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Insel der glühenden Sonne

Titel: Insel der glühenden Sonne
Autoren: Patricia Shaw
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»Assistenten« an Bord zu gehen.
            Später bedauerte der Pastor, den Männern die Gefangenenquartiere gezeigt zu haben. Er selbst hatte sich mittlerweile an die Bedingungen gewöhnt und konzentrierte sich auf die einzelnen Menschen, denen er in der kurzen Zeit, die ihm blieb, helfen wollte, doch die Väter der Deportierten waren erschüttert. Nun sahen sie selbst, welches Elend und welche Erniedrigung ihre Söhne erfahren haben mussten.
            O’Neill und der Colonel richteten ihre Wut gegen den Kapitän, der sie umgehend an Land bringen ließ.
            Sie kehrten in ein Pub ein, wo sie mit einigen Whiskys ihre Nerven beruhigten und sich mit dem Wissen trösteten, dass ihre Söhne Hobart sicher erreicht hatten. Beide hatten Briefe von dort geschrieben. Doch die Erfahrung bewog die beiden Väter, dem Pastor die dringend benötigte finanzielle Unterstützung zu liefern, und Cookson konnte wenige Tage später Räume in der Nähe der East India Company beziehen. Auch wurde eine Stiftung zugunsten von R. J. Cookson, Priester, gegründet.
            Beim Abschied versprachen sie einander, in Verbindung zu bleiben, und der Pastor schenkte ihnen kleine Schiffsglocken, auf denen der Name der Deportiertenmission Portsmouth eingraviert war.
            Das Leben geht weiter, dachte er, als er zu seinem neuen Heim zurückkehrte; es geht immer voran. Die Gesichter der Verbannten verblassen mit der Zeit. Die meisten werden ihre Familien nie wieder sehen, denn die Gerichte kümmern sich nicht darum, wie die Gefangenen nach sieben, zehn oder fünfzehn Jahren in Van Diemen’s Land in die Heimat zurückkommen.
            Er brachte es nicht übers Herz, die Familien, die ihn aus allen Winkeln der britischen Inseln anschrieben, auf diese Gesetzeslücke aufmerksam zu machen.
            Er konnte ihnen nur Trost spenden und für sie beten.
            Es schneite stark, als er seine Haustür erreichte. Zum Glück hatte er das Kaminfeuer angelassen.
            In dieser Nacht tobte ein Sturm über Portsmouth, und ein weiteres Sträflingsschiff kämpfte sich auf den Atlantik hinaus. Er dachte an Angus McLeod und Willem Rothery, den jungen Matt O’Neill und seinen Cousin Sean Shanahan … und ihn überkam eine Vorahnung. Er versuchte, sie abzuschütteln, indem er laut aus der Bibel las, doch als die Kerze flackernd erlosch, brach er in Tränen aus.
            »Möge der Herr sie segnen und beschützen«, rief er in die Dunkelheit hinaus.

2. Kapitel
     
      2. Kapitel

 

  1837

 
            Auf der belebten Straße schlurften vierzig Männer in fadenscheinigen Hemden und Hosen, die auf Halbmast hingen, dem Lager entgegen, die Schultern von Müdigkeit gebeugt, die staubigen Füße mit klirrenden Ketten beschwert. Ein brauner Hund schoss aus dem Schatten einer Veranda auf sie zu, knurrte, überlegte es sich anders und verkroch sich wieder. Ein Reiter in Tweedjacke und Zylinder hatte sein Pferd gezügelt, um ihnen auszuweichen, und zwei Mädchen aus der so genannten Frauenfabrik wackelten kess mit dem Hintern. Nur sie schienen die Sträflinge, die in dieser Gegend zum alltäglichen Anblick geworden waren, überhaupt zu beachten.
            »Was würdest du für eine von denen geben?«, murmelte Freddy Hines.
            »Bloß nicht, die Große ist Bobbee Rich«, knurrte der Mann hinter ihm. Angus McLeod senkte den Kopf und blickte verstohlen nach hinten zu der Frau, die als wahrer Albtraum galt. Die Stahlspitze einer Peitsche zischte über seinen Rücken, als der berittene Aufseher »Maul halten!« brüllte.
            Angus zuckte nicht einmal. Sein Hass auf diesen Ort und diese Menschen war so groß, dass er im Geist ständig kampfbereit war und den Aufstand plante. Fünf Jahre war er nun in Hobart, hatte die entsetzlichen Sommer und grausamen Winter ertragen, in denen die vernichtenden Stürme aus der Antarktis über die Insel tobten. Noch immer fasste er es nicht, dass man ihn von einem Gefängnis in Glasgow in ein anderes Gefängnis in der südlichen Hemisphäre transportiert hatte, ohne dass seine Familie davon erfuhr und er die Möglichkeit erhielt, Berufung einzulegen. Man hatte ihn mit Tausenden anderer Menschen verbannt, unter denen sich alle Spielarten vom ungehorsamen Dienstboten bis hin zum schlimmsten Verbrecher fanden. Sein eigenes Vergehen konnte man als schlichte Dummheit bezeichnen, über die er in den letzten Jahren gründlich
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