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Insel der Freibeuter

Insel der Freibeuter

Titel: Insel der Freibeuter
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa
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darf man wissen, was du hier
    treibst?« lautete logischerweise die erste Frage des Offiziers, als der keuchende Junge sein Ziel erreicht hatte. »Ich habe dir doch verboten, auf die Insel zu-rückzukehren.«
    »Meinem Vater habt Ihr es verboten, nicht mir«,
    entgegnete der furchtlose Junge. »Und der hat nicht die geringste Absicht, auch nur einen Fuß auf Margarita zu setzen.«
    »Wo ist er denn?«
    Sebastian deutete auf das elegante Schiff in der
    Bucht.
    »An Bord«, sagte er.
    »An Bord der Jacare?« wunderte sich sein Gegen-
    über. »Wie gibt’s denn so was?«
    »Sie haben uns aufgenommen, als wir kurz davor
    waren, unterzugehen.«
    In aller Kürze erzählte der aufgeweckte Junge, was ihm zugestoßen war, seitdem er die Insel verlassen hatte, und schloß mit einem für seine Jugend unan-gemessenen Ernst.
    »Aus diesem Grund bin ich zunächst zu Euch ge-
    kommen. Ich wollte nichts unternehmen, was Euch
    schaden könnte. Dafür verdanke ich Euch zuviel.«
    »Gar nichts verdankst du mir«, beeilte sich der Offizier zu antworten. »Und was das Schaden betrifft: Was soll ich schon machen, wenn ein Schiff außer
    Reichweite meiner Kanonen vor der Küste ankert.«
    Mit süffisantem Lächeln fuhr er fort: »Natürlich
    kann ich eine Nachricht nach La Asunción schicken, und die können wiederum aus Cumaná ein Kriegsschiff anfordern, das es mit der Jacare aufnehmen kann.«
    »Und wann käme das?« wollte Sebastian wissen.
    »Im günstigsten Fall in zwei Wochen, oder auch
    gar nicht. Sehr wahrscheinlich gar nicht.«
    »Sind denn gar keine Kriegsschiffe in der Nähe?«
    »Nicht daß ich wüßte«, lautete die Antwort. »Al-
    lerdings habe ich genügend Soldaten hier, um die
    Insel gegen eine Handvoll Piraten zu verteidigen.«
    Der grobschlächtige Hauptmann nahm auf einer der
    Kanonen Platz, legte sein schweres Fernglas zur
    Seite und fuhr dem mutigen Jungen liebevoll durchs zerzauste Haar: »Mit Piraten habe ich nichts am Hut, aber die Beamten der Casa kann ich wahrscheinlich noch weniger ausstehen. Immerhin riskieren die Piraten, daß man sie aufhängt, während diese Schwei-ne tausendmal mehr rauben, und das unter dem
    Schutz der Justiz.« Er zog ihn heftig an den Ohren.
    »Wenn die Piraten also die Casa berauben und die
    Waren zu einem anständigen Preis an die armen
    Leute losschlagen, dann von mir aus. Ich werde keinen Fuß ins Wasser setzen, um sie aufzuhalten, solange keiner von ihnen an Land geht.«
    Der Junge streckte ihm die Hand entgegen, als wol-le er einen Pakt besiegeln.
    »Gilt das Abkommen?« wollte er wissen.
    Eine heftige Kopfnuß war die Antwort, worauf sich der Junge klagend die schmerzende Beule rieb.
    »Was für ein Abkommen?« bellte der verdutzte Of-
    fizier. »Seit wann schließt ein Hauptmann des Kö-
    nigs ein Abkommen mit einem Knirps? Das wär ja
    noch schöner!«
    »Regt Euch doch nicht auf!«
    »Wenn du unverschämt wirst, dann werde ich wohl
    noch wütend werden dürfen. Und jetzt scher dich
    zum Teufel und denk dran, daß du zwei Meilen Ab-
    stand zur Küste hältst.«
    Sebastián nickte und ging die Steintreppe zum
    Strand hinunter. Doch schon auf der ersten Stufe
    drehte er sich um und fragte in einem ganz anderen Ton:
    »Wißt Ihr etwas von meiner Schwester?«
    »Nur daß sie im Haus dieses Hurensohns lebt.«
    Hauptmann Mendana hielt kurz inne, bevor er mit
    leicht ironischem Lächeln fortfuhr: »Aber mach dir keine Sorgen. Ich hab dir schon gesagt, daß deine Mutter dafür sorgt, daß es ihr an nichts fehlt.«
    »Und ich habe Euch gesagt, daß sie nicht mehr
    meine Mutter ist«, lautete die trockene Antwort.
    »Meine Mutter ist gestorben.«
    Unter den aufmerksamen Augen des Offiziers setz-
    te er seinen Rückweg fort, kletterte in ein am Strand liegendes Boot und bat mit erhobenen Händen um
    Ruhe.
    »Auf diesem Schiff gibt es alles, was ihr nur brauchen könnt. Und ab morgen früh wird das alles für ein Zehntel des Preises verkauft, den die Casa von euch verlangt. Doch denkt dran, wir nehmen nur
    Perlen an.«
    Der Handel galt.
    Für den pfiffigen Sebastián Heredia war es das erste große Geschäft seines Lebens. Sogar die Taue, Fässer und Segel der Nueva Esperanza schlug er los, und beinahe hätte er sogar noch den Anker verhö-
    kert, denn jeden Morgen strömten die Einheimischen aus allen Dörfern der Insel herbei, um zu Schleuder-preisen alles zu erwerben, was sie stets gebraucht und nie erhalten hatten.
    In tiefer Nacht fuhren die Perlenfischer mit der
    ganzen Familie aufs
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