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Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln

Titel: Inspector Alan Banks 01 Augen im Dunkeln
Autoren: Peter Robinson
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Hunderte von Wegen zu geben, die von A nach B führten, nur keine direkten Strecken. Insofern war die A 1 im allgemeinen die schnellste Verbindung nach Leeds, falls der Großbauer im Norden von Wetherby nicht gerade seine Sonderrechte geltend machte und das Rotlicht anschaltete, um seine Kühe über die Autobahn zu treiben.
      Als ob der Regen nicht bereits schlimm genug gewesen wäre, spritzten die vorausfahrenden Lastzüge ihre matschigen Fontänen hoch - überwiegend Transkontinental-Transporter aus Newcastle oder Edinburgh, die nach Lille, Rotterdam, Mailand oder Barcelona unterwegs waren. Immerhin war es im Wagen warm und trocken, und Rigoletto war ein angenehmer Reisegefährte.
      Am Autobahnkreuz Wetherby schwenkte er auf die A 58, ließ die meisten Laster hinter sich und fuhr über Collingham, Bardsey und Scarcroft nach Leeds, durchquerte die Stadt in Richtung Roundhay und Harehills und erreichte Chapeltown etwa auf der Hälfte der Arie «La Donna e mobile».
      Die Gegend sah trosdos aus, ein Eindruck, der durch wolkenverhangenen Himmel und die sich aus ihm ergießenden Ströme schmutzigen Regens noch verstärkt wurde. Inmitten der gesichtslosen Neubauten standen ein paar wenige alte Häuser und klammerten sich an die roten Backsteinhaufen wie die letzten standhaften Zähne in einer leeren, fauligen Mundhöhle. Graue Schatten in Regenmänteln schoben mit verbissener Miene Kinder- und Einkaufswagen über die Bürgersteige, als suchten sie vergebens nach Läden oder einem Zuhause, das es nicht gab. Das war die Chapeltown Road, das «RippenTerritorium, Schauplatz der Rassenunruhen von 1981.
      Crutchleys Geschäft lag direkt neben einem mit Brettern vernagelten Laden, dessen verblaßtes Firmenschild darauf hindeutete, daß hier einst Lebensmittel verkauft worden waren. Der Hausanstrich blätterte, und das Angebot hinter den vergitterten Schaufenstern war mit einer dicken Staubschicht bedeckt: Röhren von alten Radios; eine Klarinette, die auf dem zerschlissenen roten Samt ihres Etuis ruhte; eine viersaitige Gitarre; ein Seitengewehr mit einer Scheide für das Bajonett und einem in den Griff eingelassenen schwarzen Hakenkreuz; angeschlagene Zierteller mit handgemalten Ansichten von Weymouth und Lime Regis; eine Fahrradpumpe; verstreute Häufchen von Perlen und billigen Ringen.
      Nach anfänglichem Widerstreben schwang die Ladentür auf und löste ein lautes Klingeln aus, als Banks eintrat und ihm eine Geruchswolke entgegenschlug - eine Mischung aus Schimmel, Möbelpolitur und faulen Eiern -, die ihm fast den Atem nahm. Unterdessen näherte sich aus dem hinteren Teil des Ladens ein leicht buckliger Mann mit verschlagenem Gesichtsausdruck. Er trug einen abgewetzten Pullover und Wollhandschuhe mit abgeschnittenen Fingerkuppen. Nachdem er Banks mißtrauisch beäugt hatte, gab er ein «Kann ich Ihnen helfen?» von sich, das sich eher nach einem «Muß ich Ihnen etwa helfen?» anhörte.
      «Mister Crutchley?» Banks zeigte seinen Ausweis und erwähnte Inspector Barnshaw, der ihn auf diese Fährte gebracht hatte, worauf sich Crutchley augenblicklich von einem knarzigen Mister Krook in Uriah Heep verwandelte.
      «Sehr wohl, Sir, stets zu Diensten», winselte er und rieb sich die Hände. «Wissen Sie, ich tue wirklich alles, um das Geschäft sauber zu halten, aber», fügte er mit einem Achselzucken hinzu, «das ist nicht leicht in dieser Gegend. Und schließlich kann ich ja nicht jedes einzelne Teil überprüfen, das mir die Leute ins Geschäft tragen.»
      «Natürlich nicht», stimmte ihm Banks wohlwollend zu, wischte eine Lage Staub vom Ladentisch und lehnte sich dagegen. «Soweit ich von Inspector Barnshaw weiß, denkt er daran, diesmal ein Auge zuzudrücken. Er hat mich gebeten, ihm in dieser Angelegenheit einen Rat zu geben. Wir wissen beide, daß die Geschäfte nicht leicht sind in Ihrer Branche, aber Inspector Barnshaw hat gemeint, daß Sie mir vielleicht trotzdem helfen könnten.»
      «Selbstverständlich, Sir. Was immer Sie wünschen ...»
      «Wir glauben, daß der Schmuck, den der Constable in Ihrer Auslage gesehen hat, einer alten Dame aus Eastvale gestohlen wurde. Es wäre also hilfreich für uns - und für Sie -, wenn Sie mir die Person beschreiben könnten, die Ihnen die Stücke angeboten hat.»
      Crutchley zerfurchte sein Gesicht in angestrengten Denkfalten. Kein besonders angenehmer Anblick, fand Banks, wandte sich ab und betrachtete angelegentlich die ausgestopften Vögel,
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