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Jaeger

Jaeger

Titel: Jaeger
Autoren: Tania Carver
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und meine Familie umzubringen. Ihretwegen ist jemand tot, der mir sehr viel bedeutet hat.«
    »Das war ich nicht«, röchelte Amy. »Das war … Michael …«
    »Sie haben mir meine Tochter weggenommen«, beharrte Marina.
    Amy gelang es, sich aus Sandros Griff zu befreien. Ihr Blick glitt zur Tür, als halte sie Ausschau nach einer Fluchtmöglichkeit. Doch Marina und Sandro versperrten ihr den Weg. Sie machte einige Schritte rückwärts, stolperte und verlor den Halt.
    Aus reinem Reflex streckte Marina die Hand nach ihr aus, um sie festzuhalten, bekam sie aber nicht mehr zu fassen. Amy fiel rückwärts durch die geöffnete Falltür in den Keller, in dem das Wasser mittlerweile fast bis zur obersten Treppenstufe gestiegen war. Sie versuchte noch den Rand zu erreichen, um sich hochzuziehen, doch Marina stand über ihr. Blickte auf sie hinunter.
    Und warf krachend die Falltür zu.
    120 »Du kannst sie nicht einfach da drin lassen«, protestierte Sandro.
    »Und warum nicht?«
    »Weil sie ertrinken wird. Dann hast du sie auf dem Gewissen.«
    Sie hörten Amy lautstark gegen das Holz der Falltür hämmern. Im Gegensatz zu Sandro schenkte Marina dem verzweifelten Klopfen keinerlei Beachtung.
    Sie zuckte mit den Schultern, bevor sie Josephina wieder auf den Arm nahm. »Und wenn schon.«
    Sandro sah unschlüssig zwischen der Falltür und seiner Schwester hin und her. »Dann hast du eine Mordanklage am Hals. Willst du, dass Josephina so aufwächst? Mit einer Kriminellen als Mutter? Du bist nicht Vaters Tochter, Marina. Du bist was Besseres.«
    In Marinas Miene veränderte sich etwas. Ihre Wut war plötzlich verraucht. Sie seufzte schwer. »Ich bin zu müde. Ich fahre jetzt mit meiner Tochter nach Hause. Mach, was du willst.« Sie wandte sich ab und ging.
    Sandro starrte auf die Falltür.
    121 Der Morgen dämmerte, und es wurde langsam hell im Zimmer. Phil Brennan schlug die Augen auf. Es dauerte einige Sekunden, bis er wusste, wo er sich befand. Im Krankenhaus. Dann fiel ihm wieder ein, was passiert war, und sein Herz wurde schwer wie Blei.
    Er versuchte, Arme und Beine zu bewegen, um sich davon zu überzeugen, dass sie noch funktionierten. Beruhigt stellte er fest, dass dem so war.
    Die Tür öffnete sich. Aus dem Gang fiel grelles Licht herein, so dass er die beiden Personen im Türrahmen zunächst gar nicht erkannte.
    Blinzelnd fragte er sich, wer ihn so früh besuchte.
    Dann sah er, wer es war.
    Marina kam auf sein Bett zu. Sie hatte ihre Tochter auf dem Arm. Die bleierne Schwere in seinem Herzen begann sich aufzulösen, und er lächelte. Marina trat näher. Sie sah furchtbar aus. Ihre Haare waren zerzaust, die Kleider schmutzig und zerrissen. Um Josephina war es nicht besser bestellt.
    Trotzdem hatten sie in Phils Augen nie schöner ausgesehen.
    Marina setzte sich auf die Bettkante, beugte sich vor und strich ihm übers Gesicht. Josephina kuschelte sich eng an ihn.
    »Hey«, sagte Marina.
    »Selber hey.«
    Aus der Nähe sah Marina aus, als wäre sie am Ende ihrer Kräfte. Er legte seine Hand, an der ein Infusionsschlauch befestigt war, auf ihre.
    »Jetzt sind wir hier«, sagte sie. »Bitte verzeih, dass es so lange gedauert hat …«
    Dann kamen die Tränen.
    Bei allen dreien.

Epilog
    Auferstehung

122 Don in Uniform. Allein. Jung und unbeugsam, posierte er steif für die Kamera. Kein Lächeln, als fürchte er, man könne ihn sonst nicht ernst nehmen. Ein Mann mit einem klaren Ziel vor Augen. Ein Mann, der sich und allen anderen etwas beweisen wollte.
    Dann in Zivil, im Kreis seiner Freunde. Alle waren ähnlich gekleidet: braune oder großkarierte Jacketts mit breitem Revers, Hemden mit spitzen Kragen und breite, grellbunte Krawatten. Sie hatten lange Haare und Elvis-Koteletten, ein selbstzufriedenes Grinsen im Gesicht und funkelnde Augen. Kämpfer für die Gerechtigkeit. Dandys. Götter unter den Sterblichen. Das Foto sorgte für jede Menge Heiterkeit.
    Als Nächstes Don zusammen mit Eileen bei einem Grillfest in ihrem Garten. Sie aßen Hähnchenschenkel, tranken Bier und sahen fröhlich und unbeschwert aus, als freuten sie sich auf alles, was das Leben ihnen bringen würde.
    Eileen schluchzte kurz auf, hatte sich jedoch rasch wieder gefasst.
    Danach ein Bild von Don und Eileen mit dem kleinen Phil. Es war unmöglich zu sagen, welcher von den dreien am meisten strahlte.
    Es folgten noch weitere Bilder. Alle waren sie Variationen desselben Themas, alle zeigten sie unterschiedliche Seiten ein und desselben Mannes.
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