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Jakobsweg im Smoking

Jakobsweg im Smoking

Titel: Jakobsweg im Smoking
Autoren: Philipp Winterberg
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Hanwag: „Trockenes Leder braucht Nahrung: Wachs“ – ein weiteres Indiz dafür, dass es sich um ein Haustier handelt.

    In den folgenden Monaten besuche ich weit über 100 Geschäfte in Köln, Münster und Berlin: Angefangen bei Trekking-Fachgeschäften, Schuhläden und großen Warenhäusern über Drogeriemärkte, Apotheken, Textiler und Technikspezialisten bis hin zum Feinkostladen, zum Juwelier und zum Devotionalienlädchen.

    Unter fotos.jakobsweg-im-smoking.de sind alle Fotos des Buches in Farbe verfügbar.

2 . Trekkingstöcke oder kaputte Knie?

    „Guten Tag, ich möchte gerne ein Paar ultraleichte Trek kingstöcke kaufen.“
    „Guten Tag…“
    Der Verkäufer mustert mich.
    „Was haben Sie denn vor?“
    „Jakobsweg.“
    „Sind Sie trainiert?“
    Er schaut prüfend.
    „Nein. Ich hatte vor fünf Jahren einen mehrfachen Bän derriss am Fuß, ein Jahr Schmerzen und habe seitdem keinen Sport mehr gemacht, abgesehen von ein bisschen Slackline.“
    „Und werden Sie noch trainieren?“
    „Nein, ich habe mir einfach viel Zeit freigehalten, zwei Monate, so dass ich es langsam angehen kann.“
    „Das ist gut. Viele Leute ruinieren sich die Knie bereits am ersten Tag. Da geht es über die Pyrenäen und die Leute überfordern sich und ihren Körper. Machen Sie das nicht.“
    Er blickt eindringlich.
    „Ist gut.“
    „Wie groß sind Sie?“
    „1,95 m.“
    „Gewicht?“
    „Keine Ahnung. Ungefähr so um die 95 kg?“
    Er blickt abwägend.
    „Da kann ich Ihnen nicht zu ultraleichten Stöcken raten. Sie brauchen ja genügend Halt und Stabilität. Außerdem brauchen Sie Stöcke, die Sie bis 1,45 m ausziehen können, damit Sie auch im Abstieg die Knie entlasten können. Hatten Sie schon mal Knieprobleme?“
    „Ja, leider.“
    Er sieht zufrieden mit seiner Einschätzung aus. Lächelt sogar das erste Mal ein wenig durch seinen struppigen Bart hindurch und greift hinter sich ins Regal.
    „Hier, das sind die richtigen Stöcke für Sie. Wenn Sie die richtig einsetzen, können Sie die Knie um etwa ein Drittel entlasten .“
    Er drückt mir zwei schwarzgoldene Trekkingstöcke aus Aluminium in die Hand.
    „Leki Retro,“ lese ich auf dem Etikett. Sie gefallen mir.
    Er strahlt.
    „Die sind stabil, sehr leicht – nur 525 Gramm – trotz der 1,45er Länge und kosten nur 59,90.“
    „Ich habe noch nie im Leben solche Stöcke benutzt. Worauf muss ich denn da achten?“
    „Ach, dass ist nicht weiter schwer: Wichtig ist, dass Sie ungefähr die richtige Länge einstellen, die Schlaufen so benutzen, dass die Handgelenke gut unterstützt werden und natürlich der Diagonalschritt…“
    Ich verstehe nur vage.
    „Was ist denn die richtige Länge?“
    Der Verkäufer nimmt mir einen Stock aus der Hand und stellt ihn mit wenigen routinierten Griffen auf exakt 1,35 Meter ein.
    „1,35 Meter ist die richtige Länge für Sie. Die Stöcke müssen so eingestellt sein, dass Ihre Unterarme ungefähr einen rechten Winkel zum Körper bilden. Wenn es etwas steiler bergauf oder bergab geht, können Sie die Länge um etwa 10 cm anpassen. Bergauf kürzer. Bergab länger. Für Sie also 1,25 m bergauf, 1,45 m bergab.“
    Ich drehe an dem zweiten Stock herum und versuche ihn festzustellen, aber irgendwie gelingt das nicht. So viel ich auch drehe, die Stocksegmente bleiben lose.
    „Da haben Sie den Keil verloren.“
    Der Verkäufer nimmt mir den Trekkingstock aus der Hand, schiebt ihn ganz zu sammen, dreht das goldene Segment einige Male im schwarzen Segment und zieht es dann mit einem „Fupp!“ ganz heraus.
    „Hier, damit Sie mal das Prinzip ver stehen…“
    Am Ende des goldenen Stocksegments sitzt ein orangeroter Plastikkeil auf einem Gewinde.
    „Wenn Sie drehen, öffnet sich der Keil und der Stock ist fest. Wenn Sie zu weit in die andere Richtung drehen, verlieren Sie den Keil und drehen in der Luft.“
    „Ah, verstehe“, nicke ich und habe das System tatsächlich verstanden.
    Der Verkäufer ist in Gedanken schon wieder einen Schritt weiter.
    „Hier, kaufen Sie unbedingt noch diese Gummipuffer . Sie haben auf dem Jakobsweg auch immer wieder Asphalt, da ist es gut, wenn Sie solche Kappen für die Stöcke haben. Die sind dann leiser und machen die Straße nicht kaputt.“
    „Und die Schlaufen?“, hake ich nach, „Greift man da besser von unten oder von oben durch?“
    „Ach, wie Sie mögen, Hauptsache, das Handgelenk ist gut unterstützt. Diagonalschritt bedeutet übrigens einfach, dass Sie linken Stock und rechtes Bein
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