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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2
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die Unbesonnenheit des rohen Menschen sah und fürchtete, daß er aus Narrheit etwas sage, was gegen ihre Ehre ginge, beriet sie sich mit dem verliebten Jüngling. Dieser riet, sie solle öffnen, anhören, was er sagen wolle, und nichts fürchten. Sie ließ – während der Alte die ganze Zeit stark gegen die Tür schlug – eine Fackel anzünden und sandte die Magd, ihm zu öffnen.
    Als der Alte in den Saal gekommen war, kam die Dame aus ihrem Zimmer; sie ging ihm entgegen frisch wie eine Rosenknospe und fragte ihn, was er zu dieser Stunde zu tun beabsichtige. Der alte Verliebte sagte mit sanften und kläglichen Worten, fast weinend: »Herrin, einzige Hoffnung und Stütze meines elenden Lebens, laßt es Euch nicht verdrießen, daß ich verwegen und anmaßend hierher gekommen bin, um an Eure Pforte zu pochen, und Euch damit belästige. Ich bin nicht gekommen, um Euch zu ärgern, sondern um Euch meine Leidenschaft zu erklären und die Besessenheit, die ich für Euch, Herrin, fühle; der Grund dafür ist Eure einzigartige Schönheit, die Euch jeder andern Frau überlegen macht. Und wenn Ihr die Tore des Erbarmens nicht verschlossen hättet, würdet Ihr mir helfen, der ich für Euch am Tage wohl tausendmal sterbe. Ach, erweicht Euer hartes Herz, schaut nicht auf mein Alter noch auf meine jämmerliche Beschaffenheit, sondern auf meinen hochfliegenden und großherzigen Geist und die heiße Liebe, die ich Euch entgegenbrachte, entgegenbringe und immer entgegenbringen werde, solange die betrübte Seele diese schwachen und gequälten Glieder regieren wird. Und zum Zeichen meiner Liebe gegen Euch nehmt fröhlich dieses Geschenk an: Mag es auch noch so klein sein, so wird es Euch doch teuer sein.« Und er zog aus dem Wams einen Beutel mit Golddukaten, die wie die Sonne leuchteten, und eine Schnur von großen runden weißen Perlen und zwei in Gold gefaßte Juwelen, bot sie ihr dar und bat sie, ihm seine Liebe nicht zurückzuweisen.
    Als die Dame die Worte des wahnwitzigen Alten gehört und klar verstanden hatte, sagte sie: »Herr Anastasius, ich dachte bei mir, daß Ihr einen andern Verstand hättet, als den Ihr habt; aber jetzt scheint Ihr mir bar aller Vernunft. Wo ist Eure Weisheit und Klugheit? Glaubt Ihr, ich sei irgendein Freudenmädchen, da Ihr mich mit Euren Geschenken versucht? Sicher täuscht Ihr Euch. Mir fehlen die Dinge nicht, die Ihr mir geben wollt. Tragt sie zu Euren Huren, die Euch zufriedenstellen werden! Wie Ihr wohl wißt, habe ich einen Gatten, der mir nichts versagt, dessen ich bedarf. Geht denn in Gottes Namen hinweg und verwendet das bißchen Zeit, das Euch bleibt, um zu leben!«
    Der Alte sagte, von Schmerz und Verdruß erfüllt: »Herrin, ich bin sicher, daß Ihr das nicht aus Schicklichkeit sagt, sondern aus Furcht vor dem jungen Mann, den Ihr jetzt im Hause habt – (und er nannte ihn mit seinem Namen), – und wenn Ihr mich nicht zufriedenstellt in meinem Begehr, werde ich Eurem Gatten alles enthüllen.«
    Als die Dame den Jüngling, den sie im Hause hatte, beim Namen nennen hörte, geriet sie nicht außer Fassung, sondern sagte dem Alten die größten Beschimpfungen, die je einem Sterblichen gesagt wurden, und nahm einen Stock zur Hand, um ihn zu verprügeln; aber der ging schön die Treppe hinunter, öffnete das Tor und lief davon.
    Als der Alte fort war, ging die Dame in die Kammer, wo der verliebte Jüngling war; und fast weinend erzählte sie ihm alles und fürchtete sehr, daß der verbrecherische Alte sie dem Gatten verriete. Sie bat ihn um seinen Rat, was sie nun tun solle. Der Jüngling, der klug und schlau war, tröstete zunächst die Frau und machte ihr Mut; dann traf er die beste Entscheidung und sagte: »Meine Liebe, seid ganz ruhig und verzaget nicht: haltet Euch an den Rat, den ich Euch gebe, und seid sicher, daß alles gut gehen wird! Sowie Euer Mann zurück ist, erzählt Ihr die Angelegenheit, wie sie ist, und sagt ihm, daß der gemeine und ruchlose Alte Euch verleumdet, mit diesem und mit jenem zu buhlen, und zählt vier oder sechs auf und nennt darunter auch mich, und dann lasset das Schicksal walten, das Euch günstig sein wird!«
    Das erschien der Dame ein ausgezeichneter Rat, und sie tat so, wie ihr der Liebhaber riet. Als der Gatte zurückgekehrt war, zeigte sich die Dame sehr betrübt und traurig, und mit Augen voll Tränen verwünschte sie ihr trauriges Los. Als sie vom Gatten gefragt wurde, was sie habe, antwortete sie nichts, sondern sagte nur weinend mit lauter Stimme:
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