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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte
Autoren: Nyx Smith
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dann die Kredstäbe und das Geld aus seinen Taschen. Shells Grinsen wird noch breiter, als sich der Teller füllt, und das ist ihre Natur. Geld ist wichtig für sie. Waschbär würde es normalerweise nicht gutheißen, daß er Shell die ganzen Kreds gibt, aber hier sind besondere Umstände im Spiel. Daß er sich die Wohnung mit Shell und den Kindern teilt, ist ebenfalls ein besonderer Umstand.
    Als seine Taschen leer sind, nimmt Shell seine Hand und führt ihn durch einen Perlenvorhang in die Nische dahinter, ihre Küche. Die Nische ist gerade groß genug für einen Schrank, eine Mikrowelle, einen kleinen Kühlschrank und einen Tisch, der für zwei Personen ausreicht, wenn es den beiden nichts ausmacht, daß sich ihre Knie aneinander reiben. Bandit setzt sich. Shell bringt ihm ein Glas Wasser und zählt dann das Geld, indem sie die Kredstäbe auf eine Seite legt und das Bargeld auf die andere. Als sie fertig ist, versteckt sie alles in dem Geheimfach im Boden des Küchenschranks. Shell hat Pläne mit dem Geld, das sie einnehmen. Sie hofft, daß sie eines Tages genug hat, um sich eine Eigentums-’ wohnung in den Vororten kaufen und die Kinder in die Schule schicken zu können. Wie sie das ohne SIN für sich und die Kinder schaffen will, weiß Bandit nicht. Er vermutet, daß Systemidentifikationsnummern gekauft werden können. Er hat es nie selbst versucht, aber nach allem, was die Leute reden, geschieht es jeden Tag.
    Shell tritt hinter ihn, legt ihm die Arme um den Hals, küßt ihn auf die Wange und sagt: »Gehst du heute abend in dein Zimmer?«
    Sie meint sein Versteck, seinen Ort für langwierige Magie, sein Medizinzelt. Shell weiß, wo das ist, und das beunruhigt ihn. Seit seiner ersten Bekanntschaft mit den höheren Mysterien hat Bandit diesen überaus wichtigen Ort, wo er auch war, vor allen geheimgehalten. Er bewahrt viele wertvolle Dinge dort auf, Gegenstände, die sehr interessant und sehr mächtig sind. Sein Medizinzelt ist durch Magie und andere Dinge geschützt, aber kein Ort ist vor Diebstahl sicher. Die Tatsache, daß er Shell diesen Ort selbst gezeigt hat, beunruhigt ihn am meisten. Das war eine sehr untypische Handlung für Waschbär.
    Oder vielleicht auch nicht. Manchmal ist es nicht leicht herauszufinden, was richtig und was falsch ist. Er läßt Shell und ihre Kinder hier in diesen Räumlichkeiten wohnen, weil sie sonst nirgendwohin können, weil er sich auf Leute einstimmen muß, weil Leute Teil der Natur sind. Aber welches Risiko geht er ein? Er könnte so viel verlieren.
    »Bandit?«
    Er wendet den Kopf, um sie anzusehen. Sie betrachtet ihn mit einem komischen Gesichtsausdruck. Sie lächelt, dann blinzelt sie und runzelt die Stirn.
    »Was ist los?«
    »Los?«
    »Stört dich irgendwas?«
    Wie kann er diese Frage beantworten? Wenn er ihr von seinen Überlegungen in bezug auf sein Medizinzelt erzählte, würde sie das nicht verstehen. Er hat es schon einmal versucht, und da war sie gekränkt und hat ihm angeboten zu gehen. Sie hat gesagt, sie sei vielleicht eine Diebin, würde ihn aber nach allem, was er für sie und die Kinder getan hat, nie bestehlen. Sie hat gesagt, er bedeutete ihr zuviel, als daß sie ihn je hintergehen würde. Aus alledem scheint hervorzugehen, daß er ihr trauen kann und sollte, aber das ist leichter gesagt als getan. Shell ist vielleicht eine Diebin, aber sie ist keine Schamanin. Sie mag seine Worte nachplappern, aber sie versteht Waschbär nicht.
    Was eine altbekannte Frage aufwirft. Wie kann er bei seiner Magie Erfolg haben, wie kann er sich auf Leute und damit auf die Natur einstimmen, wenn er nicht einmal eine Entscheidung in bezug auf diese eine Frau fällen kann? Vielleicht hat er die Grenzen seines Begriffsvermögens erreicht. Vielleicht werden ihm die tieferen Geheimnisse der Welt für immer verschlossen bleiben.
    Woher soll er das wissen? Wie soll er ihre Frage beantworten?
    »Bandit?«
    »Ich bin müde.« Er reibt sich die Augen. Er hat Kopfschmerzen. Er wünschte, er wüßte einen Zauber, der Kopfschmerzen vertreibt. Er kennt jemanden, der einen weiß, aber danach zu fragen, wäre eine Beleidigung. Als bitte er Waschbär um einen Gefallen. »Ich habe Hunger.«
    »Ich mache dir was.«
    »Okay.«
    Das Zeug, das sie ihm bringt, ist eine seltsame Mischung: Bohnen, Soyburger, Teile von Tiefkühlmahlzeiten, die sie in verschiedenen Läden gestohlen hat. Seven Hexes Pizzas. Shell hortet Geld wie er interessante Gegenstände. Sie kauft nur dann etwas, wenn es sich
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