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Italienische Verführung

Italienische Verführung

Titel: Italienische Verführung
Autoren: MIRANDA JARRETT
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der Liebe, so wie er eines war, würde wirklich ein Glückskind sein.
    „Wir sind so weit, Mylord.“ Franchetti legte die Blätter ordentlich zusammen und schob sie Anthony über den Tisch zu. Er winkte seinen Bürodiener und Anthonys Butler und Kammerdiener herbei, die alle geweckt worden waren, um als Zeugen zu dienen.
    Rasch las Anthony das Dokument durch, um sicherzugehen, dass alle von ihm verlangten Klauseln hinzugefügt worden waren, und unterschrieb dann.
    „Ich danke Ihnen, Franchetti“, sagte er mit einem Lächeln, als er die Feder beiseitelegte. Vor einem Duell oder einer langen Reise hatte er immer Wert darauf gelegt, sein Testament zu überarbeiten. Wegen seiner bevorstehenden Hochzeit war es ihm dieses Mal ein besonderes Bedürfnis gewesen. „Wenigstens ist das schon erledigt.“
    „Ich fürchte, es gibt da noch etwas, Mylord.“ Der Anwalt griff in seine Ledermappe und zog einen schmalen Brief hervor. „Unter diesen Umständen erscheint es mir richtig, Ihnen dies hier heute Abend auszuhändigen.“
    Er reichte den Brief über den Tisch. Zu seinem Schrecken erkannte Anthony das Siegel seiner Mutter auf der Rückseite, eine gewundene Schlüsselblume, die in das blutrote Wachs gepresst war. Und als er den Brief umdrehte, erblickte er auch deren charakteristische Handschrift, die kleinen, akkuraten, aufrechten Buchstaben, wie sie sie als Kind in der Klosterschule gelernt hatte.
    „Die Dowager Marchioness wies mich an, Ihnen das hier an Ihrem Hochzeitstag zu geben, Mylord“, erklärte Franchetti, während er das neue Testament und seine anderen Papiere einsammelte. „Ich weiß, es ist etwas verfrüht, Mylord. Doch da Sie Lady Diana bereits als Ihre rechtmäßige Gattin anerkannt haben, denke ich, Ihre Ladyschaft hätte gewünscht, dass sie den Brief schon heute erhalten.“
    Anthony hatte das Gefühl, als wäre mit einem Mal seine Mutter wieder bei ihm. Sie hatten einander sehr nahe gestanden. So nahe, dass seine Brüder ihn immer gnadenlos aufgezogen hatten, weil sie ihn so verwöhnte. Er war der klare Favorit unter ihren Kindern gewesen. Seine Mutter war vor über zehn Jahren gestorben, aber es verging keine Woche, in der er nicht an sie dachte.
    „Kennen Sie den Inhalt des Briefes, Franchetti?“, fragte er, während er den Brief in seinen Händen drehte. „Wissen Sie, was sie geschrieben hat?“
    „Nein, Mylord“, entgegnete der Anwalt. „Doch ich möchte Ihnen sagen, dass ich ihn vor vielen, vielen Jahren erhielt. Ihre Ladyschaft gab ihn mir bald nach Ihrer Geburt. Sie, wie auch Ihr Vater, betrachteten Ihre Ankunft zu solch einem späten Zeitpunkt in ihrer beider Leben als so etwas wie ein Wunder. Daher wage ich zu vermuten, dass es etwas damit zu tun haben könnte.“
    Anthony nickte. Das ergab einen Sinn. Seine Eltern hatten ihm das Gleiche erzählt. Sein Vater hatte es sogar Anthonys Geburt zugeschrieben, dass seine Ehe wieder neuen Schwung erhielt. Es war ein Bekenntnis, das den zwölfjährigen Anthony damals sehr verlegen gemacht hatte.
    Immer noch hielt er den Brief ungeöffnet in der Hand. Er wusste nicht so recht, warum er zögerte. Wahrscheinlich war es einer ihrer üblichen charakteristischen Briefe, überschwänglich und gefühlvoll.
    „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mylord“, fragte der Anwalt, der sich sichtlich nach seinem Bett sehnte.
    „Nein, nein, das ist alles“, sagte Anthony. „Gute Nacht, sig nore, und vielen Dank, dass Sie mir zu solch einer Stunde zu Diensten standen.“
    „Ihr Diener, Mylord, und ich wünsche einen guten Abend.“ Er verbeugte sich. „Und ich darf Ihnen auch noch meine guten Wünsche bezüglich eines günstigen Ausgangs des morgigen Abenteuers aussprechen. Es täte mir leid, wenn die junge Dame zur Witwe würde, bevor sie noch eine richtige Ehefrau ist.“
    „Mir auch, Franchetti“, erwiderte Anthony mit einem schwachen Lächeln. „Und ich denke mal, sie würde uns zustimmen.“
    Der Anwalt ging, und mit ihm die Diener. Schließlich war Anthony allein. Als er noch jung und ein Hitzkopf gewesen war, hatte er vielleicht ein Dutzend Duelle mit Pistolen und Degen geführt – und immer gewonnen. Jedes Mal hatte er die Nacht davor laut prahlend durchgezecht und mit Frauen verbracht. Es hatte ihn davon abhalten sollen, über die eigene Sterblichkeit nachzudenken. Aber dieses Mal war er allein in diesen dunkelsten Stunden zwischen Mitternacht und Morgendämmerung. Und alles, was er zur Begleitung hatte, war ein ungeöffneter Brief
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