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Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Jack Taylor auf dem Kreuzweg

Titel: Jack Taylor auf dem Kreuzweg
Autoren: Ken Bruen
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Änderungen herbeizuführen, hatte beschlossen, das, was ich anders machen konnte, anders zu machen. Bin damit so weit gediehen, dass ich mir eine ganz neue Sorte Musik gekauft habe, Sachen, über die ich seit Jahren gelesen, die ich aber nie zu hören geschafft hatte. Pickte mir eine CD von Tom Russell heraus, ahnte kaum den Spürsinn, den ich bei dem einen Titel, ohne es zu wissen, bewiesen hatte. Das Album hieß Modern Art, und da war die Aufnahme eines Gedichts von Bukowski drauf, »Kruzifix in einer Totenhand«.
    Ich bemerkte, dass ich die Lautstärke volle Socke aufgedreht hatte, und fragte mich, ob ich was an den Ohren habe. Ich schüttete den Whiskey ins Klo. Sobald der Trinkzwang nachließ, sah ich mich in meinem Zuhause um. Gab es einen einzigen Gegenstand, der irgendwas bedeutete? Die Bücher waren an die Wand gelehnt aufgereiht, eine dünne Staubschicht auf den Buchrücken. Wie die Schatten auf meinem Leben hatte sich der Staub langsam festgesetzt, und es sah nicht aus, als würde ihn jemals jemand entfernen.

2
    »Die Menschen sind so unfehlbar Narren,
dass es einer andersartigen Narrheit wegen närrisch sein hieße,
wenn man kein Narr wäre.«
    Pascal, Gedanken 412/414

D as Mädchen summte leise, eine alte irische Melodie, deren Namen es nicht mehr kannte. Es war das Lied der Mutter, und manchmal, wenn das Mädchen sich richtig schnell umdrehte, dachte es, es könnte einen Blick auf die Mutter erhaschen mit diesen fest auf etwas in der Ferne gerichteten Augen, während ihre zierliche Gestalt, wie die einer winzigen Ballerina, im halben Licht des sterbenden Tages schimmerte.
    Das Mädchen sagte niemandem etwas davon, hielt es umarmt – wie jenes Stück irisches Linnen, das für die Mutter so großen Wert besessen hatte. Es war zu besonderen Anlässen hervorgeholt, mit liebevoller Sorgfalt behandelt und dann wieder verwahrt worden, wobei die Mutter mit sanfter irischer Sprechmelodie sagte: »Eines Tages wird es dir gehören, Alannah.«
    Álainnáille – mein Liebliches –, das erste irische Wort, das irgend Bedeutung für das Mädchen gehabt hatte.
    Die Augen des Mädchens schweiften durch das Zimmer: Billige Tapete löste sich von oben her ab, ein dünner Streifen Teppich bedeckte kaum den Fußboden, und die Fenster mussten dringend geputzt werden. Die Mutter hätte das nie zugelassen, diese Fenster hätten gefunkelt.
    Nahe der Tür war das Kreuz, ein schweres handgeschnitztes Stück, die Gesichtszüge des Gesalbten unterstrichen die Qual, die Nägel deutlich sichtbar in Händen und Füßen. Blitzartig dachte das Mädchen an jene andere Gestalt, und es ließ dies Bild eine Zeit lang auf sich wirken. Es war dem Gedächtnis des Mädchens eingebrannt wie ein Versprechen an die Mutter, und auf seine eigene Weise hatte das Mädchen das Versprechen gehalten. Es gab noch so viel zu tun.
    Und dann lächelte sie. Das Mantra, das ihre Mutter verwendet hatte: »So viel zu tun.«
    Sie war vielleicht sechs, und ihre Mutter hatte beschlossen, ganz gründlich Hausputz zu machen. »Von obenrum bis untenrum.«
    Aus irgendeinem Grund hatte das Kind das urkomisch gefunden, und als es lachte, hatte die Mutter eingestimmt, beide lachten, umarmten sich, lachten, als hätten sie die Lotterie gewonnen.
    Als das Gelächter nachgelassen hatte, hatte ihr die Mutter direkt in die Augen geschaut, gefragt: »Weißt du, wie sehr ich dich liebe?«
    Und sie hatte gesagt, zum totalen Entzücken ihrer Mutter: »Von obenrum bis untenrum.«
    Das Mädchen spürte, wie seine Augen sich mit Tränen zu füllen begannen, es stand abrupt auf, fing an, auf dem abgewetzten Teppich hin und her zu gehen. Sie konzentrierte sich auf das, was sie als Nächstes zu tun hatte, war überzeugt, dass es nicht nur getan werden würde, sondern so getan, dass dabei gekreischt wurde, wie der schweigende Gesalbte am handgeschnitzten Kreuz kreischte.
    Sie summte wieder weiter, als die Einzelheiten Gestalt anzunehmen begannen.

3
    »Du hast das Herz in mir überkreuz gemacht.«
    Irische Wendung,
wenn einem schlimm Angst eingejagt wurde

I m Einkaufszentrum am Eyre Square gibt es ein Großraumcafé.
    Der Eyre Square befand sich immer noch in den Fängen einer größeren Umgestaltungsaktion und, wie alles andere, zwei Jahre hinter dem Zeitplan. Auf dem Weg ins Stadtinnere war ich kurz dort stehen geblieben, wo Brown’s Doorway hingehörte, genau wie das Standbild von Padraig Ó Conaire – beide umgezogen. Angeblich zwecks Restaurierung, und in der Stadt gab es
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