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Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen

Titel: Ja Mei - Wie Ich Lernte, Die Ehe Zu Schliessen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Roni hod gsogt, des Glump kimmt zum Wertstoffhof.»
    Glump? Das ist ja wohl die Höhe! Ich sprinte die Treppen zu unserer Wohnung hinauf und stelle Roni zur Rede. Aber die ist vollauf damit beschäftigt, die Umzugskisten in die richtigen Räume zu disponieren, und hat «echt keine Zeit für Diskussionen».
    «Aber mein Bett kommt nicht weg!»
    «Du hast letztes Jahr öfter in meinem Bett geschlafen als in deinem, also dachte ich, wir nehmen meins. Außerdem ist es breiter.»
    «Und der Schrank stammt von meinem Vater.»
    «Lass uns morgen darüber reden, okay?»
    Ich ziehe mich in dem guten Gefühl zurück, meine Position deutlich gemacht zu haben.
    James legt mir die Hand auf die Schulter. «Waschtl, that’s peanuts! Safe your energy for die Hochzeit.»
    Mittags will ich Pizza für alle bestellen, da höre ich von der Hauptstraße her laute Country-Musik. Wenige Augenblicke später biegt der rote Pick-up meines zukünftigen Schwiegervaters um die Ecke und parkt ohne überflüssige Rangiermanöver in die enge Lücke hinter dem Umzugswagen ein. Vom Beifahrersitz aus winkt Ronis Mutter Regina wie die englische Königin. Tatsächlich haben die beiden einiges gemeinsam: Regina trägt gern einen Kronschatz an Schmuck, sorgt mit ihren Kochkünsten für einen ganzen Hofstaat und hat ebenfalls einen eigensinnigen Gatten. Allerdings hätte die Queen wohl eher einen Chauffeur in englischer Livree und nicht in bayerischer Tracht.
    Knoll grinst in seinen Vollbart und kurbelt das Fenster herunter. «Grüß Gott. Mia woitn a Brot und a Soiz zum Einzug bringa.» Er stemmt sich breit grinsend aus dem Auto. Sein weißes Leinenhemd spannt zwischen den Trägern der Lederhose. «Und a Bier, damits bessa rutscht», ergänzt er und zwinkert mir zu. «In Amerika nennt mo des a Construction-Beer.»
    Knoll ist früher auf Montage um die halbe Welt gereist, hat in Texas Ölförderanlagen gebaut und in China Bewässerungsanlagen für Reisfelder. Trotzdem ist er immer wieder heim nach Bayern gekommen. Er ist unschlagbar darin, mit möglichst wenig Aufwand möglichst große Wirkung zu erzielen – egal, ob es um Arbeit, Worte oder Musik geht.
    Mit einer Hand hievt er jetzt einen Kasten Räuber Kneißl dunkel von der Ladefläche. Regina hält in der linken und rechten Hand je einen Korb mit Fressalien. Knoll grinst in Richtung Urs. «Ois die gheat hod, dass du aa kimmst, hod’s fuchzg Fleischpflanzal gmocht.»
    «Das ist schließlich auch das Lieblingsessen meiner einzigen Tochter.»
    «Und wos ess i?», murmelt Urs.
    Nach der Mittagspause koordiniert Knoll die Umzugsarbeiten. Er bringt auch die Lampen an, ich höre, wie er zu Urs sagt: «Die Schrauben nehma ned, die san scho ausgfotzt.»
    Oje, Bairisch hält Einzug in meine Wohnung. Dabei hatte mir Wallis Arschkatzeschorf eigentlich schon gereicht. Doch es kommt noch schlimmer. Als Knoll später das Fernsehkabel hinter die Couch zieht, stehe ich neben ihm und schaue zu. «Drest amoi aufi», murmelt er in meine Richtung. Keine Ahnung, was er von mir will. Ich soll das Kabel aufdrehen – also entweder aufrollen oder aber die Isolierung entfernen und die vielen kleinen Kupferfäden zu einem Wulst drehen. Das ergibt Sinn, also hole ich schnell ein Messer aus der Küche und entferne am Kabelende das Plastik. Knoll kommt hinter dem Sofa hervor.
    «Wos mochstn?»
    «Aufdren!», rufe ich hochmotiviert. Mein zukünftiger Schwiegervater schüttelt den Kopf.
    «Aufdrehn», wiederholt er und schüttelt den Kopf. Dann Silbe für Silbe: «Her-auf-tre-ten. Domits ned rutscht.»
    «Ah», sage ich, lächle wie ein Depp und stehe genau so da – anstatt wie gewünscht mit einem Fuß auf dem Kabel.
    Am frühen Nachmittag verabschieden sich die Umzugshelfer. Nunja und Jan wollen zu Ikea, James muss Schuhplattlerunterricht geben, Urs hat noch einen zweiten Umzug im Anschluss und will zur Sportschau wieder zu Hause sein. Knoll und Regina bleiben noch.
    Während Roni mit ihrer Mutter über Bilder, Beistelltischchen und Balkonbepflanzung diskutiert, bleibt mir Knoll als Gesprächspartner. Wie alle Bayern redet er nicht viel. Als Regina das mal beim Kaffeetrinken kritisierte, meinte Knoll: «Des Reen wea scho rechd, wenn i’s Maul ned aufmacha miassad.» Seitdem stellen wir uns einfach schweigend auf den Balkon und rauchen Zigaretten – da haben wir etwas gemeinsam, und ich kann nichts falsch verstehen. Zwar habe ich längst mit dem Rauchen aufgehört, aber ich traue mich nicht, es ihm zu sagen.
    Knoll gibt sich
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