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Insel der glühenden Sonne

Titel: Insel der glühenden Sonne
Autoren: Patricia Shaw
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er wirklich mit?«
            Der Wärter sah ihn verblüfft an. »Natürlich. Wir haben schon Jüngere weggeschickt. Ist aber nicht so übel. Da draußen gibt es eine Schule. Ehrlich«, bekräftigte er, »da sind sie besser dran als hier, können was lernen, einen Beruf und so weiter.«
            Ein anderer Wärter beugte sich mit höhnischem Grinsen vor. »Falls sie die Reise überleben.«
            Tieftraurig kehrte der Pastor vom Hafen zurück und wünschte, er wäre dreißig Jahre jünger, denn diese Mission wäre eine Offenbarung für ihn gewesen. Zuerst hatte ihn die Vorstellung, den schlimmsten Sündern des Königreichs zu begegnen, ein wenig nervös gemacht. Männern, die angeblich so verdorben und boshaft waren, dass man sie ans andere Ende des Globus schickte, möglichst weit entfernt von Großbritannien. Die ganze Nacht hatte er um Mut gebetet, bevor er die Höhle des Löwen betrat.
            Mut?, fragte er sich nun. Was für ein Dummkopf war er gewesen, der Propaganda Glauben zu schenken, denn mehr als das waren die Worte seines Bischofs von den »schlimmsten Sündern des Königreichs« nicht gewesen.
            Nun wusste er, wie grausam und falsch dieses Gerede war. Wenn diese Männer die schlimmsten im Königreich sind, dachte er bei sich, ist die Gesellschaft in einem ausgesprochen guten Zustand.
            Er wünschte, er hätte mit den Verbannten reisen und in der Strafkolonie eine Gemeinde gründen können. Doch er schüttelte den Kopf. Es war tragisch, wenn man seine wahre Berufung zu spät erkannte.
             
            Monate vergingen, und Pastor Cookson, der nach Hause zurückgekehrt war, erhielt die unterschiedlichsten Reaktionen auf seine Nachrichten. Hatte der Gefangene Geld für seine Familie hinterlassen? Welche Entschädigung stand einer Witwe zu, deren Mann auf See ertrank? Wann konnte man den Gefangenen besuchen? Viele schienen zu glauben, Van Diemen’s Land läge in der Nähe der Isle of Wight oder gleich jenseits des Kanals in Frankreich. Andere sorgten sich, ihre Liebsten könnten von Wilden ermordet werden … eine Frau äußerte sogar die Hoffnung, ihr Mann möge dort ein übles Ende finden. Doch die meisten wollten oder konnten nicht antworten.
            Ein Brief verblüffte ihn jedoch. Er stammte von einem öffentlichen Schreiber und war im Namen von Angus McLeods Eltern abgefasst.
             Mr. und Mrs. Gus McLeod wollen nichts mehr von ihrem Sohn Angus hören, der dem Familiennamen Schande eingebracht hat, als man ihn wegen Teilnahme an einer aufrührerischen Versammlung und Sachbeschädigung verhaftete. Es sind arme Menschen, stolz auf ihre Kirche und Gottes allmächtige Vorsehung. Sie weisen den Sohn von sich, der seine Pflicht, für die Eltern und die alte Großmutter zu sorgen, vernachlässigt hat, indem er leichtfertig an öffentlichen Ausschreitungen teilnahm.
     
            Der Brief klang kalt und herzlos und enthielt keine eindeutigen Anweisungen, wie mit ihm zu verfahren sei. Pastor Cookson entschloss sich daher, den Sohn nicht über die Haltung seiner Eltern zu informieren. Es würde ohnehin Monate dauern, bis ihn der Brief erreichte, und er hoffte, dass diese kaltherzigen Menschen ihre Meinung bis dahin ändern würden.
            Ein wenig nervös zog der Pastor den nächsten Brief aus dem Stapel und erkannte den Namen Rothery, als er das Siegel erbrach. Doch seine Angst war unbegründet. Der Colonel hatte sich bereits um seinen Sohn gesorgt, der sowohl die Stelle bei der Bank als auch die Wohnung in der Oxford Street gekündigt hatte, ohne seine Familie davon in Kenntnis zu setzen. Er war erleichtert, wenn auch sehr niedergeschlagen, als er erfuhr, was seinem Sohn widerfahren war.
            Seine Antwort war ein Musterbeispiel des Mitgefühls, von dem die McLeods durchaus hätten lernen können, doch dann schalt Cookson sich, weil er arme Menschen, die ohnehin in ständiger Angst und Sorge lebten, verurteilte.
            Colonel Rothery dankte dem Pastor für seine Freundlichkeit und versicherte, Willem genieße auch in der Verbannung die volle Unterstützung seiner Familie.
             
            Die Hilfe für die Deportierten nahm zunehmend Raum in Pastor Cooksons Leben ein. Er besuchte Männer und Frauen in Gefängnissen und auf Transportschiffen und sprach ihren Familien Trost zu. Die Angst vor dem Unbekannten, dem Ende der Welt, beherrschte diese Menschen,
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