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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt
Autoren: Simon Kernick
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Gleichzeitig drehte ich mich zu Haddock um und fuhr ihn an: »Und warum machst du nicht mal ein bisschen Platz, statt mir auf die Pelle zu rücken wie eine verdammte Schwuchtel?«
    Zu meiner Überraschung trat er einen Schritt zurück, während Tyrone sich tatsächlich entschuldigte und endlich sich und Haddock vorstellte.
    »Du bist hier, weil bei mir eine Stelle frei geworden ist, und Tommy hält dich für einen verlässlichen Kerl, der sie übernehmen könnte. Sieh’s also als Einstellungsgespräch.«
    »Was genau macht ihr?«
    »Ein bisschen dies, ein bisschen das«, erwiderte er mit dem Anflug eines hässlichen Lächelns. »Nicht immer ganz legal.«
    »Gut, dann will ich dir eins sagen. Ich bin seit acht Monaten draußen, und keiner hat einen legalen Job für mich. Ich habe ein paar Sachen für Tommy erledigt, aber ich stecke immer noch bis zum Hals in Schulden. Also brauche ich was. Nur keinen Scheißaushilfsjob, Burger braten zum Mindestlohn oder so. Echte Arbeit, die echtes Geld bringt. Du kennst meine Geschichte. Du hast mich garantiert abgecheckt, sonst würde ich gar nicht erst hier stehen. Also weißt du auch, dass ich keine Angst habe, eine Waffe zu benutzen, und du weißt auch, dass ich kein verdammter Hitzkopf bin, der gleich abdrückt. Auf mich ist Verlass. Wenn du was hast, worüber du dich mit mir unterhalten willst, spuck’s aus. Ansonsten bin ich weg. Es liegt an dir. Aber tu mir den Gefallen und vergeude nicht meine Zeit.«
    Ich kannte die ganze Rede in- und auswendig. Ich muss sie mindestens tausendmal vor dem Spiegel geübt und in Einsätzen garantiert zehn-, zwölfmal in Situationen wie dieser angewendet haben. Manchmal habe ich den einen oder anderen Satz verändert, mich aber immer verhalten wie ein Mann, der absolut mit sich im Reinen ist. Wer jahrelang undercover arbeitet, muss Schauspieltalent mitbringen, muss ein Robert De Niro für Bullen sein und wie ein Method Actor völlig in seiner Rolle aufgehen. Dabei ändert sich das Drehbuch oft von einem Augenblick auf den anderen, und deshalb gilt es, blitzschnell zu improvisieren und sich aus der größten Bredouille herausquatschen zu können. Und noch eines will ich betonen: Diese Nummer verfehlt nie ihr Ziel. Sie bricht das Eis und bringt mich an Bord.
    Wolfe und Haddock tauschten Blicke aus. Wolfe schaute fragend zu seinem Vertrauten, als wolle er bei dem hünenhaften Mann Rat suchen.
    Haddock nickte kurz, und Wolfe drehte sich wieder zu mir. »Ich hab einen Ein-Tages-Job für dich. Auf Abruf, aber garantiert in den nächsten Tagen. Nur das Datum steht noch nicht fest. Ich zahl hunderttausend, cash. Interessiert?«
    Natürlich war ich interessiert. Von dem ersten Treffen hatte ich mir eigentlich nicht viel versprochen, und schon bot mir Wolfe einen Job an, bei dem Waffen im Spiel waren. Trotzdem vermied ich es, allzu begeistert zu wirken, denn das lässt bei den Leuten gleich die Alarmglocken schrillen. Deshalb zuckte ich nur mit den Schultern und sagte: »Kommt drauf an, was es ist.«
    »Es geht um ein ungesichertes Fahrzeug im fließenden Verkehr.«
    »Dann hätte ich lieber einen Anteil an der Beute.«
    Wolfe schüttelte den Kopf. »Es geht nicht um Geld. Die Fracht ist menschlich. Ein Mann.«
    »Wer?«
    »Kann ich dir nicht sagen. Noch nicht. Aber eins kann ich dir sagen, ich zahl dir dreißig Riesen im Voraus. Siebzig nach Erledigung.«
    Ich tat, als müsste ich darüber nachdenken. Ich wollte mehr herausfinden, denn dann konnte ich den Job gleich hier und jetzt beenden, aber es hatte keinen Sinn, die Dinge zu erzwingen.
    »Dreißig Riesen klingt verlockend. Trotzdem muss ich ein bisschen mehr wissen, bevor ich einsteige.«
    »Ich werd dir alles erklären, aber erst will ich, dass du eine Kleinigkeit für mich erledigst.«
    »Welche Kleinigkeit?«
    Es war Haddock, der antwortete. Er beugte sich vor, so dass seine Lippen unangenehm nahe an mein Ohr kamen. Seine Stimme war noch schriller und klang fast schon weibisch.
    »Eine, die uns ein für alle Mal beweist, dass du kein Bulle bist.«

VIER
    Im Vernehmungsraum war es stickig und heiß, und DI Tina Boyd sehnte sich nach einer Zigarette. »Warum sind Sie dann weggerannt, wenn Sie in allen Punkten unschuldig sind? Und warum haben Sie zwei Polizeibeamte angegriffen?«
    »Was denken Sie denn?«, fragte Kent verschreckt-aggressiv zurück, wobei er die panische Miene beibehielt, die er aufgesetzt hatte, als Tina und ihr Boss, DCI MacLeod, vor knapp zwei Stunden mit dem Verhör begonnen
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