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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter
Autoren: Jakob M. Soedher
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einen. Schielin erfuhr nichts Neues, genoss aber den weiten Blick über die blaue Fläche des Sees, hinüber in die Berge, aus deren Linie der Säntis emporwuchs und mit schneeglänzender Nordseite dem See zuwies. Die Droste musste das genauso gesehen haben, als sie ihre Säntis-Gedichte geschrieben hatte.

    O Säntis, Säntis! Läg’ ich doch
    Dort, – grad’ an deinem Felsenjoch,
    Wo sich die klaren, weißen Decken
    So frisch und saftig drüben strecken,
    Viel tausend blanker Tropfen Spiel;
    Glücksel’ger Säntis, dir ist kühl!

    Der Chef des Bades hörte sich Schielins Fragen mit unveränderter Miene an und sah dann hinaus aufs Wasser, während er in seiner Erinnerung nach dem vergangenen Samstag suchte.
    Nein, ihm war nichts aufgefallen, an jenem Samstagmorgen.
    Schielin traf den Hundeführer schon weit vorne, an der Villa Giebelbach. Mit leisen, fordernden Tönen trieb er das Tier an, das mit wedelndem Schwanz, die Nase aufgeregt über dem Boden schnüffelnd, in Richtung Giebelbachstraße eilte.
    »Hat er was gefunden?«, fragte Schielin, und ließ es sein nachzufragen, als er keine Antwort erhielt. Er störte.
    Der Hund zog zwischen Villa Giebelbach und der Kastanienreihe vorbei, als gäbe es nicht dieses friedliche Bild der Bänke und der Menschen, die dort saßen, und schauten, und ruhten, und sannen. Einigen fiel das Spektakel auf und an der Konzentration des Hundeführers konnte es den Aufmerksamen nicht entgehen, mit einem echten Einsatz konfrontiert zu sein. Hier ging es um etwas.
    Schielin war immer noch skeptisch. Bis zu dem Augenblick, in welchem er beobachtete, wie der Hund auf halbem Weg zum Knick an der Sliprampe innehielt, sich drehte, ein paar Meter nach vorne, wieder zurück, zur Seite und schließlich nach rechts auf die Rasenfläche wechselte. Von dort schnürte er geradewegs auf die Schrebergärten zu. Schielin blieb wie angewurzelt am Uferweg stehen und sah hinüber, auf die blühenden und duftenden Parzellen des Glücks. Über leuchtenden Rosen und grünen Hecken lugten die Dächer der Gartenlauben. Weit dahinter, schon oben an der Friedrichshafener Straße, war die Villa Rosenhof zu sehen und daneben der eckige Turm von St. Ludwig. Schielin telefonierte nach Verstärkung, bevor er dem Hundeführer folgte. An einem rostigen Eisentürchen endete die Nachsuche.
    Ein offensichtlich brachliegender Schrebergarten lag dahinter, denn das Gras stand hoch, die Beete waren nur noch rudimentär als solche zu erkennen, Efeu hatte die Rosensträucher erobert und die Beerensträucher waren voller Wassertriebe. Schielin sah sich um. Kein Mensch war in den Nachbargärten zu sehen, den er hätte fragen können. Er wollte erst die Ankunft von Wenzel abwarten. Vom Weg her kam eine lange Gestalt, groß und kräftig, auf den Schultern ein Plastiksack mit Gartenerde. Noch leuchtender als die Plastikverpackung war die schlohweiße Mähne. Der Mann ging geradewegs zu einem der Gärten. Vielleicht konnte er etwas über die verlassene Parzelle sagen.
    Einem Doktor aus München habe sie gehört, der sie von seinen Eltern geerbt und über den Garten den Kontakt nach Lindau gehalten habe. Es sei nun schon der zweite Sommer, in welchem die Parzelle verwahrloste – Erbengemeinschaft.

    Wenzel, Lydia und Kimmel waren von der Wackerstraße hergekommen und direkt bis vor die Gartenreihe gefahren. Während Wenzel und Lydia begannen, die Gartenparzelle, vor allem die heruntergekommene Laube, in Augenschein zu nehmen, klemmte Kimmel das Blaulicht auf das Dach. Mit einem Male war nicht der freie Blick über den See zu den Bergen hin und auf die Hintere Insel von Interesse für die Vorbeikommenden. Schnell verband sich, was sonst getrennte Wege ging – Radfahrer, Fußgänger, Skater, Gehbehinderte und Jogger zu neugierigen Menschenbündeln. Es wurde getuschelt. Einige Feierabendgärtner blieben im Schatten der Bäume und folgten dem an dieser Stelle ungewöhnlichen Ereignis mit wachem Interesse. Gießkannen, Harken, Gartenscheren und Rasenmäher ruhten.

    Kimmel wartete mit Schielin gespannt im Zugang. »Du liegst mit Grohm richtig, nicht wahr?«, suchte Kimmel seine Anspannung zu lösen. Schielin musste doch schon mehr wissen.
    »Der Hund hat seine Spur aufgenommen und uns hergeführt, aber das muss noch gar nichts bedeuten. Er kann sich ja auch hierher zurückgezogen haben, um zu entspannen.«
    »Dann hätte er das doch gesagt, wieso hat er das Gärtchen denn verschwiegen?«, meinte Kimmel.
    »Wenn wir hier nichts
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