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Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam

Titel: Jerry Cotton - 0502 - Der Tag an dem mein Henker kam
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wartete eine halbe Minute, aber er meldete sich nicht.
    Ich warf den Hörer auf die Gabel und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ich fragte mich, was von dem Anruf der Unbekannten zu halten sei. Es war nicht die erste anonyme Mordandrohung, die ich erhielt. Da ich noch immer lebte, bestand kein Grund, den Vorfall überzubewerten. Ich schaute auf die Uhr. Seit dem Anruf des Girls waren knapp fünf Minuten vergangen. Das Telefon schrillte. Ich hob ab und meldete mich. Phil war am Apparat. »Hast du deine Sonntagmorgenüberraschung schon hinter dir?« fragte er.
    »Dieser Stimme kann man beinahe alles verzeihen«, antwortete ich. »Nur keine Morddrohungen. Was hältst du davon?«
    »Eine Verrückte«, erklärte Phil. »Angeblich soll Ernie Williams gerächt werden. Hat sie dir das auch gesagt?«
    »Nein.« Ernie Williams! Ich mußte umschalten. Das alles lag schon so lange zurück. Williams hatte vor drei Jahren auf bestialische Weise zwei alte Damen ermordet. Williams war verhaftet, zum Tode verurteilt und später in St. Quentin hingerichtet worden. Nicht einmal Williams Angehörige hatten sein Ende bedauert. Es stimmte, daß Phil, Steve und ich seinerzeit einen großen Teil des Anklagematerials zusammengetragen und Williams verhaftet hatten.
    Rache für Ernie Williams, nach drei Jahren? Das klang abwegig und unglaubwürdig.
    »Ich wollte dich erreichen, doch dein Apparat war besetzt. Da habe ich die Telefonüberwachung eingeschaltet. Vielleicht hilft uns das weiter. Bei Steve hatte ich ebenfalls kein Glück. Er meldet sich nicht.«
    Phil lachte kurz. »Kein Wunder. Steve hat eine neue Flamme entdeckt, erst gestern oder vorgestern, glaube ich. Muß eine tolle Neuerwebung sein. Jedenfalls behauptete er das.«
    »Neuerwerbungen sind immer toll«, stellte ich fest. »Ich muß jetzt auflegen, Phil. Kann sein, daß mich die Boys vom Überwachungsdienst zu erreichen versuchen.«
    Ich hatte recht. Das Telefon klingelte in dem Augenblick, als ich die Gabel nach unten drückte. Sergeant Webster war am Apparat. »Der Anruf für Mr. Decker kam aus einer öffentlichen Fernsprechzelle am Pleasure Strip von Coney Island, Sir.«
    »Aus dem Vergnügungsviertel also«, sagte ich grimmig. »Das paßt!«
    »Wie bitte, Sir?« fragte Webster verwirrt.
    »Nichts, Sergeant. Vielen Dank für Ihre Mühe.« Ich legte auf und erhob mich. An Schlaf war jetzt ohnehin nicht mehr zu denken.
    ***
    Steve hörte, wie die Gangster näher kamen.
    »Filze mal die Kicherschlitten«, sagte einer von ihnen. »Ich bleibe hier und gebe dir Feuerschutz.«
    »Ist doch zwecklos. Der hat sich schon längst verdrückt.«
    »Tu, was ich dir sage.«
    »Okay, okay«, maulte der zweite Gangster. »Wirklich ’ne hübsche Art, den Sonntag zu beginnen.«
    Der andere lachte schmutzig. »Denk mal daran, wie ihn Dillaggio beenden wird.«
    »Noch haben wir ihn nicht.«
    »Wenn du fortfährst, Volksreden zu halten, kriegen wir ihn nie.«
    Die Schritte kamen näher. Steve stieß sich hoch und sprang aus dem Wagen. Ohne sich umzusehen, rannte er die hölzerne Plattform bis zur Kasse hinab und schwang sich dort über den Holzzaun.
    Hinter ihm krachte es. Eine Kugel peitschte haarscharf an seinem Kopf vorbei. Steve hastete über die beleuchtete menschenleere Budenstraße, an der die Achterbahn lag, und fragte sich, wie lange er die Verfolgungsjagd wohl noch aushalten würde. Die Gangster waren nur noch zehn oder zwölf Schritte von ihm entfernt, und sie schlossen rasch auf. So schlecht konnten sie gar nicht schießen. Sie mußten ihn erwischen, entweder in dieser, in der nächsten oder in der übernächsten Sekunde. Doch aus irgendeinem Grunde hatten sie die Knallerei plötzlich aufgegeben. Vermutlich hatten sie längst bemerkt, daß er angeschossen war und sich nur noch mühsam vorwärts quälte. Sie kamen näher, immer näher. Steve war es so, als spürte er ihren keuchenden heißen Atem schon in seinem Nacken.
    Er erreichte eine Straßenkreuzung, eine Budenstadtkreuzung, bunt, phantastisch und so tot wie ein Friedhof um Mitternacht. Er konnte zwischen drei Abzweigungen wählen. Im Grunde hatte er jedoch nur die Wahl, entweder sofort aufzugeben oder die sinnlose Flucht noch einige Augenblicke fortzusetzen.
    Steve jagte weiter. Oder war es nur ein beschwerliches Humpeln, ein Taumeln und Torkeln? Die Budenstadt begann vor seinen Augen zu tanzen. Er riß sich zusammen. Zwischen zwei Buden erspähte er eine Lücke. Er wollte sich hineinwerfen, aber er stolperte über einen
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