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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Autoren: Peter Robinson
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Lippen bringt.
      Jenny hatte offenbar mit Absicht ihre weiblichen Reize verhüllt unter farblosen, sackartigen Gewändern, die die Umrisse ihrer Figur unkenntlich machten. Dazu trug sie das Haar straff zurückgekämmt in einem strengen Knoten und eine äußerst unkleidsame horngeränderte Brille.
      Robin Allott blickte auf, als sie mit eckigen Bewegungen ins Zimmer marschierte, einen Aktenordner unter dem Arm und einen Stift hinter dem Ohr. Banks beobachtete, wie sie an der anderen Seite des Tisches Platz nahm, ihren Ordner aufschlug und erst jetzt ihrem Gegenüber in die Augen sah.
      «Möchten Sie mir vielleicht erzählen, wann Sie angefangen haben, Frauen beim Ausziehen zu beobachten?» fragte sie in geschäftsmäßigem Ton.
      Aha, dachte Banks, jetzt bin ich an der Reihe, dem Profi bei der Arbeit zuzusehen.
      Allott wandte den Blick zu der herbstlichen Szene auf dem Wandkalender. «Das war, nachdem mich meine Frau verlassen hat. Ich konnte nicht ... sie war nicht glücklich ... Sie hat es lange mit mir versucht, aber zum Schluß konnte sie's nicht mehr aushalten. Wir haben kein richtiges Eheleben geführt, so wie andere Paare, Sie verstehen?»
      «Und warum war das so?»
      «Ich weiß nicht. Ich mochte sie nicht anfassen. Nicht als Mann. Ich hatte einfach kein Interesse daran. Es war nicht ihre Schuld. Sie war wirklich eine gute Frau. Und sie hat sich mit vielen Sachen abgefunden.»
      «Wie hat sie sich das erklärt?»
      «Einmal hat sie mir gesagt, daß sie mich für latent homosexuell hält, aber das stimmte nicht, das wußte ich genau. Ich habe nie so was gefühlt bei Männern, schon der Gedanke war abstoßend. Ich habe überhaupt nie echte Gefühle gehabt.»
      «Was meinen Sie mit echten Gefühlen?»
      «Na ja, diese Dinge, die die Menschen eben so fühlen und tun. Alles, was normal und selbstverständlich ist, wie miteinander reden, sich küssen und lieben. Ich hatte immer das Gefühl von einer dicken Mauer zwischen mir und dem Rest der Welt - besonders zwischen mir und meiner Frau.»
      «Und nachdem sie gegangen ist, haben Sie also angefangen, anderen Frauen beim Ausziehen zuzuschauen. Warum?»
      «Weil es das war, was ich wollte. Das war alles, wirklich, ich wollte nicht mehr. Es war das einzige, was mich gereizt hat. Ich weiß, es war nicht richtig, aber ich konnte nicht ... ich hab's versucht, damit aufzuhören ...»
      «Können Sie sich irgendeinen Grund vorstellen, warum Sie sich ausgerechnet diesen Reiz ausgesucht haben? Warum Sie nur auf diese Weise Befriedigung gefunden haben?»
      Allott zögerte einen Moment und kaute an seinen Lippen. «Ja», erklärte er nach einer Weile. «Ich hatte das schon mal gemacht. Vor langer Zeit, als kleiner Junge - und seitdem bin ich den Gedanken nicht mehr losgeworden.»
      «Was ist damals passiert?»
      Er holte tief Luft, und sein Blick schien nach innen abzutauchen.
      «Wir haben in einer engen kleinen Straße gewohnt, mit einem Pub an der Ecke - The Barley Mow hieß er -, und in der Nacht, wenn ich eigentlich schlafen sollte oben in meinem Zimmer, hab ich oft die Frau von gegenüber beobachtet, wie sie allein aus dem Lokal kam, die Treppe hochging zu ihrer Wohnung und sich ausgezogen hat, um schlafen zu gehen. Sie hat immer die Vorhänge aufgelassen, und ich hab ihr von meinem Fenster aus zugesehen.
      Die Frau war schön, und niemand aus der Nachbarschaft wußte so genau, wer sie war. Sie hat mit keinem gesprochen, und die Leute haben sich von ihr ferngehalten, als ob sie unnahbar oder irgendwie etwas Besseres gewesen wäre. Angeblich war sie eine Ausländerin und aus irgendeinem osteuropäischen Land geflohen, aber niemand wußte etwas Genaues von ihr. Sie war immer allein. Sie war ein Rätsel, ein Geheimnis, und nur ich konnte ihr zusehen, wenn sie den Schleier fallenließ. Zu Anfang hab ich nichts Besonderes dabei empfunden, aber dann, ich glaube, zu dieser Zeit, wo man sich als junger Mensch verändert ... ein paar Wochen lang hatte ich plötzlich ganz seltsame Gefühle, wenn ich ihr zuguckte. Gefühle, die ich noch nie gehabt hatte, die mir Angst machten, aber mich auch erregten. Ich vermute, daß ich damals anfing zu ... mit mir zu spielen, ganz unbewußt, und ich weiß noch, wie ich immer dachte: . Trotzdem hab ich mir auch irgendwie gewünscht, daß sie mich sieht, daß sie von mir weiß ...» Allott lehnte sich vor
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