Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
Schüssel Milch mit dem Schuß Tee beinahe ausgetrunken und setzte sich auf, die Ohren gespitzt.
    Bertie rutschte von seinem Stuhl und trottete zum Fenster. Ihr Häuschen in der Scroop Street war zwischen zwei andern Häusern eingekeilt: Das eine gehörte irgendwelchen Leuten, die nur im Sommer kamen, und in dem an d ern wohnte die alte Mrs.   Fishpool, die Arnold ihre Abfälle hinstellte; er schleppte sie zu den Mülleimern am Ende der Straße und begrub sie dort.
    Das Häuschen der Makepieces war ganz in der Nähe der Engelsstiege. Die Dorfbewohner, die noch im Vollbesitz ihrer Kräfte waren, kletterten sie jeden Sonntag zur Marienkapelle hoch. Bertie schaute hinaus und auf das Dorf hinunter; außer den gespenstischen Umrissen der spitzen Dächer und Schornsteinkappen konnte er in dem Nebel jedoch nichts erkennen.
    An dem Fenster über ihm, seinem Schlafzimmerfenster, hörte er plötzlich ein Klopfen. Bertie fuhr zusammen. Eine Silbermöwe oder ein Eissturmvogel: Ag – ag- aror ; sie schien zu kichern, als hätte sie einen Witz über das Dorf gehört. Immer klopften sie an sein Fenster, manchmal weckten sie ihn sogar morgens auf, wie Besucher, die Einlaß begehrten. Möwen und Seeschwalben, verdammtes Gesindel – sie taten so, als gehörte ihnen das Haus.
    Arnold stand hinter ihm und wartete darauf, daß er ihm die Tür öffnete. «Zisch schon los, Arnold.» Bertie öffnete die Tür, und Arnold schlüpfte wie ein Schatten an ihm vorbei. Bertie rief ihm nach: «Aber nicht so lange!»
    Der Hund blieb stehen und schaute sich nach Bertie um, wahrscheinlich verstand er, was er sagte. Bertie starrte noch ein Weilchen in den vorbeidriftenden Nebel. Er hatte wie ein Schrei geklungen, dieser Laut, den er gehört hatte. Aber die Vögel schrien immer.
    Und in Rackmoor klang ein Schrei wie der andere.

4
    Sie wurde von dem Nachtwächter gefunden.
    Billy Sims hatte mit Corky Fishpool noch lange nachdem der «Fuchs» dichtgemacht hatte, weitergefeiert; zuerst hatten sie einen ihrer Kumpel in der Lead Street aufgesucht und dann einen, der in der Winkle Alley wohnte. Schließlich war diese Nacht ja zum Feiern da.
    Nun war er jedoch fest entschlossen, den Heimweg anzutreten, seinen Dreispitz auf dem Kopf und die lohfarbene Uniformjacke falsch herum übergezogen. Obwohl er wußte, daß sie nicht beleuchtet und in der winterlichen Dunkelheit auch nicht ganz ungefährlich war, wollte er doch die Engelsstiege hochgehen zu seinem kleinen Haus in der Psalter Lane gleich neben der Marienkapelle. Das Horn unter den Arm geklemmt, stolperte er im Zickzack die Stufen hoch.
    Sein Fuß stieß gegen etwas. Etwas Weiches, das aber nicht nachgab, kein Stein. Er hatte keine Taschenlampe bei sich, kramte aber ein paar Streichhölzer hervor und zündete sich eines an.
    Das Streichholz flackerte auf; er sah das blutüberströmte, nach unten hängende Gesicht und die seltsam abgespreizten Extremitäten, die der schwarzweißen Gestalt das Aussehen einer großen Puppe verliehen.
    Billy Sims wäre beinahe selbst kopfüber die Treppe hinuntergepurzelt. Als ihm einfiel, daß es der Abend vor dem Dreikönigsfest war und daß diese Frau wahrscheinlich von einem Kostümfest gekommen war, wurde der Alptraum Realität.

5
    Inspektor Ian Harkins von der Kriminalpolizei Pitlocharys war außer sich. Es war der erste wirklich interessante Fall, der ihm hier beschert worden war, und der Polizeidirektor wollte ihn an jemanden aus London verschleudern. Nur über meine Leiche , dachte Harkins und grinste über seinen Galgenhumor. Harkins hatte auch das entsprechende Aussehen – klapperdürr mit tiefliegenden Augen.
    Er hielt den Hörer so fest umklammert, daß seine Knöchel weiß hervortraten. «Ich sehe keine Veranlassung, London hinzuzurufen. Ich war noch nicht einmal am Tatort, und Sie sprechen schon von Scotland Yard. Seien Sie so nett und geben Sie mir eine Chance.» Es lag eine gewisse Schärfe in diesem Seien Sie so nett.
    Zögernd bewilligte ihm Polizeidirektor Bates vierundzwanzig Stunden. Es sah ganz so aus, als würde ihnen dieser Fall noch Probleme bescheren; Leeds würde sich bestimmt nicht freuen.
    Harkins beendete seine Toilette. Ian Harkins verstand darunter nicht ungebügelte Anzüge und bunt zusammengewürfelte Socken. Einen Drehspiegel hielt er für unerläßlich. Und er hatte nicht nur einen Schneider in der Jermyn Street, sondern auch eine reiche Tante in Belgravia, die ihn maßlos verwöhnte, obwohl sie seine Vorliebe für den kalten Norden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher