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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit
Autoren: Robert Silverberg
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Reihen von Höflingen. Frauen waren zu Dutzenden dabei – vermutlich die Gespielinnen des Seigneurs.
    In der Mitte des Saales hing etwas, das wie ein großer Käfig wirkte, der über und über mit dickem Samt behangen war, so daß man nichts darunter erkennen konnte. Vermutlich lauerte irgend ein Spieltier des Seigneurs darin, überlegte Herndon, höchstwahrscheinlich ein villidonischer Gyrfalke mit riesigen Krallen.
    »Willkommen bei Hof«, murmelte der Seigneur. »Sie sind der Gast meines Freundes Moaris, nicht?«
    »Jawohl, Sire«, sagte Herndon. In der Stille des Saales echote seine Stimme mehrmals von den Wänden.
    »Moaris wird uns heute einige Unterhaltung bieten«, fuhr der Monarch fort. Er schien innerlich schon höchst erfreut über das zu sein, was ihn erwartete. »Wir sind Ihrem Gönner, dem Lord Moaris, äußerst dankbar für die Freude, die er uns heute nacht bereiten wird.«
    Herndon runzelte die Stirn. Er fragte sich, ob er vielleicht die Quelle dieses Vergnügens sein sollte. Allerdings fürchtete er sich nicht davor – bevor dieser Abend noch vorüber sein würde, würde er sich auf Kosten aller hier Anwesenden ebenfalls amüsiert haben.
    »Hebt den Vorhang«, befahl Krellig.
    Aus zwei Ecken des Thronsaals kamen zwei Toppidaner hervor und zogen dann zugleich an schweren Seilen, die mit den Decken über dem Käfig in der Mitte verbanden waren. Langsam hoben sich die schweren Tücher, legten einen Käfig frei.
    In dem Käfig befand sich ein Mädchen.
    Sie hing mit den Handgelenken an einer Stange am oberen Ende des Käfigs, sie war nackt. Die Stange drehte sich langsam, wobei der Eindruck entstand, das Mädchen werde wie auf einem Bratspieß gewendet. Herndon erstarrte, erkannte plötzlich den nackten Körper, der dort oben leblos hing.
    Er kannte ihn nur zu gut – das Mädchen in dem Käfig war Lady Moaris.
    Seigneur Krellig lächelte gütig, murmelte dann leise: »Moaris, Sie sind jetzt dran. Die Zuschauer warten.«
     
    Langsam begab sich Moaris in die Mitte des Thronsaals. Der Marmor unter seinen Stiefeln funkelte, seine Schritte hallten durch den Raum.
    Dann wandte er sich in Richtung Krellig um, seine Stimme klang ruhig. »Meine Damen und Herren vom Hof des Seigneurs, ich bitte um Erlaubnis, vor Ihnen ein Stück meiner privaten Angelegenheiten ausbreiten zu dürfen. Die Dame in dem Käfig ist, wie den meisten von Ihnen inzwischen bekannt sein dürfte, meine Frau.«
    Ein leises Raunen ging durch die Reihen des Gefolges. Moaris machte eine Handbewegung, und ein Scheinwerfer strahlte die Frau im Käfig an.
    Herndon erkannte, daß ihre Handgelenke blutig-rot waren, und daß die Adern ihrer Arme bereits weit hervorstanden. Langsam drehte sie sich mit der Stange im Käfig herum. Schweiß lief ihren Rücken hinunter, und das rasselnde Atmen war in der Stille deutlich zu vernehmen.
    Gleichmütig fuhr Moaris fort: »Meine Frau ist mir untreu gewesen. Ein ergebener Diener informierte mich vor kurzer Zeit davon – sie hat mich mehrmals mit einem Angehörigen meines Hofes, einem Knecht oder Diener, betrogen. Als ich sie danach fragte, leugnete sie es nicht. Der Seigneur« – er verbeugte sich in Richtung des Thrones –, »hat mir die Erlaubnis erteilt, sie hier zu züchtigen, was Ihnen vielleicht ein wenig Unterhaltung bietet.«
    Herndon rührte sich nicht. Er schaute zu, wie Moaris aus einer Tasche eine kleine Flammenpistole zog. Seelenruhig stellte der Edelmann ihre Leistung auf ein Minimum ein, dann machte er erneut eine Handbewegung; eine Seite des Käfigs glitt nach oben, so daß er freies Schußfeld hatte.
    Er hob die Pistole.
    Flick!
    Eine Feuerzunge schoß hervor, und das Mädchen röchelte gequält auf, als der dünne Hitzestift über ihren Körper fuhr.
    Flick!
    Wieder tanzte der Strahl über ihren Körper. Immer wieder und wieder. Moaris zog mit der Waffe rote Striemen über ihren gesamten Körper, und sie drehte sich hilflos an ihrem Gerüst herum. Nur mit Mühe konnte Herndon sich zurückhalten. Die Angehörigen des Hofstaats kicherten leise, während Lady Moaris verzweifelt versuchte, den sengenden Strahlen zu entgehen.
    Plötzlich bemerkte Herndon, daß der Seigneur ihn anstarrte. »Ist dieses Vergnügen nach Ihrem Geschmack, Herndon?« fragte Krellig.
    »Nicht ganz, Sire.« Ein unterdrücktes Murmeln erhob sich – hier widersprach jemand, der gerade neu bei Hof eingeführt wurde, dem Seigneur. »Ich würde einen schnellen Tod für die Lady vorziehen.«
    »Und uns unseres Vergnügens
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