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Jägerin des Herzens

Jägerin des Herzens

Titel: Jägerin des Herzens
Autoren: Lisa Kleypas
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ihm auch die Times, die sorgfältig gebügelt und gefaltet war, und einen Teller mit süßen Biskuits. Voller Wohlbehagen bat Zachary um eine Kanne Tee und entspannte sich mit der Zeitung. Als er gerade das letzte Biskuit aß, öffnete sich die Tür, und Burton trat ein.
    »Ist sie angekommen?«, fragte Zachary eifrig und sprang auf.
    Burton betrachtete ihn ungerührt. »Miss Lawson möchte Euch oben empfangen. Erlaubt mir, Euch den Weg zu zeigen, Lord Stamford …«
    Zachary folgte ihm die gewundene Treppe mit dem auf Hochglanz polierten Geländer hinauf. Er trat in das Wohnzimmer, wo in einem kleinen Marmorkamin ein Feuer brannte und seinen Schein auf die grüne, bronzefarbene und blaue Wandbespannung warf. Nach ein oder zwei Minuten erschien Lily auf der Schwelle.
    »Zachary!«, rief sie aus, trat auf ihn zu und ergriff seine Hände. Zachary küsste sie lächelnd auf die Wange. Sein Lächeln erstarrte jedoch, als er bemerkte, dass sie einen Morgenmantel trug, unter dem ihre bloßen Füße hervorsahen. Es war ein schickliches Gewand, hochgeschlossen und aus einem schweren, festen Stoff, aber es gehörte dennoch zu den Kleidungsstücken, die ›man nicht erwähnen durfte‹. Verblüfft trat er einen Schritt zurück, wobei ihm auffiel, dass ihre Haare feucht und zottelig um ihr Gesicht hingen und, nun ja, recht seltsam rochen.
    Trotz alledem war Lily unglaublich schön. Ihre Augen waren so dunkel wie der Kern einer Sonnenblume, umgeben von dichten Wimpern. Ihre Haut schimmerte blass, und die Linie ihres Halses war sanft geschwungen. Wenn sie lächelte, was sie jetzt tat, bogen sich ihre Mundwinkel wie bei einem engelhaften kleinen Mädchen nach oben. Ihre unschuldige Erscheinung täuschte jedoch. Zachary war schon dabei gewesen, wenn sie unverschämte Dandys mit erlesenen Beleidigungen bedacht und einem Taschendieb, der versucht hatte, sie zu bestehlen, vulgäre Flüche hinterher geschleudert hatte.
    »Lily?« fragte er zögernd und rümpfte die Nase, als ihm eine weitere Duftwolke entgegenschlug.
    Lachend wedelte sie mit den Händen durch die Luft. »Ich hätte ja zuerst gebadet aber du hattest gesagt es sei dringend. Entschuldige, dass ich nach Eau de poisson stinke – die Themse war heute recht fischig.« Als er sie verständnislos anstarrte, fügte sie hinzu: »Ein Windstoß hat meinen Hut in den Fluss geweht.«
    »Während du ihn noch auf dem Kopf hattest?«, fragte Zachary verwirrt.
    Lily grinste. »Eigentlich nicht. Aber lass uns nicht darüber reden – ich möchte lieber von dir hören, was dich in die Stadt treibt.«
    Er wies unbehaglich auf ihre Aufmachung. »Möchtest du dich nicht zuerst einmal anziehen?«
    Lily lächelte ihn liebevoll an. Manche Dinge würden sich bei Zachary nie ändern. Seine sanften braunen Augen, sein sensibles Gesicht die sorgfältig gekämmten Haare, all das erinnerte sie an einen kleinen Jungen, der sich für den Kirchgang fein gemacht hatte.
    »Oh, du brauchst nicht rot zu werden. Ich bin doch vollkommen züchtig bedeckt. So viel Schamgefühl hätte ich von dir gar nicht erwartet, Zachary. Schließlich hast du mich schon einmal gefragt ob ich dich heiraten will.«
    »Oh, ja, nun …« Zachary runzelte die Stirn. Der Antrag war so schnell gemacht und abgelehnt worden, dass er ihn beinahe schon vergessen hatte. »Bis zu diesem Tag war Harry mein bester Freund. Als er dich so schnöde sitzen gelassen hat da musste ich dich als Gentleman doch bitten, sein Sekundant sein zu dürfen.«
    Sie lachte auf. »Sein Sekundant? Du meine Güte, Zachary, es handelte sich um eine Verlobung, nicht um ein Duell.«
    »Und du hast meinen Antrag abgewiesen«, stellte er fest.
    »Mein lieber Junge, ich hätte dich genauso unglücklich gemacht, wie ich Harry unglücklich gemacht habe. Deshalb hat er mich schließlich verlassen.«
    »Das ist keine Entschuldigung für sein unehrenhaftes Benehmen«, entgegnete Zachary steif.
    »Aber ich bin froh, dass er es getan hat. Wenn er mich nicht verlassen hätte, wäre ich nie mit meiner exzentrischen Tante Sally um die ganze Welt gereist, und sie hätte mir nie ihr Vermögen hinterlassen, und ich wäre …« Lily schwieg und tat so, als erschauere sie. »… verheiratet.«
    Lächelnd setzte sie sich vor den Kamin und wies auf den Platz neben sich. »Damals habe ich nur an mein gebrochenes Herz gedacht. Aber dein Antrag war das Netteste, was mir jemals passiert ist. Eines der wenigen Male, dass ein Mann in Bezug auf mich selbstlos gehandelt hat. Eigentlich
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