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Jäger der Dämmerung

Jäger der Dämmerung

Titel: Jäger der Dämmerung
Autoren: Cynthia Eden
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war.
    Und wenn Theresa imstande gewesen war, aus dem Krankenwagen zu fliehen, musste es wohl so sein.
    Um sie herum war ein halblautes Stimmengewirr, Maschinen piepten und Ärzte liefen an ihr vorbei.
    Sie konnte Dee noch nicht sehen …
    Aber dort oben war noch jemand.
    Erin stemmte sich vom Tresen ab.
    »Äh, Ma’am?«, sagte der Mann unsicher.
    Doch Erin ging bereits auf die Fahrstühle zu.
    »Ma’am? Sie … Sie haben da reichlich Blut auf …«
    Erin blickte an sich hinab. Ihre Bluse war endlich getrocknet, aber steif und schwer vom vielen Blut. Und ihre Finger waren ebenfalls rot verschmiert. Ups.
    Die Fahrstuhltüren öffneten sich mit einem Gongschlag, und Erin ging hinein. In der Kabine drehte sie sich zum Empfangstresen um. »Keine Sorge, nur die Hälfte davon ist mein Blut.«
    Bevor die Türen zuglitten, sah sie, wie der Mann dunkelviolett anlief.
    Der Tatort sah chaotisch aus, aber Jude wusste, dass Tony alles unter Kontrolle hatte.
    Die Leiche hatte man etikettiert und in einen Leichensack verpackt; der ganze Bereich war abgesperrt. Beweismittel wurden sichergestellt. Unter Tonys Aufsicht wurde kein Detail übersehen.
    Erin wurde nicht festgenommen und würde auch nicht angeklagt werden. Nachdem sie ihre Geschichte erzählt hatte, ließ Tony sie sogar von seinen Leuten ins Krankenhaus fahren. Mit Polizeieskorte.
    Nein, ihr drohten keine Konsequenzen. Und der gute alte Richter Harper würde als perverser Freak in die Annalen eingehen, der sich ein bisschen zu sehr in eine Staatsanwältin verguckt hatte.
    »Wenn wir anfangen, in seiner Vergangenheit zu graben«, sagte Tony, der neben Jude stand und hinaus in den dunklen Sumpf blickte, »wette ich fünfzig zu eins« – Tony liebte das Glücksspiel –, »dass wir noch andere Taten entdecken, die auf das Konto des Richters gehen. Ich bin ziemlich sicher, dass er heute nicht zum ersten Mal komplett durchgedreht ist.«
    Jude raunte zustimmend. Es war nicht abzusehen, welche Leichen der Richter noch im Keller hatte.
    »Nein, das war nicht das erste Mal.« Ben Greer kam auf sie zu, seine Hände tief in den Taschen vergraben. Die Dienstmarke hatte er sich an die Hemdentasche geklemmt. Tiefe Falten hatten sich in sein blasses Gesicht gegraben. »In den letzten Jahren gab es einige … Morde in Lillian.«
    Jude sah ihn an. »Was für Morde?«
    »Die Sorte, für die sich manche Polizisten nicht sonderlich interessieren.« Bens Mundwinkel zuckte. »Vor zwei Jahren wurde einem Vergewaltiger die Kehle aufgeschlitzt und seine Leiche auf den Stufen zum Polizeipräsidium abgelegt. Davor war da ein Kerl, der wegen Mordes angeklagt und freigesprochen wurde. Jeder wusste, dass er seine Frau und deren Liebhaber umgebracht hatte, aber es gab zu wenig Beweise. Jedenfalls hat ihm jemand das Herz rausgeschnitten und es an seinen Anwalt geschickt.«
    »Und Sie behaupten, das war Harper?«, fragte Tony. »Wenn Sie das wussten, wieso haben Sie dann nie was gegen den Typen unternommen?«
    »Weil ich ihm nichts nachweisen konnte«, antwortete Ben achselzuckend. »Kann ich immer noch nicht.« Er sah nicht zu dem Leichensack. »Ich erinnere mich allerdings, dass Harper bei diesen Fällen und noch einigen anderen, in denen Täter freigesprochen wurden, der Richter gewesen war.«
    Ein Muster. »Wie bei Donald Trent«, sagte Jude leise.
    »Ja, stimmt, auch bei Trent. Und genau wie er, starben auch all die anderen binnen sechs Monaten nach ihrem Freispruch.« Ben verzog angewidert den Mund. »Und nie fanden wir Beweise, ausgenommen ein paar verfluchte Hundehaare auf einigen der Leichen.« Er lachte laut auf, was ein bisschen irre klang und gar nicht amüsiert. » Hundehaare! Tja, im Nachhinein leuchtet das ein, nicht?«
    Jude sah ihn nur stumm an.
    Ben schüttelte den Kopf. »Teufel noch eins, ich habe immer noch keinen Beweis, oder? Soll ich vielleicht zu meinem Captain marschieren und ihm sagen, der Richter war ein Werwolf, der sich seinen Kick holte, indem er … na ja …«
    »Sich selbst zum Gesetz erhob.« Denn Jude begriff durchaus, was der Richter getan hatte – wahrscheinlich über Jahre. Wenn er die ganze Zeit ein einsamer Wolf war, der seine eigene Natur nicht unter Kontrolle hatte, brauchte er Beute.
    Und die Verbrecher waren ihm gewiss ideal erschienen.
    Also hatte Harper tagsüber auf seinem Richterstuhl gesessen, wo er allen vollkommen menschlich erschienen war, und nachts ließ er die Bestie heraus, die ihre Beute jagte.
    Bis eines Tages Erin in seinen Gerichtssaal
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