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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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verschwand durch die Hintertür.
    Brian wartete, bis er die Außentür mit einem lauten Krachen ins Schloß fallen hörte, bevor er sich ein Grinsen erlaubte. Diesen kleinen Machtkampf hatte er wohl gewonnen, und er beschloß, sich zur Belohnung ihre Waffel schmecken zu lassen. Er ließ sie gerade auf den Teller gleiten, als die Tür aufflog.
    Lexy warf sich kurz in Pose, eher eine alte Gewohnheit als der Versuch, ihren Bruder zu beeindrucken. Ihre üppige Haarpracht ringelte sich in zahllosen Spirallocken bis auf die Schultern hinab und leuchtete in ihrer aktuellen Lieblingsfarbe: renaissancerot.
    Sie mochte diesen Tizian-Look und betrachtete ihn gegenüber dem Vanilleblond, das sie in den vergangenen Jahren getragen hatte, als enorme Erleichterung. Blond zu sein bedeutete nämlich eine ganze Menge Arbeit.
    Das Renaissancerot war nur eine Nuance heller und leuchtender als ihr natürlicher Haarton und paßte gut zu ihrem Teint, dem milchigen Weiß mit einem Anflug Rosa. Von ihrem Vater hatte sie die changierenden haselnußbraunen Augen geerbt. An diesem Morgen erschienen sie dunkler, so wie das Meer an einem bewölkten Tag, und waren sorgfältig mit Eyeliner und Wimperntusche geschminkt.
    »Waffeln«, bemerkte sie. Ihre Stimme klang wie das Schnurren einer Katze. Sie hatte es so lange geübt, bis es ganz natürlich klang. »Mmmh, lecker.«
    Unbeeindruckt riß Brian die erste Ecke heraus und stopfte sie sich in den Mund. »Ist meine.«
    Lexy schüttelte ihre Zigeunermähne zurück, schlenderte zu der Frühstückstheke und setzte einen hübschen Schmollmund auf. Sie klimperte mit den Lidern und schenkte ihrem Bruder, als er ihr den Teller zuschob, ein betörendes Lächeln. »Danke, mein Süßer.« Sie legte ihre Hand auf seine Wange und drückte ihm einen Kuß auf die andere.
    Lexy hatte die für eine Hathaway untypische Angewohnheit, andere zu berühren, zu küssen und zu umarmen. Brian konnte sich erinnern, daß sich Lexy nach dem Verschwinden ihrer Mutter oft wie ein junges Hündchen in die Arme der anderen geschmiegt hatte und gestreichelt sein wollte. Mein
Gott, dachte er, damals war sie erst vier. Er wuschelte ihr durchs Haar und reichte ihr den Sirup.
    »Ist schon jemand auf?«
    »Hmm, das Paar im blauen Zimmer zerwühlt gerade die Betten, und Tante Kate duscht.«
    »Ich dachte, du wärst heute mit dem Frühstück dran.«
    »Bin ich auch«, antwortete sie mit vollem Mund.
    Er musterte kritisch ihr kurzes, hauchdünnes, wild gemustertes Kleid. »Ist das deine neue Uniform?«
    Sie schlug die langen Beine übereinander und ließ ein Stück Waffel zwischen ihre Lippen gleiten. »Gefällt sie dir?«
    »Du wirst dich mit den Trinkgeldern bald zur Ruhe setzen können.«
    »Klar.« Sie lachte kurz auf und schob die Waffel auf ihrem Teller herum. »Davon hab’ ich schon immer geträumt: irgendwelchen Leuten Essen servieren, ihr schmutziges Geschirr abräumen und ihr überflüssiges Kleingeld einstecken, damit ich mich eines Tages in Glanz und Gloria zur Ruhe setzen kann.«
    »Wir haben alle unsere geheimen Phantasien«, sagte Brian leichthin und setzte eine Tasse Kaffee mit viel Milch und viel Zucker neben ihr ab. Er verstand ihre Verbitterung und Enttäuschung, auch wenn er ihr nicht zustimmen konnte. Er liebte seine Schwester, und deshalb fragte er sie feixend: »Möchtest du meine hören?«
    »Du willst bestimmt den Betty-Crocker-Rezept-Wettbewerb gewinnen.«
    »Hey, das wär ’ doch was!«
    »Ich wäre beinahe berühmt geworden, Bri.«
    »Aber du bist doch berühmt. Alexa Hathaway, die Insel-Prinzessin.«
    Sie rollte die Augen und griff nach der Kaffeetasse. »Ich hab’ nicht mal ein Jahr in New York überstanden. Nicht mal ein verdammtes Jahr!«
    »Wer will das schon?« Allein bei der Vorstellung wurde ihm übel. Überall Gedränge, Verkehr, Gestank.
    »Ist nicht so einfach, auf Desire Schauspielerin zu werden.«
    »Wenn du mich fragst, Schatz, du machst es ganz prima. Und wenn du schmollen willst, nimmst du die Waffeln am besten
mit hoch in dein Zimmer. Du verdirbst mir nämlich die gute Laune.«
    »Du hast’s gut.« Energisch schob sie die Waffeln von sich. Brian erwischte den Teller gerade noch rechtzeitig, bevor er von der Tischplatte rutschte. »Du hast hier alles, was du willst. Du lebst einfach so vor dich hin, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Du machst immer wieder die gleichen Dinge. Daddy hat dir das Haus praktisch übergeben, damit er den ganzen Tag lang über die Insel trotten und aufpassen kann, daß
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