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Jäger der Dämmerung

Jäger der Dämmerung

Titel: Jäger der Dämmerung
Autoren: Cynthia Eden
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brachten die Burrows-Geschichte abends um zehn. Eine strahlende, knackige Blondine erschien und verkündete: »Bobby Burrows, der Verdächtige in den sogenannten Schlitzerfällen, wurde heute tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Polizei gibt noch keine Einzelheiten zu dem Fall heraus, allerdings berichten Quellen, dass man von einem Verbrechen ausgeht …«
    Was?
    Er starrte den Bildschirm an und merkte, wie es in ihm vor Wut zu brodeln begann.
    Man geht von einem Verbrechen aus? Scheiße, ja, er hatte den Typen in Stücke gefetzt!
    Und er hatte es für sie getan.
    Das Bild wechselte zu einer Nahaufnahme vom Bürgermeister, dann zum Bezirksstaatsanwalt. Letzterer faselte lang und breit über den hohen Sicherheitsstandard auf dem Revier.
    Bla, bla, bla.
    Die Kamera schwenkte ein wenig, und seine Beute erschien.
    Vollkommen.
    Erin stand schräg hinter dem Bürgermeister. Sie sah ruhig und sehr hübsch in ihrer schlichten Bluse und der Hose aus. Beherrscht und elegant.
    Was für eine wundervolle Lüge!
    Er wusste, was sie war, unter der Oberfläche.
    Sie war genau wie er. Sie mochte das Blut, die Schreie, das Flehen um Gnade.
    Ja, er wusste alles über die wahre Erin, die beschädigt, gebrochen und wild auf den Tod war.
    So wie er.
    Hoffentlich gefiel ihr das kleine Geschenk. Hoffentlich gefielen ihr alle Geschenke, die er ihr machen würde. Bald.
    Er stand auf und ging zum Fernseher, dessen Glas er über ihrem Gesicht berührte.
    Süße, süße Erin.
    »Schluss mit Weglaufen, Kleines. Du bist mein.«
    Sie hätte ahnen müssen, dass es kein Entkommen gab.
    Das hätte sie ahnen müssen!

Drittes Kapitel
    Nachdem die Pressekonferenz vorbei und die Anschreierei im Bürgermeisterbüro erledigt war, fuhr Erin direkt zu Jude.
    Sie wusste, wo er wohnte. Diese Information hatte sie von Night Watch erhalten, als sie dort anrief, um sein Alibi zu überprüfen.
    Judes trautes Heim lag am Stadtrand, nahe den Sümpfen. Es war mehr eine Hütte als ein Haus, und noch dazu eine, die nicht übertrieben einladend wirkte.
    Erin hob eine Hand und klopfte an die Tür. Na gut, es war fast Mitternacht, der Sumpf sah dunkel und gefährlich aus, und von dem Grillenzirpen und den Schreien von Weiß-der-Geier-was klingelten ihr die Ohren.
    Der Bürgermeister hatte sie zu Jude geschickt. Und der Bezirksstaatsanwalt.
    Außerdem war sie von sich aus gekommen, weil sie ihn sehen musste.
    Die Tür öffnete sich einen Spalt. Jude sah auf sie hinab, einen Bartschatten auf Wangen und Kinn, das blonde Haar zerzaust und die Augen nur halboffen.
    Kein Hemd. Seine Brust war nackt und zu nahe. Der Mann besaß wahrlich eindrucksvolle Muskeln. Verdammt! Seine Jeans saß tief auf den Hüften und eng genug, dass sich die kräftigen, harten Schenkel deutlich abzeichneten.
    Jäger.
    »Hat ja lange genug gedauert.« Seine Stimme glich eher einem Knurren.
    Licht umgab ihn und fiel auf die Veranda. Als Erin ein Stück zurückwich, schabten ihre Absätze über das alte Holz. »Mir war nicht klar, dass Sie auf mich warten.«
    Lügnerin. Sie hatte gewusst, dass er mit ihr reden wollte, allein, genau wie sie mit ihm.
    Sie musste herausfinden, was er über sie wusste – und vor allem woher. Damit ich mich beim nächsten Mal nicht durch denselben Fehler verrate. »Darf ich reinkommen, oder soll ich die ganze Nacht hier draußenbleiben?«
    Sein Mundwinkel bog sich zu einem halben Lächeln, und Erin rang nach Luft.
    Dann trat Jude beiseite und bedeutete ihr, hereinzukommen.
    Ihre rechte Hand umklammerte den Handtaschengriff fester, und sie machte ein paar Schritte vorwärts, zögerte allerdings für einen winzigen Moment, als sie die beachtlichen Kerben im Türrahmen sah.
    Krallen.
    Manche Gestaltwandler markierten eben gern ihr Territorium. Erin biss die Zähne zusammen und ging an Jude vorbei. Leider war sie sich der Hitze und Kraft seines Körpers nur allzu bewusst.
    Die Einrichtung war spartanisch: eine Couch, ein riesiger Fernseher, in der Ecke ein Schreibtisch voller Papiere, ein großer, zerkratzter Holztisch mit zwei Stühlen, auf dem Tisch eine kleine Lampe. Erin glaubte, seitlich eine Küche zu sehen – oder war das ein begehbarer Schrank?
    »Bin nicht oft hier«, sagte er achselzuckend. »Zu beschäftigt …«
    »Mit dem Jagen.« Sie wusste genau, wie er seine Tage verbrachte, denn in den letzten paar Stunden hatte sie ihre Hausaufgaben gemacht.
    Jude Donovan, fünfunddreißig Jahre alt, Collegeabschluss in Strafrecht. Night Watch hatte ihn schon mit knapp
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