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James Bond 01 - Casino Royale (German Edition)

James Bond 01 - Casino Royale (German Edition)

Titel: James Bond 01 - Casino Royale (German Edition)
Autoren: Ian Fleming
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du«, sie sprach schnell, ihre Worte überschlugen sich beinahe, »ich habe nichts Richtiges zum Anziehen. Ich dachte, ich könnte ihn vielleicht noch zu Hause erreichen, bevor er ins Büro fährt. Ich habe die Telefonnummer meiner Freundin nicht, und ich dachte, ich könnte dich damit überraschen. Ich wollte nicht, dass du mich herumlaufen hörst und dadurch aufwachst. Ist das Wasser angenehm? Warst du schwimmen? Du hättest auf mich warten sollen.«
    »Es ist wundervoll«, sagte Bond, der entschieden hatte, die Sache nicht weiter zu verfolgen, auch wenn ihn ihre offensichtlichen Schuldgefühle wegen dieser kindischen Heimlichtuerei irritierten. »Geh doch auch ins Meer. Danach können wir auf der Terrasse frühstücken. Ich bin völlig ausgehungert. Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe. Ich war nur überrascht, hier um diese Zeit überhaupt jemanden anzutreffen.«
    Er legte seinen Arm um sie, doch sie löste sich von ihm und lief schnell die Treppe hoch.
    »Ich war so überrascht, dich zu sehen«, sagte sie und versuchte, den Zwischenfall zu überspielen. »Du hast ausgesehen wie ein Geist, ein Ertrunkener, so wie dir die Haare über die Augen hängen.« Sie lachte abgehackt. Als ihr klar wurde, wie hart es klang, wandelte sie das Lachen in ein Husten um.
    »Ich hoffe, ich habe mich nicht erkältet«, sagte sie.
    Sie baute weiter an ihrem Lügengebäude, bis Bond sie übers Knie legen und sie zwingen wollte, ihm die Wahrheit zu sagen. Doch stattdessen tätschelte er ihr vor ihrem Zimmer beruhigend den Rücken und meinte, sie solle sich beeilen und schwimmen gehen.
    Dann ging er in sein Zimmer.
    Dies war das Ende der Unversehrtheit ihrer Liebe. Die folgenden Tage waren ein Scherbenhaufen aus Lügen und Scheinheiligkeit, vermischt mit ihren Tränen und Momenten voll animalischer Leidenschaft, der sie sich mit einer Gier hingab, die aufgrund der Leere ihrer Tage anstößig wirkte.
    Mehrere Male versuchte Bond, die schrecklichen Mauern des Misstrauens zwischen ihnen einzureißen. Wieder und wieder sprach er das Thema des Telefonats an, doch sie blieb stur und bauschte ihre Geschichte mit Ausschmückungen auf, von denen Bond wusste, dass sie sie sich erst später ausgedacht hatte. Sie warf Bond sogar vor, zu denken, dass sie einen anderen Liebhaber hätte.
    Diese Szenen endeten immer mit ihren bitteren Tränen und Momenten, in denen sie fast in Hysterie verfiel.
    Mit jedem Tag wurde die Atmosphäre hasserfüllter.
    Bond konnte kaum fassen, dass menschliche Beziehungen über Nacht zusammenbrechen und zu Staub werden konnten, und er durchforstete immer wieder seine Gedanken nach dem Grund dafür.
    Er spürte, dass es Vesper ebenso schlecht ging wie ihm, und dass ihr Leid vielleicht sogar noch größer war als seines. Doch das Geheimnis des Telefonats, das sich Vesper vehement, fast schon ängstlich, wie Bond fand, weigerte aufzuklären, war wie ein Schatten, der immer größer wurde, da täglich andere kleine Geheimnisse und Lügen hinzukamen.
    An diesem Tag verschlimmerte sich die Situation bereits beim Mittagessen.
    Nach dem Frühstück, das für sie beide höchst unangenehm verlaufen war, sagte Vesper, sie habe Kopfschmerzen und werde daher in ihrem Zimmer bleiben und sich von der Sonne fernhalten. Bond nahm sich ein Buch und spazierte ein paar Kilometer am Strand entlang. Als er zurückkehrte, hatte er sich selbst eingeredet, dass sie in der Lage sein würden, das Problem beim Mittagessen aus der Welt zu schaffen.
    Als sie sich setzten, entschuldigte er sich umgehend dafür, sie an der Telefonzelle erschreckt zu haben und ließ das Thema dann fallen, um ihr zu erzählen, was er bei seinem Spaziergang erlebt hatte. Doch Vesper war unkonzentriert und gab nur einsilbige Kommentare von sich. Sie schob ihr Essen auf dem Teller hin und her, wich Bonds Blicken aus, schaute gedankenverloren an ihm vorbei.
    Als sie ein- oder zweimal nicht auf eine Frage geantwortet hatte, verfiel Bond ebenfalls in Schweigen und widmete sich seinen düsteren Gedanken.
    Plötzlich versteifte sie sich. Ihre Gabel fiel klirrend auf den Rand ihres Tellers und dann vom Tisch auf den Boden der Terrasse.
    Bond sah auf. Sie war leichenblass geworden und starrte voller Schrecken über seine Schulter.
    Bond drehte seinen Kopf herum und stellte fest, dass ein Mann gerade ein gutes Stück von ihnen entfernt an einem Tisch auf der anderen Seite der Terrasse Platz genommen hatte. Er schien ganz gewöhnlich zu sein, vielleicht ein wenig dunkel
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