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Irsud

Irsud

Titel: Irsud
Autoren: Jo Clayton
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Masse komplizierter Windungen ausbreitete. Als die Kipu den spitzenartigen, blaugrünen Flor vor dem kunstvoll verzierten Bett zurückzog, bestaunte Aleytys die verhutzelte und herausgeputzte alte Nayid, die eine lebendige Kraft ausstrahlte, die – irgendwie – den ganzen Raum beherrschte. Selbst die arrogante Kipu wurde durch die unförmige, altersschwache Gestalt, die in einem albernen Gewirr von Spitzen und Rüschen lag, herabgesetzt. Die alte Königin stieß einen knochigen Ellenbogen in einen Haufen von Kissen und schob sich knurrend ein wenig höher, die Blicke begierig auf Aleytys geheftet. Ihre freie Hand wie eine Kralle, winkte sie die Kipu näher; die vierzig Armreifen, die sich ihren mageren Arm hinaufdrängten, klapperten wie die Lockperlen einer Oshanti-Hure.
    „Das?“ Die Stimme dröhnte in Aleytys’ Ohren. „Wieso?“ Sie bewegte sich unruhig, die herabhängende Haut an ihrem Hals zitterte durch die Schüttellähmung höchsten Alters. „Ist es weiblich?“
    „Säugetier.“ Die Kipu zog ihre sechsfingrige Hand – lange, biegsame Gliedmaßen mit der zerbrechlichen Schönheit der Vorderpfoten einer Eidechse – in einer flüssigen Geste über den flachen, dürren Thorax, ihre Mundwinkel zogen sich verächtlich minimal zusammen; ihre Fühler zuckten in ein paar scharfen Rucken. Bevor sie sprach, glättete sich ihr langes, zartes Gesicht zur Unbeweglichkeit. „Der Arduepesh I!kuk hat ihre genetische Stärke garantiert – so sehr, daß I!kuk, um sie zu bändigen, ihr einen PSI-Dämpfer implantiert hat. Dieser hebt ihre Fähigkeiten auf. Vergeßt, wie sie aussieht. Das Ei wird die Gaben nehmen und den Rest übriglassen.“
    „Hmm.“ Die Blicke aus den runden, schwarzen Augen in der Größe von Teetassen glitten in kalter, beleidigender Abschätzung über Aleytys’ nackten Körper.
    Aleytys festigte den Griff ihrer Hände um den gewölbten Rand des Tisches, als sie sich an Augen erinnerte, die sie kalt abmaßen und schätzten, während sie in einem Energiewürfel auf einem kalten Steinblock auf dem Sklavenmarkt von I!kwasset stand. Sie bewegte sich unbehaglich auf der kalten Oberfläche und fragte sich, wovon die Kipu sprach; mit einer üblen Vorahnung, daß ihr nicht gefallen würde, was da auf sie zukam. Nervös zuckte sie mit den Schultern. Der unter ihrem linken Schulterblatt eingesetzte PSI-Dämpfer juckte heftig, als sie gegen die Geistfalle ankämpfte. Sie schloß die Augen, um die wechselnden Gruppen von Nayids auszuschließen, und konzentrierte sich auf das Innere ihres Kopfes.
    „Wo bist du?“ Sie schleuderte die Worte in die dichte und muffige Dunkelheit im hinteren Teil ihres Bewußtseins. „Ich weiß, daß du da bist.“ Der PSI-Dämpfer war eine Plage von kleinen Reizungen, etwas Verschwommenes, das ihren Verstand auf abwärts schwenkende Bahnen schickte, so daß es schwer war, den logischen Fortgang des Denkens einzuhalten. Konzentration war eine körperliche Anstrengung, die sie zitternd zurückließ. „Verdammt, früher warst du nicht so schüchtern.“
    Ein schmerzerfülltes Jaulen riß ihren Kopf hoch. Das Bett war in einem Meer von weißen Gewändern verloren, die in Panik um eine schlaksige Nayid mit einem kalten, würdevollen Gesicht und grauen Streifen, die durch das kurze, schwarze, dicht um ihren schmalen Schädel gelockte Haar liefen, kreisten. Ein paar ruhige Worte schufen Ordnung, schickten die überflüssigen weiblichen Wesen auf ihre Posten.
    Als sich die Menge zerstreute, sah Aleytys die alte Königin auf den Kissen, zusammengebrochen, Blasen bildeten sich in ihren Mundwinkeln und glitten in einer Spur von Sabber über die herabhängenden Kiefer. Dünne, runzlige, doppelte Augenlider falteten sich zusammen. Vo r Aleytys’ Augen schrumpfte sie sichtbar zusammen. Die strahlende Persönlichkeit, die noch vor Augenblicken den von geschäftigem Treiben erfüllten Raum beherrscht hatte, verfiel zu einer Art letzter Hinfälligkeit. Die Ärztin beugte sich über sie, dann blickte sie ungeduldig zu der Nayid neben sich hoch.
    Die Dienerin hastete um das Bett herum, ihr weiches, fleckenloses Gewand wehte in bewegten Falten; sie riß die Vorhänge los und wirbelte sie zu, um die sterbende Alte allein zu lassen.
    Die Kipu schnippte mit den Fingern. Drei spindelbeinige, pferdegesichtige Amazonen in locker sitzenden roten Gewändern tauchten hinter dem Bett auf und kamen auf Aleytys zu. Sie rutschte vom Tisch herunter und wich vorsichtig zurück.
    Die Kipu trat rasch an
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