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Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)

Titel: Je oller, je doller: So vergreisen Sie richtig (German Edition)
Autoren: Bill Mockridge , Lars Lindigkeit , Markus Paßlick
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beim Finanzamt.
    Zu Hause habe ich mich regelrecht versteckt, um ein Nickerchen machen zu können. Ich bin aufs Klo gegangen, habe die Tür abgeschlossen und dann »Zzzzzzzzzz Chrrrrrrr …«. Nur eine Viertelstunde, länger nicht. Aber irgendwann wurde Margie misstrauisch: »Bill, was hast du so lange auf der Toilette gemacht? Hast du geschlafen?«
    »Äääh, nee, wie kommst du da drauf?«
    »Erstens hörte ich dich schnarchen, und zweitens hast du nur den Abdruck der Fußmatte noch im Gesicht! Wenn du nickern willst, dann leg dich doch aufs Sofa.«
    Da war es raus – und ich war erleichtert. Margie hatte meine Nickerchen abgenickt, und endlich durfte jeder wissen: Ick bin ein Nicker! Ich gehöre zur Bonner Nickeria! Seit diesem Tag gehören meine Nickerchen zum ganz normalen Familienleben, wie Margies Telefonate mit ihren Freundinnen.
    Unangenehm ist allerdings, wenn ich wach bin, aber eines meiner Glieder schläft ein. Mein linkes Bein zum Beispiel, der Querulant meines Körpers. Pennt tief und fest vor sich hin, während ich nichtsahnend am Stammtisch sitze und von meinen sensationellen Bouleerfolgen berichte. Nach dem zweiten Weizenbier wird meine hellwache Blase von der Toilette gerufen: »Hey, wo bleibst du?« Ich entschuldige mich bei meinen Boulebrüdern und stehe leichtfüßig wie ein junges Fohlen … Hoppla! Was ist denn das? In meinem linken Bein ist überhaupt kein Gefühl, das ist nicht nur eingeschlafen, das ist ohnmächtig! Ich laufe wie Capt’n Ahab mit Holzbein. Schlurf-Pock-Schlurf-Pock  … Ich versuche, so zu tun, als wäre alles normal bei mir, und wackle durch den voll besetzten Gastraum der »Harmonie« Richtung Toilette. Hinter mir höre ich noch die Endenicher flüstern: »Schau mal, der Bill. Der hat aber heute kräftig einen über den Durst getrunken …«
    Auf der Toilette schließe ich mich ein, lasse meine Blase in Ruhe ihre Arbeit verrichten und wecke mein eingeschlafenes Bein mit leichten Schlägen auf den Oberschenkel.
    »Alles klar bei dir, Bill?«, höre ich aus der Kabine nebenan meinen Boulefreund Friedhelm fragen.
    »Hier ist so eine blöde Fliege, aber ich habe sie erwischt!«
    »Ja, ja, die Reflexe … nach fünf Weizenbier.«
    Ich warte, bis Friedhelm die Toilette verlassen hat, und stelle mich mit verschränkten Armen vor meinem Körper auf.
    »Kinder, so geht das nicht! Wir sind ein Körper, wir müssen zusammenhalten! Ich erwarte ab jetzt unbedingte Solidarität und Geschlossenheit! Ich sage es nur ein Mal: Wenn genickert wird, dann alle gemeinsam. Entweder alle oder keiner . Bein, hast du das verstanden? Ich dulde ab jetzt keine Einzelaktionen mehr! Gesäß, du brauchst gar nicht so dreckig zu lachen, ich meine auch dich! Was war denn neulich los, bei ›Lohengrin‹? Du hast dich nach fünf Minuten angefühlt wie Tante Lenis Sofakissen. Und jetzt gehen wir hier raus, und dann will ich jeden von euch kämpfen sehen! Leber, du übernimmst für heute das Kommando. Bein, wegtreten!«
    Das saß! Ich habe meinen Körper inzwischen wie ein Penn-Meister im Griff, und ich kann Ihnen versichern, es wird immer erst dann genickert, wenn ich das Kommando gebe, und keine Sekunde eher.
    An dem Abend ist übrigens noch eine andere hochinteressante Geschichte passiert. Friedhelm und Beppo haben … Zzzzzzzzz Chrrrrrr …

43.
    Seniorenschule
    Ich habe einen Traum. Nicht den von Martin Luther King – aber mindestens ebenso wichtig. Jeden Samstagvormittag stehe ich am Konrad-Adenauer-Denkmal in Bonn und halte vor 250000 Tauben meine geschichtsbuchträchtige Rede. Falls Sie mich dort sehen wollen: Kommen Sie rechtzeitig, bevor wieder mit quietschenden Reifen meine Frau vorfährt, mich ins Auto zerrt und kopfschüttelnd ermahnt: »Bill, wirklich – lass endlich den Quatsch.«
    Doch das werde ich nicht tun. Schließlich ist es alles andere als Quatsch. Ich habe eine Vision. Es geht um nicht weniger als die Zukunft unserer Kinder. Um kleine Jungs und Mädchen, die auch irgendwann alt werden. Und die es später einmal einfacher haben sollen als wir Senioren heute.
    Ich habe einen Traum!
    Ich habe einen Traum, dass es eines Tages Seniorenschulen gibt. Dass eines Tages auf den Hügeln von Bad Sassendorf die Alten mit den Gerade-noch-Jungen miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen, um ihnen all das beizubringen, was sie im folgenden Lebensabschnitt erwartet.
    Ich habe einen Traum, dass meine sechs Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie auf das
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