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Jäger des verlorenen Schatzes

Jäger des verlorenen Schatzes

Titel: Jäger des verlorenen Schatzes
Autoren: Campbell Black
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nicht erwartet, daß Sie so plötzlich hereinschneien«, meinte Jock.
    »Sparen Sie sich die Witze, ja?«
    »Ärger, Kumpel?«
    Indy hätte am liebsten gelacht. »Bei Gelegenheit muß ich Ihnen das erzählen.« Er lehnte sich zurück und machte wieder die Augen zu, in der Hoffnung, Schlaf zu finden. Dann begriff er, daß das Flugzeug nicht abhob. Er setzte sich auf und beugte sich vor.
    »Abgesoffen«, sagte Jock.
    »Abgesoffen? Wieso?«
    Jock grinste.
    »Ich fliege das Ding nur. Die Leute haben immer den komischen Eindruck, daß alle Schotten große Mechaniker wären, Indy.«
    Durch das Fenster konnte Indy sehen, wie die Hovito-Indianer an einer seichten Stelle in den Fluß hineinwateten. Zehn Meter, noch sieben. Sie glichen grotesken Geistern vom Flußbett, die emporgestiegen waren, um irgendeinen Verstoß zu rächen. Sie hoben die Arme; ein Schwarm Speere flog auf den Rumpf der Maschine zu.
    »Jock...«
    »Ich bemühe mich ja, Indy. Ich bemühe mich.«
    »Ich finde, Sie sollten sich mehr anstrengen«, sagte Indy ruhig.
    Die Speere trafen das Flugzeug, klapperten auf die Tragflächen, prallten wie Hagelkörner an den Rumpf.
    »Ich hab's«, sagte Jock.
    Die Motoren sprangen stockend an, gerade als zwei von den Indianern zu einer Tragfläche geschwommen waren und daran hochkletterten.
    »Läuft schon«, sagte Jock. »Geht schon los.«
    Das Flugzeug setzte sich wieder in Bewegung, rauschte auf dem Fluß dahin und begann sich dann mühsam zu erheben. Indy sah, wie die beiden Indianer das Gleichgewicht verloren und gleich unheimlichen Urwaldgeschöpfen ins Wasser stürzten.
    Das Flugzeug stieg über die Baumwipfel empor, der Abwind schüttelte die Äste und trieb entsetzte Vögel in die letzten Strahlen der untergehenden Sonne hinaus. Indy lachte und schloß die Augen.
    »Dachte schon, Sie schaffen es nicht«, meinte Jock. »Wenn ich ganz ehrlich sein soll.«
    »Ich hatte nie Zweifel«, gab Indy zurück und lächelte.
    »Erholen Sie sich. Schlafen Sie. Vergessen Sie den Drecks-Urwald.«
    Indy döste einen Augenblick. Ruhe. Die Muskeln entspannen. Ein gutes Gefühl. Er hätte sich ihm lange überlassen können.
    Dann glitt etwas über seinen Oberschenkel. Langsam und schwer.
    Er öffnete die Augen und sah eine Königsschlange, die sich bedrohlich um seinen Schenkel ringelte. Er fuhr hoch.
    »Jock!«
    Der Pilot schaute um und lächelte.
    »Der tut Ihnen nichts, Indy. Das ist Reggie. Er tut keinem Menschen was.«
    »Tun Sie das Ding weg, Jock.«
    Der Pilot griff nach hinten, streichelte die Schlange und zog sie zu sich in die Kanzel. Indy sah der Schlange nach, als sie davonglitt. Ein alter Abscheu, unerklärlicher Schrecken. Bei manchen Menschen waren es die Spinnen, bei anderen Ratten, manche fürchteten sich vor geschlossenen Räumen. Bei ihm waren es Anblick und Berührung einer Schlange. Er rieb sich die Stirn, auf der wieder Schweißtropfen standen, und fröstelte plötzlich, als die nasse Kleidung an seinem Körper kühl wurde.
    »Behalten Sie sie bei sich«, sagte er. »Ich mag Schlangen nicht.«
    »Ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis«, erwiderte Jock. »Die meisten Schlangen sind netter als die meisten Menschen.«
    »Glaube ich Ihnen«, sagte Indy. »Aber halten Sie das Ding von mir fern.« Du glaubst, du bist in Sicherheit, dachte er, und auf einmal - eine Boa am Bein. Gehört wohl alles dazu.
    Er schaute eine Weile zum Fenster hinaus und sah, wie die Dunkelheit sich mit unergründlicher Gewißheit über den riesigen Urwald senkte. Du kannst deine Geheimnisse behalten, dachte Indy. Die kannst du allesamt behalten.
    Bevor er einschlief, eingelullt vom Brummen der Motoren, hing er noch dem hoffnungsvollen Gedanken nach, es möge nicht allzulange dauern, bis seine Wege sich mit denen des Franzosen wieder kreuzten.

Berlin
    In einem Büro in der Wilhelmstraße saß ein Offizier in der schwarzen SS-Uniform an einem Schreibtisch - ein Mann namens Eidel. Er starrte auf die Aktenstapel, die vor ihm lagen. Dem Besucher Eidels, der Dietrich hieß, war klar, daß der kleine Mann die Aktenstöße als Ausgleich brauchte. Er kam sich damit groß und wichtig vor.
    Es ist heutzutage überall so, dachte Dietrich. Man beurteilt einen Mann und seinen Wert nach dem Berg von Papierkram, den er aufhäufen kann, nach der Zahl der Gummistempel, die er benützen darf. Dietrich, der sich als aktiven Menschen betrachtete, seufzte innerlich und blickte zum Fenster, an dem eine hellbraune Jalousie herabgelassen worden war. Er wartete
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