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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe
Autoren: Walter Scott
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gutmütigen und gutzugerittenen Maulesel auch nur auf der Landstraße zu benutzen. Ein Laienbruder seines Gefolges führte für andere Gelegenheiten einen schönen spanischen Hengst bei sich, wie sie damals nur mit großen Schwierigkeiten und Gefahren für Personen von Rang und Reichtum von Händlern nach England gebracht wurden. Sattel und Schabracke dieses prächtigen Zelters waren mit einem langen Teppich bedeckt, der bis auf die Erde herabhing und mit Bischofskronen, Kreuzen und anderen kirchlichen Zeichen reich bestickt war. Ein anderer Laienbruder führte ein Saumtier, das wahrscheinlich das Gepäck trug, und zwei Mönche von demselben Orden, doch von niedrigerer Klasse, ritten hinter ihm drein, miteinander scherzend und lachend, und bekümmerten sich nicht im mindesten um die anderen Mitglieder des Reiterzuges.
    Der Gefährte des Prälaten war ein Mann von mehr als vierzig Jahren, schlank und hager, aber dabei stark und muskulös und von athletischem Wuchs. Langjährige Strapazen und unausgesetzte Bewegung hatten ihm alle Zartheit genommen, und er schien nur noch aus Knochen, Adern und Sehnen zu bestehen. Auf dem Kopfe trug er eine scharlachene, mit Pelz verbrämte Mütze, die sein Gesicht ganz frei ließ. Der Ausdruck dieses Gesichts war dazu angetan, zwar nicht Furcht, doch Achtung einzuflößen. Erhabene, von Natur stolze und gewaltige Züge waren von der Sonne der Tropen fast bis zur Farbe eines Negers gebräunt worden und schienen nach dem vorübergebrausten Sturm wilder Leidenschaften im Zustande der Ruhe zu schlummern. Doch die stark hervortretenden Stirnadern und das heftige und ungestüme Zucken der Oberlippe mit ihrem starken, dunkeln Stutzbart, das sich bei der geringsten Erregung bemerkbar machte, ließen vermuten, daß ein Sturm nur zu leicht zu erwecken war. Die kühnen, durchdringenden Augen des Mannes verrieten bei jedem Blick die Geschichte überstandener Mühseligkeiten und Gefahren und schienen zum Widerstand herauszufordern, ganz als hätte der Mann sein Vergnügen daran, den Mut zu üben und was er wollte, mit eisernem Willen durchzusetzen. Eine tiefe Narbe an der Stirn erhöhte noch das ernste Gepräge seines Antlitzes, wozu auch der ein wenig beeinträchtigte Ausdruck des einen Auges beitrug, das bei Entstehung jener Narbe gleichfalls ein wenig beschädigt worden war, nun zwar völlig gesund, aber einen schiefen Blick behalten hatte.
    Das obere Gewand dieses Mannes war dem seines Gefährten ähnlich: es war ein langer Klostermantel, aber an der scharlachroten Farbe war zu erkennen, daß der Träger zu keinem der vier rechtmäßigen Mönchsorden gehörte. Die rechte Achselseite des Mantels trug ein aufgeheftetes Kreuz von ungewöhnlicher Gestalt. Das Oberkleid verhüllte etwas, was auf den ersten Anblick nicht zu ihm zu passen schien: ein Panzerhemd mit Ärmeln und Handschuhen, das auf sinnreiche Weise so gearbeitet und gewebt war, daß es den Bewegungen des Körpers so schmiegsam folgte, wie jene auf dem Webstuhl aus weicherem Stoff gefertigten Hemden. Auch die obere Seite seiner Schenkel, soweit sie der Mantel sehen ließ, war mit Metallplatten bedeckt. Dünne künstlich zusammengefügte Stahlschienen schützten Knie und Füße. Ein Strumpf aus Metallschuppen reichte vom Knöchel bis zum Knie und vervollkommnete die Rüstung des Reiters. Die einzige Verteidigungswaffe, die er hatte, war ein langer, zweischneidiger Dolch, den er im Gürtel trug. Er ritt kein Maultier wie sein Gefährte, sondern einen handfesten Klepper, um sein edles Streitroß zu schonen, das ihm ein bis an die Zähne bewaffneter Knappe nachführte. Dieser trug vor dem Kopfe eine Schutzplatte, an der ein kleiner Stachel saß. An der einen Seite seines Sattels hing eine kurze, reich damaszierte Streitaxt, an der anderen Seite des Reiters Helm mit Sturmhaube und ein langes Schwert mit zwei Griffen, wie es die Ritter zur damaligen Zeit zu tragen pflegten. Ein zweiter Knappe trug die emporgerichtete Lanze seines Herrn, an deren Spitze ein schmaler Wimpel flatterte, auf den ein ebensolches Kreuz wie auf dem Mantel gestickt war. Dieser Knappe trug auch seines Herrn kleinen, dreieckigen Schild, der oben so breit war, daß er die ganze Brust schützte und nach unten spitz zulief. Hinter diesen Waffenträgern kamen zwei Diener, die an der dunkeln Gesichtsfarbe, an den weißen Turbanen und an ihren Gewändern als Söhne des fernen Morgenlandes kenntlich waren.
    Der ganze Aufzug dieses Kriegers machte einen wilden,
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