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Irrweg Grundeinkommen

Irrweg Grundeinkommen

Titel: Irrweg Grundeinkommen
Autoren: Volker Meinhardt und Dieter Vesper Friederike Spiecker Heiner Flassbeck
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Forderungen ausgesetzt wäre, die Umverteilungsmaschinerie wieder abzubauen. Deshalb bleibt völlig ungewiss, wem das Grundeinkommen (wenn es denn in seiner idealen Form installierbar wäre) tatsächlich auf lange Sicht nützen und wen es schlechter stellen würde im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand. Alles spricht dafür, dass wieder die Schwachen das Nachsehen haben würden wie schon bei der bisherigen großen Umverteilung, die die Ursache der Grundeinkommensdebatten ist.
    Das heißt, um den Umverteilungsängsten gerecht zu werden, muss man zunächst bei der Primärverteilung der Markteinkommen ansetzen und gegen die Arbeitslosigkeit vorgehen. Beides gelingt nur, wenn das System Marktwirtschaft nicht dauernd über sich selbst stolpert, was wiederum bedeutet, dass die Produktivität unabhängig von der Situation am Arbeitsmarkt immer in den realen Lohneinkommen weitergegeben werden muss. Verteilungskorrekturen über die Instrumente der Sekundärverteilung müssen für die Themen »Startchancengleichheit und Bildung«, »Absicherung von Krankheitsrisiken und Alter«, »Abfederung des Strukturwandels«etc. eingesetzt werden, nicht aber zum Geradebiegen einer pervertierten Primärverteilung.
    Was ist zu tun bei der Sekundärverteilung?
    Die gegenwärtige Finanzlage des Staates ist durch eine vergleichsweise niedrige Steuer- und Abgabenquote und eine Lücke in der Versorgung mit öffentlichen Leistungen gekennzeichnet. Diese Konstellation trägt zugleich zur Festigung der Schieflage in der Einkommens- und Vermögensverteilung bei. Völlig unangebracht in der derzeitigen Situation sind Pläne zur weiteren Senkung der Steuern. Vielmehr muss das Staatsbudget von der Einnahmenseite her ins Gleichgewicht gebracht werden, um Spielraum für mehr staatliche Leistungen zu schaffen. Durch die Unterlassungen in den vergangenen Jahren hat sich in Deutschland eine Infrastrukturlücke von bedrohlichem Umfang aufgebaut. Dabei geht es längst nicht nur um öffentliche Investitionen im klassischen Sinn. Noch bedeutsamer sind die sogenannten Humankapitalinvestitionen. Eine gute Humankapitalausstattung bringt individuell und gesamtwirtschaftlich Vorteile. Inzwischen hat sich die Einschätzung etabliert, dass Bildungsausgaben eine wichtige Rolle für die Ausprägung von Humankapital spielen und qualifiziertes Humankapital wiederum eine fundamentale Voraussetzung für Wachstum ist. Ähnliches gilt für die institutionalisierte Kinderbetreuung, die für die Integration, Sozialisation und Ausbildung von Kindern unabdingbar und deshalb förderlich für eine gedeihliche Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft ist. Auf diesen Feldern besteht erheblicher Handlungsbedarf, zumal sich der Erkenntnisgewinn in der Politik noch nicht in einer kassenwirksamen Umorientierung niedergeschlagen hat.
    Die in der Politik diskutierten Vorschläge zur Änderung der Steuerpolitik verfolgen zumeist nicht das Ziel, die staatliche Einnahmenbasis zu erweitern. Die konservativen Parteien setzen eher auf weitere Steuerentlastungen, und die SPD strebtAufkommenssicherung und mehr Verteilungsgerechtigkeit an, wobei der Spitzensteuersatz erhöht werden soll. Die Partei Die Linke ließ jüngst dadurch aufhorchen, dass man sich einen Spitzensteuersatz von 75 Prozent durchaus vorstellen könne. Will man sowohl mehr Verteilungsgerechtigkeit als auch ein merklich höheres Steueraufkommen erzielen, so wird man nicht um eine signifikante Erhöhung des Spitzensteuersatzes herumkommen. Vorstellbar wäre ein Satz von etwa 50 Prozent. Bei der Tarifgestaltung ist vor allem darauf zu achten, dass der Spitzensteuersatz nicht schon mittlere Einkommensbereiche berührt. Doch sollten diese Ziele nicht allein durch eine Änderung des Einkommensteuertarifs angestrebt werden. Hinzu treten müssen Maßnahmen, die geeignet sind, Steuerschlupflöcher zu schließen und die geringe Besteuerung von Kapitaleinkommen zu beenden.
    Eine der wichtigsten Weichenstellungen für ein gerechteres Steuersystem besteht aber in der Einbeziehung der Vermögen. Vermögen begründet eine über das Einkommen hinausgehende, zusätzliche Leistungsfähigkeit. Schon die bloße Existenz von Vermögen generiert eine besondere unmittelbare Leistungsfähigkeit, etwa in Form von Kreditwürdigkeit. Vor allem das Geldvermögen, aber auch das Immobilienvermögen ist sehr ungleich verteilt. 73 Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Einkommen und Vermögen: Wer viel verdient, spart mehr Vermögen an. Hingegen
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