Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jägerin des Herzens

Jägerin des Herzens

Titel: Jägerin des Herzens
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
Gesicht und sie spürte das Gewicht eines kleinen Kindes in ihrem Schoß. Die italienische Sonne brannte heiß auf sie hernieder. Vom Teich her ertönte das Quaken von Enten. »Schau, Liebling«, murmelte Lily, »schau die Enten. Sie kommen uns besuchen.«
    Das kleine Mädchen rutschte aufgeregt auf ihrem Schoß hin und her. Sie hob ihre kleine Hand und zeigte auf die Entenschar. Dann blickte sie Lily mit ihren dunklen Augen an und lächelte strahlend, wobei sie zwei winzige Zähne entblößte. »Da«, rief sie aus, und Lily lachte leise.
    »Entchen, mein Liebling, und wie hübsch sie sind. Wo haben wir denn das Brot hingetan, mit dem wir siefüttern können? Du meine Güte, ich glaube, ich sitze darauf.
    Ein weiterer Windstoß verjagte das angenehme Bild. Lilys Augen wurden feucht und ihr Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. »Oh, Nicole«, hauchte sie und versuchte, den Schmerz zu verdrängen, aber er wollte nicht weichen. Manchmal konnte sie ihn mit Alkohol betäuben oder sich mit irgendwelchen Aktivitäten ablenken, aber immer entkam sie ihm nur eine Zeit lang. Sie wollte ihr Kind wiederhaben. Mein Kleines … wo bist du … Ich werde dich finden … Mama kommt, weine nicht, weine nicht… Die Verzweiflung war wie ein Messer, das immer tiefer in sie eindrang. Sie musste sofort etwas unternehmen, sonst würde sie verrückt werden.
    Sie stieß ein helles, unbekümmertes Lachen aus und schlüpfte aus ihren Schuhen. Die rosafarbene Feder ihres Hutes war immer noch im. Wasser zu sehen. »Mein armer Hut ist beinahe schon untergegangen«, rief sie und schwang die Beine über die Reling. »So viel zu Eurer Galanterie. Ich sehe schon, ich werde ihn selber retten müssen!« Und bevor jemand sie davon abhalten konnte, sprang sie in den Fluss.
    Das Wasser schlug über ihr zusammen. Ein paar Frauen schrien auf. Besorgt blickten die Männer auf die sich kräuselnde Wasseroberfläche. »Mein Gott«, rief einer von ihnen aus. Sogar der König, den seine Kammerdiener über das Geschehen unterrichtet hatten, watschelte nach vorne, um sich das anzusehen. Er drückte seinen mächtigen Bauch gegen die Reling. Lady Conyngham, eine große, gut aussehende Frau von vierundfünfzig Jahren, die derzeit seine Geliebte war, trat neben ihn und rief erstaunt aus: »Ich habe es dir doch gesagt – diese Frau ist verrückt! Der Himmel möge uns beistehen!«
    Lily blieb länger als nötig unter Wasser. Zuerst traf die Kälte sie wie ein Schock, lähmte ihre Glieder und ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Ihre Röcke wurden schwer und zogen sie hinab in die geheimnisvolle, kalte Dunkelheit. Es wäre gar nicht schwer, es einfach geschehen zu lassen, dachte sie dumpf … sich einfach hinuntertreiben und von der Dunkelheit umfangen zu lassen … aber dann bewegte sie doch die Arme und schwamm an die Oberfläche zurück. Auf dem Weg nach oben packte sie den triefenden Samthut. Sie durchbrach die Wasseroberfläche und wischte sich das brennende Salzwasser aus dem Gesicht. Ihre Zähne klapperten von der eisigen Kälte, die wie mit Nadeln in ihre Haut stach, und angesichts der starrenden Menge über ihr gelang ihr nur ein zitterndes Grinsen.
    »Ich habe ihn!«, rief sie triumphierend und schwenkte den tropfnassen Hut.
    Bereitwillige Hände streckten sich Lily entgegen, und sie wurde aus dem Fluss gezogen. Das Kleid klebte ihr am Körper und enthüllte ihren schlanken, begehrenswerten Körper. Ein kollektives Keuchen entrang sich der Menge.
    Die Frauen betrachteten sie mit einer Mischung aus Neid und Missfallen, denn keine andere Frau in London wurde so sehr von den Männern bewundert. Alle anderen Frauen, die sich wie sie benahmen, wurden mit Mitleid und Verachtung angesehen, aber Lily…
    »Sie kann sich einfach alles erlauben, ganz gleich, wie grässlich es ist und die Männer bewundern sie nur umso mehr dafür!«, beklagte sich Lady Conyngham laut. »Sie zieht die Skandale an wie Honig die Fliegen. Jede andere Frau hätte schon längst ihren Ruf ruiniert. Selbst mein lieber George äußert nicht die leiseste Kritik an ihr. Wie macht sie das nur?«
    »Es liegt daran dass sie sich wie ein Mann benimmt«, entgegnete Lady Wilton säuerlich. »Sie spielt geht auf die Jagd, flucht und redet über Politik … die Männer finden eine Frau, die sich aufführt wie ein Mann, bezaubernd.«
    »Sie sieht aber nicht aus wie ein Mann«, grummelte Lady Conyngham und musterte die schwellenden Formen, die von dem nassen Kleid betont wurden.
    Lachend
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher