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Jenseits von Uedem

Jenseits von Uedem

Titel: Jenseits von Uedem
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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kniete neben dem Toten.
    »Nein«, antwortete Astrid. »Da ist nur der Aufnehmer, mit dem alles weggewischt worden ist.«
    »Na, ist ja auch scheißegal, die Kacke hier haben wir ja auf jeden Fall«, grinste er sie herausfordernd an.
    Sie grinste müde zurück. Von ihm ließ sie sich nicht reizen; den Gefallen tat sie ihm nicht.
    Die Herrensitzung war zu Ende, der Saal war leer, es war still geworden.
    Berns sah sich unten den Toten an und wollte dann die Toiletten untersuchen. Van Gemmern, der zweite ED- Mann, war oben und sammelte die Bierreste, die Erdnüsse und die Gläser ein, machte Fotos. Toppe redete mit te Laaks Freunden. Vom Hausmeister und den Kellnern hatte Astrid nichts Wichtiges erfahren. Denen war im Saal nichts aufgefallen. »Ich dachte, der wär' total besoffen, und solche Typen setzen wir normalerweise vor die Tür«, hatte der Hausmeister gemurrt. »Aber dann hab' ich gemerkt, der ist bewußtlos und braucht einen Arzt. Da haben wir ihn nach unten gebracht. Ich könnt' ihn ja schlecht mitten in der Tür liegen lassen, wo Jan, Pitt und alle Mann vorbeikommen.«
    Die beiden Leute vom Bestattungsunternehmen kamen. Berns frotzelte mit ihnen herum. Astrid hörte etwas von »Nasenklammer« und verschwand lieber.
    Te Laaks Freunde gingen gerade hinaus.
    Toppe klappte seinen Notizblock zu.
    »Gibt's was bei dir?« fragte Astrid.
    »Nee«, meinte er. »Die erzählen übereinstimmend, daß es dem Mann schon schlecht ging, als er kam. Wer weiß, vielleicht hatte der bloß eine Salmonellenvergiftung.«
    Soviel wußten sie inzwischen: Der Tote hieß Gerhard te Laak und kam aus Kellen. Er war dreiundvierzig Jahre alt und lebte mit seiner Mutter in einer Dreizimmerwohnung, in der er auch sein Büro hatte. Er war Versicherungskaufmann und betrieb nebenher eine kleine Privatdetektei.
    »Dann wollen wir mal zu seiner Mutter fahren«, seufzte Toppe. »Kommst du?«
    Im Hinausgehen hörten sie den Bestatter fluchen: »Es ist doch immer derselbe Mist! Pack mal mit an!« Dann ein lautes, kurzes Krachen und das metallische Scheppern des Sargdeckels.
    Sie gingen zu ihren Autos. Astrid sah Toppe vorsichtig von der Seite an. »Du siehst müde aus.«
    »Ja.«
    »Wie ist die neue Wohnung?«
    »Leer«, antwortete er und blieb stehen.
    Sie strich vorsichtig mit der Fingerspitze über seinen Bauch.
    »Astrid, ich .«
    »Ist schon gut. Laß uns zu te Laaks Mutter fahren.«
    Sie wollte ihn in Ruhe lassen. Er brauchte Zeit für sich. Zeit, auch herauszufinden, welche Rolle sie in der Geschichte seiner Ehemüdigkeit spielte. Dabei konnte sie ihm nicht helfen, und sie hatte Angst, etwas kaputtzumachen.

    Sie fanden zwei freie Parklücken direkt vor te Laaks Wohnung im Jungferngraben. Sie lag im Erdgeschoß eines stillosen Blocks aus den frühen Sechzigern, dessen Eigentümer eine auffallende Vorliebe für Beton hatte: Pflastersteine statt Grün im Vorgarten, eine Sichtbetonmauer statt einer Hecke und Waschbetonplatten als Weg.
    Herta te Laak hatte offenbar noch nicht geschlafen, denn unmittelbar nachdem Toppe geklingelt hatte, ertönte der Summer, und sie konnten hinein. Die Frau stand in der offenen Wohnungstür und wich erschrocken zurück. »Ich dachte, es wär' mein Sohn.«
    Toppe hob beruhigend die Hände und zog seinen Dienstausweis aus der Tasche. »Wir sind von der Kriminalpolizei.«
    Frau te Laak mußte Mitte Siebzig sein. Ihren hellgrünen Morgenrock mit Bubikragen hatte sie bis zum Hals zugeknöpft. Sie war ziemlich klein, nicht gerade dick, hatte aber ein imposant ausladendes Hinterteil und kurze, fleischige Arme. Ihr Gesicht war rund und weich, die Augen dunkel. Sie fuhr sich ordnend mit den Händen durch das graue, störrische Haar.
    »Kriminalpolizei? Ist was mit meinem Jungen?«
    »Ja«, nickte Toppe. »Dürfen wir hereinkommen?«

    Sie wurde ihrer Erschütterung kaum Herr. Schluchzend und immer wieder in ihr nasses Taschentuch beißend, stammelte sie zusammenhanglose Sätze: »Was hab' ich denn jetzt noch im Leben? . all die ganzen Jahre . immer verzichtet . mein Ein und Alles . Gift, oh mein Gott ... ich hab's ihm immer gesagt, diese Detektivideen . wir hatten doch unser Auskommen .«
    Toppe und Astrid warteten geduldig, bis sie ein wenig leiser wurde.
    »Frau te Laak, können Sie uns sagen, was Ihr Sohn heute gegessen hat?« fragte Toppe schließlich.
    Sie sah verstört auf und schluckte. »Wir hatten Rouladen und Rotkohl zu Mittag. Und Mirabellen aus dem Glas.«
    »Und abends?«
    »Da hab' ich ihm Reibekuchen
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