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Irgendwann ist Schluss

Irgendwann ist Schluss

Titel: Irgendwann ist Schluss
Autoren: Markus Orths
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scheußlicher, sinnloser, paradoxer, absurder Name, ein Name wie seine Erscheinung. Was er mitnehmen wollte, Möbel, Teppiche und Bilder, beklebte er mit roten Punkten. Die Prozedur dauerte drei Stunden. Anschließend druckste er herum und nannte mir eine Summe, die eine Frechheit war. Ich schlug ein, nur um ihn loszuwerden. Seine Leute packten die rot bepunkteten Dinge in einen Laster. Alles andere, alles, was nicht verkauft werden konnte, ließ ich aus dem Haus entfernen, Männer warfen die Dinge in Container, Besteck, Geschirr, Obstschalen, Gardinen, Bücher, Regale und ganz zum Schluss die Installationen in Bad und Küche. Ich wollte nichts mehr von dem Zeug bei mir haben, ich wollte das Haus ausräuchern, eine Schlacht gegen alles Alte. Am Abend war das Haus leer. Das Einzige, was ich nicht hatte entfernen lassen, war der mannshohe Kühlschrank.
    Unterdessen hatten die Bauarbeiter längst mit der Arbeit begonnen, sie arbeiteten die ganze Nacht über, ich schlief nicht, keine Sekunde. Bei dem Lärm hätte ich ohnehin nicht schlafen können. Ich ging zwischen ihnen auf und ab, ihre Anwesenheit tat mir gut, ich fühlte mich sicher, aufgehoben, niemand kann zu mir hinein, dachte ich, auch wenn alle Türen und Fenster geöffnet sind, niemand würde es wagen, mich anzugreifen angesichts der zwanzig Männer, die ich als Schutzwall um mich aufgebaut hatte und zwischen denen ich hin- und herging. Die Bauarbeiter packten Steinbrocken auf Schubkarren und kippten sie in den Keller. Unten warteten drei von ihnen, karrten die Steine in die hintersten Ecken und stapelten sie dort, bis zur Kellerdecke. Als kein Platz mehr war für weitere Steine, wurde ein fetter Schlauch ausgerollt und durch den Schlauch suppte flüssiger Beton zwischen die Steine, sodass auch die letzten Ritzen und Zwischenräume verfugt wurden und der gesamte Keller schließlich, es war bereits nach Mitternacht, bis zur Tür zugemauert war. Um diese Zeit wechselte die Schicht. Die ersten zwanzig Bauarbeiter saßen im Garten auf dem Boden und rauchten. Ich war zufrieden. Jetzt das Erdgeschoss: Die nächsten zwanzig Arbeiter rissen die Fenster raus und vermauerten die Laibungen mit Steinen. Das düstere wurde nun zu einem vollkommen finsteren Geschoss, in das kein Licht von außen mehr fiel. Zwischendurch bat ich zwei Bauarbeiter, mich zum Krematorium zu begleiten, wo ich mit ansah, wie der Sarg meiner Mutter verbrannte.
    Die folgenden Tage verstrichen wie im Rausch. Ich vollendete mein Werk. Der Eingangsbereich unten ist nun besonders gesichert: Eine gepanzerte Tür führt in ein vier Quadratmeter kleines Räumchen, das wie ein Schott funktioniert. Erst durch eine zweite gepanzerte Tür gelangt man ins Erdgeschoss. Alles ist mit Schloss, Riegel und Code gesichert. Im Erdgeschoss finden sich keine Zimmer mehr und keine Trennwände, es gibt nur noch eine einzige große Halle. Zwanzig Säulen tragen die Decke. Die Halle ist komplett hell: Neonlicht, weiß getünchte Wände, ein Kamerasystem, das jeden Zentimeter erfasst. Die Stärke der Außenwände ist verdreifacht worden. Das Treppenhaus wird durch zwei weitere Türen (eine unten, eine oben) gesichert. Im Obergeschoss, dort, wo ich wohnen werde, gibt es vier große Zimmer, schlauchförmig, abgetrennt durch Wände mit Sicherheitstüren: Ganz hinten liegt mein Überwachungsraum, davor das Lebzimmer zum Wohnen und Schlafen mit Bad, dann ein Überbrückungsraum, von dem aus man einerseits zur Treppe nach unten und andererseits in den letzten oberen Raum gelangt, in die Küche, am anderen Ende des Schlauchs. Jeder Raum verfügt über ein Fenster aus Panzerglas mit Eisengittern. Auch im Obergeschoss werden alle Räume von Kameras erfasst. Das Dach ist verstärkt und mit Hochspannungsdraht gegen Eindringlinge gesichert, die Mauern, die das Anwesen umgeben, sind erhöht und mit einem zusätzlichen Zaun versehen worden. Auch draußen filmen Kameras allüberall. Die wenigen Möbel, die ich benötige, sind geliefert worden. Der Architekt hat sich bei der Schlüsselübergabe den Schweiß von der Stirn gewischt. Einen solchen Ritt, hat er gesagt, habe er noch nie hingelegt. Er fügte hinzu: »Darf ich fragen, was Sie damit bezwecken?«
    Ich sagte: »Darf ich antworten: Nein?«
    Die Bluthunde lagen in ihren Zwingern. Marc Antonius traf ein. Ich winkte ihn herbei.
    »Ab heute«, sagte ich ihm, »beginnt Ihre neue Arbeit.«
    Er nickte und kümmerte sich um die Bluthunde. Der Notar erschien, und ich begrüßte ihn vor der
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