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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
Autoren: Susan Wiggs
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wirkenden Deckenhaufen.
    Deborah fühlte sich von ihren wohlmeinenden Freundinnen bedrängt. Am liebsten hätte sie sie angebrüllt, verlangt, dass sie sie in Ruhe ließen, aber sie wusste nicht, wie sie ihre Wünsche zum Ausdruck bringen sollte. Niemand hatte ihr je beigebracht, sich so zu benehmen; zu schreien wurde als höchst undamenhaft angesehen. Sie rollte sich enger unter der Decke zusammen und tat so, als hörte sie die anderen nicht.
    „Sie antwortet nicht“, stellte Lucy fest, die nun ernsthaft besorgt klang.
    „Bitte, Deborah“, sagte Phoebe. „Rede mit uns. Bist du krank?“
    Deborah war klar, sie würde irgendwann nachgeben müssen. Widerwillig zwang sie sich, sich hinzusetzen, lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Reihe Kissen mit Bezügen aus belgischem Leinen. Drei Gesichter, ihr so vertraut wie lieb, musterten sie. Sie waren wunderschön anzusehen, vielleicht, weil sie alle so unterschiedlich waren. Lucy war schwarzhaarig, Kathleen hatte rote Haare und Phoebe hellbraune Locken. Der Gesichtsausdruck der drei verriet dieselbe Unschuld und Vorfreude, die Deborah selbst gestern noch verspürt hatte.
    „Ich bin nicht krank“, sagte sie leise, und erkannte selbst kaum die eigene Stimme.
    „Du siehst aus wie die Hölle“, erklärte Lucy in ihrer gewohnten Unverblümtheit.
    Weil ich dort gewesen bin.
    „Ich werde den Arzt rufen.“ Kathleen ging zur Tür.
    „Nein!“ Deborahs scharfer Tonfall hielt die Zofe auf. Ein Arzt war unvorstellbar. „Das heißt“, beeilte sie sich zu sagen, „ich versichere euch, ich bin überhaupt nicht krank.“ Um das zu beweisen, gab sie sich einen Ruck, stieg aus dem Bett und stellte sich barfuß in die Zimmermitte.
    „Nun, das ist eine Erleichterung.“ In ihrer herrischen Art fasste Phoebe sie bei der Hand und zog sie freundschaftlich mit sich. Deborah stolperte hinter ihr her und betrat so den hell erleuchteten Salon.
    „Ich denke mir, du bist einfach überwältigt, weil du in weniger als zwei Wochen eine verheiratete Frau sein wirst.“ Phoebe ließ ihre Hand los und lächelte verträumt. „Du hast ja so ein fabelhaftes Glück. Wie kannst du nur im Bett liegen in einer derart verzauberten Zeit? Wenn ich mit jemandem wie Philip Ascot verlobt wäre, würde ich vor Aufregung kaum still sitzen können. In der Woche, bevor meine Schwester Mr Vanderbilt geheiratet hat, hat meine Mutter gerne Witze darüber gemacht, dass ihre Tochter eigentlich einen Anker benötige, um mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben.“
    Deborah wusste, Phoebe wollte sie mit diesen Worten nicht verletzen. Deborah war mutterlos aufgewachsen, das bedauernswerteste Schicksal auf Erden, und in einer Situation wie dieser schmerzte der Verlust wie eine klaffende Wunde. Sie fragte sich, was eine junge Frau, die eine Mutter hatte, in dieser Lage tun würde.
    „Also“, verkündete Lucy, „lass uns rasch machen. Wir möchten ja keinesfalls zu spät kommen.“
    Wie durch einen Nebel der Gleichgültigkeit betrachtete Deborah die Suite mit dem Durcheinander aus Kämmen, Parfümzerstäubern, Spitzenunterwäsche, Bändern und Unmengen Unterröcken – eine Galerie der Weiblichkeit. Normalerweise hätte sie sich an diesem Anblick erfreut, aber jetzt war alles anders. Plötzlich bedeuteten ihr all diese Dinge nichts mehr. Sie hatte das seltsame Gefühl, wie in Eis eingeschlossen zu sein und ihre Freundinnen durch eine Wand gefrorenen Wassers zu sehen. Das Gefühl der Einsamkeit und der Verlorenheit verfestigte sich mit jedem Moment, der verstrich. Gewöhnlich war sie einfach eine von den jungen Damen an Miss Boylans berühmtem Mädchenpensionat, fröhlich, unbekümmert und sich ihres Platzes in der Welt von Chicagos Debütantinnen sicher. Jetzt erschien ihr das alles so künstlich, so witzlos. Sie fühlte sich ihren Freundinnen entfremdet und von dem zufriedenen albernen jungen Ding, das sie früher gewesen war.
    „Und was ist mit dir, liebe Kathleen?“, fragte Phoebe, warf der rothaarigen Zofe einen vielsagenden Blick zu. Phoebe nutzte jede sich bietende Gelegenheit, Kathleen daran zu erinnern, dass sie zur Dienerschaft zählte, nur hier leben durfte dank der Großzügigkeit junger Damen aus gutem Hause, wie sie selbst es war. „Was hast du heute Abend vor?“
    Kathleen O’Leary wurde tiefrot. Sie hatte die blasse, fast durchscheinende Haut der Iren, und die verriet jedes ihrer Gefühle. „Sie haben mir eine hübsche Unordnung hinterlassen, Miss, die ich jetzt beseitigen muss. Und das wird
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