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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3
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einen Esel in deinem Stalle zu haben und besaßest in seiner Gestalt ein armes Eremitchen, wie ich bin.«
    »Was sagt Ihr?« rief nun der mehr als je erstaunte Gianni den Einsiedler unterbrechend, »was sagt Ihr, mein Vater?«
    »Ich sage dir nichts als die Wahrheit«, versetzte Axsenio. »Aber wenn du willst, daß ich dir erzähle, wie dies zugegangen ist, so mache mich zuerst von dem schimpflichen Bande los, das mir noch um den Hals geschlungen ist! – Denke nicht«, fuhr er fort, als ihm der Halfter abgenommen war, »daß der Mensch, welch ein heiliges Leben er hienieden führe, sündenfrei werden kann! Die menschliche Hinfälligkeit ist so groß, die Gelegenheiten zum Sündigen sind so zahlreich, die Versuchungen so stark und anhaltend, daß er nur schwer widerstehen kann. Und wenn er auch aus der Welt flieht und in der Einsamkeit lebt, so geht doch das Fleisch mit ihm und stachelt ihn mit seinen Verführungen überall. Daher ist es kein Wunder, wenn er manchmal der Versuchung erliegt und in Sünden verfällt selbst in den der Frömmigkeit bestimmten Freistätten. Auch ich hatte das Unglück zu sündigen, und meine Sünden waren der Art, daß die Gerechtigkeit Gottes, um mich zu strafen, mich in ein gemeines Lasttier verwandelte. In diesem Zustand leistete ich so schwere Buße, wie du weißt, bis es der himmlischen Barmherzigkeit am Ende gefiel, mich aus einem so verworfenen Zustande zu erheben und mich zur Würde der menschlichen Natur herzustellen.«
    Gianni schenkte Arsenios Worten vollständig Glauben; er erinnerte sich an alles das, was das unglückliche Tier von ihm zu leiden gehabt hatte, und spürte darüber bittere Reue. Er warf sich vor ihm auf die Knie und sprach fast weinend: »Mein Vater, wollt Ihr mir die Schläge verzeihen, die Ihr von mir bekommen habt und deren Zahl unendlich war, und ebenso all die Flüche, die aus meinem Munde über Euch ausgestoßen wurden? Dies tut mir nun um so mehr leid, als ich gegen die frommen Eremiten die tiefste Verehrung hege.«
    Arsenio hob ihn freundlich auf und antwortete lächelnd: »Betrübe dich nicht, lieber Sohn: denn indem du auf meinem Rücken trommeltest und mir mit dem Stecken die Rippen zähltest, wie du oft tatest, peinigtest du eben nur mein Fleisch, wie es Gottes Wille war. Dieses war aufrührerisch wider ihn geworden, und das Recht verlangte, daß es gezüchtigt würde, um es zu seiner Pflicht zurückzuführen. Und ich sage dir, daß du mir hierin einen vortrefflichen Dienst geleistet hast; denn je rauher und rüstiger du die Stockschleuder führtest, um so mehr beschleunigtest du den Zeitpunkt meiner Befreiung, indem sich meine Buße um so schneller vollendete. Weit entfernt daher, dir darüber böse zu sein, muß ich dir dafür ja vielmehr Dank wissen. Und ich verspreche dir, wenn ich in meine Zelle zurückkomme, will ich deiner gedenken; ich werde nie unterlassen, Gott so heiße Gebete für dein Bestes darzubringen, daß, wenn du auch jetzt den Schaden hast, ohne Esel sein zu müssen, der himmlische Segen dir das reichlich einbringen soll, der sich auf deine kleine Hütte herablassen wird, um deine Tage zu erfreuen und zu erheitern. Darum, mein Sohn, nimm frohen Mutes dein Holz auf den Rücken und zieh hinweg! Gott sei mit dir!«
    Gianni versetzte: »Ei, wollt Ihr nicht heute nacht bei mir herbergen? Der Himmel wird schon dunkel, und Ihr tut nicht wohl daran, Euch um diese Stunde auf den Weg zu machen.«
    »Du hast recht«, antwortete der Einsiedler; »aber wie sehr muß mir der Anblick der Herberge zur Beschämung gereichen, wo ich so schmählich lange Zeit verlebt habe?
    In jedem Falle aber, da die Erduldung einer solchen Schande mir ein Anlaß sein wird zum Verdienste vor Gott, bin ich gerne damit einverstanden. Gehen wir!«
    Nach diesen Worten machte er sich mit Gianni auf den Weg nach seiner Behausung. Während sie nun in heiteren Gesprächen des Weges gingen, lenkte Arsenio listig das Gespräch auf Giannis Familie und erlangte, ohne daß dieser es merkte, allmählich Kunde von seinem Weibe, seinen Kindern und seinem Vater. Als sie daher in das Haus traten, tat er, als kenne er alle Anwesenden, und fing an, bald mit diesem, bald mit jenem zu sprechen, als bestünde zwischen ihnen eine lange Bekanntschaft. Darüber waren alle erstaunt, und um seine Freude noch zu erhöhen, sagte der Einsiedler, er wundere sich höchlich, daß er ihnen ungewohnt vorkomme, da er doch lange Zeit in diesem Hause gelebt habe. Gianni bekräftigte diese Aussage des
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