuchtes Gefieder und   … verwandelte sich in George Clooney.
    Clooney strich sich durch sein trocken glänzendes Haar, zupfte seinen
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