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Internat auf Probe

Internat auf Probe

Titel: Internat auf Probe
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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Natürlich hat sie ihr Kuschelkissen dabei, das herrlich nach Sommer duftet.
    Draußen ist vom Sommer leider keine Spur zu sehen. Der Himmel ist tiefgrau. Aus dicken Wolken fällt Nieselregen und bedeckt die Scheiben.
    Genau das richtige Wetter für einen Ausflug zum Schloss Trostlos, denkt Carlotta und gähnt.
    Im Autoradio dudelt leise Musik. Kaum ist Papa aus der Stadt heraus und auf die Autobahn abgebogen, fallen ihr die Augen zu. Kurz bevor sie einschläft, denkt sie an Katie. Wie erwartet, war die total begeistert von den Internatsplänen.
    „Wie cool ist das denn!“, hat sie gekreischt. „Ein echtes Internat! Und dann heißt es auch noch Prinzensee! Wie für dich gemacht! Carlotta Prinz auf Prinzensee – wie das klingt! Voll romantisch! Vielleicht kann ich ja mitkommen? Oh, Mann! Das ist gemein! Ich wünschte, ich wäre du!“
    Carlotta schnaubt und kuschelt sich ein bisschen tiefer in ihr Sommerwiesenkissen. Romantisch – pah! Wenn Katie will, kann sie auch gerne mit ihr tauschen, kein Problem.
    Als Papa an einer Autobahnraststätte anhält, wacht Carlotta auf. „Was ist los?“, murmelt sie. „Sind wir schon da?“
    „Noch nicht ganz.“ Papa löst den Sicherheitsgurt und streckt sich. „Ich würde gern einen Kaffee trinken. Wollen wir reingehen, oder soll ich dir was mitbringen?“
    „Bring mir was mit, eine Limo bitte.“ Carlotta ist viel zu schläfrig, um auszusteigen.
    Papa winkt ihr zu und verschwindet in der Raststätte. Wenig später kehrt er zurück, in der einen Hand einen Thermobecher mit Kaffee, in der anderen die Limo. Unter seinem Arm klemmt eine Rolle Kekse.
    Carlotta findet es gemütlich, mit Papa im Auto zu sitzen, Limo zu trinken und Kekse zu knabbern. Ein echt cooles Frühstück. Nur die vielen Brummis, die unablässig auf den Parkplatz rollen, stören ein bisschen.
    „Warst du eigentlich freiwillig auf diesem komischen Internat?“, fragt Carlotta beiläufig. Das ist eine Frage, die sie schon länger brennend interessiert. Sie kann sich nicht vorstellen, dass es Kinder gibt, die freiwillig von zu Hause weggehen. Und schon gar nicht in ein Internat. Aber wer weiß?
    „Freiwillig?“ Papa lacht. „Ganz und gar nicht, im Gegenteil! Du weißt doch, dass mein Vater, dein Großvater, sehr früh gestorben ist. Ich war gerade mal elf. Deine Oma hat sein Geschäft weitergeführt und hatte kaum genug Zeit, sich daneben auch noch um mich zu kümmern. Deshalb hat sie mich nach Prinzensee geschickt. Ich fühlte mich damals mindestens genauso mies wie du jetzt. Ungeliebt und abgeschoben.“
    Carlotta schluckt. Oh, Mann. Das hat sie nicht gewusst.
    Papa angelt sich einen Keks aus der Rolle.
    „Aber als ich dann erst mal da war“, fährt er fort, „wollte ich gar nicht wieder weg. Die Lehrer waren unheimlich nett, bis auf ein paar Ausnahmen, klar, die gibt’s überall. Aber ich hab viel gelernt und tolle Freunde gefunden. Mit der Rudermannschaft der Schule war ich ziemlich erfolgreich. Wir haben viele Medaillen gewonnen. Und auch sonst war’s eine tolle Zeit.“ Er trinkt den letzten Schluck Kaffee und zerdrückt den Styroporbecher. Sein Blick ruht auf Carlotta. „Wollen wir weiter?“
    Carlotta nickt. „Wann sind wir denn da?“
    „Wenn wir gut durchkommen, in einer knappen Stunde.“ Papa startet den Motor und rollt vom Parkplatz.
    Carlotta legt den Kopf zurück.
    Wenn Papa das ausgehalten hat, denkt sie, dann schaff ich das auch. Vielleicht. Aber da gibt es noch ein winzig kleines Problem …
    „Hattest du auch mal Heimweh?“, fragt sie leise.
    „Na klar.“ Papa wirft einen Blick in den Rückspiegel. „Jede Menge sogar. Aber das vergeht mit der Zeit von ganz allein.“
    Ob das wirklich stimmt? Carlotta hat so ihre Zweifel.
    Papa merkt das. „Carlotta, niemand behauptet, dass es einfach ist. Aber du schaffst das schon, ganz sicher.“
    Nach einer halben Stunde verlassen sie die Autobahn. Die Landschaft wird ländlicher. Sie kommen durch ein paar Dörfer, fahren durch einen großen Wald. Dann kommt ganz lange gar nichts mehr, nur plattes grünes Land, hin und wieder von ein paar Hecken oder einzelnen Bauernhöfen unterbrochen. Auf den Wiesen neben der Straße weiden Pferde, Kühe und Schafe. Durch die Klimaanlage dringt dezenter Mistgeruch ins Wageninnere.
    Angewidert rümpft Carlotta die Nase. Auch das noch. Das ist ja die reinste Einöde!
    „Ja, ja … die gute Landluft“, grinst Papa.
    Carlotta grinst zurück.
    Inzwischen hat es richtig angefangen zu regnen. Aus dem
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