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Inferno

Inferno

Titel: Inferno
Autoren: Dan Brown
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zog die beiden Hälften des zerbrochenen Amuletts hervor. Sie hielt sie fest in der Hand.
    »Geben Sie diesen Äskulap-Anhänger nicht auf!«, rief Langdon ihr hinterher. »Er ist reparabel.«
    »Danke«, antwortete Sinskey und winkte. »Ich hoffe, das gilt für alles andere auch.«
    Sienna Brooks stand allein am Fenster und starrte hinaus auf die Lichter der Landebahn, die im Nebel und den tief hängenden Wolken gespenstisch wirkten. Auf dem Kontrollturm in einiger Entfernung wehte die türkische Fahne; auf ihrem roten Grund prangten die antiken Symbole von Stern und Halbmond: Überbleibsel des stolzen Osmanischen Weltreiches.
    »Einen Piaster für Ihre Gedanken«, sagte eine tiefe Stimme hinter Sienna.
    Sie blickte sich nicht um. »Ein Sturm zieht auf.«
    »Ich weiß«, antwortete Langdon leise.
    Nach einem langen Moment wandte sie sich ihm zu. »Ich wünschte, Sie würden mitkommen nach Genf.«
    »Das ist lieb von Ihnen«, antwortete er. »Aber Sie werden viel Zeit damit verbringen, über die Zukunft zu reden. Ein altmodischer College-Professor ist das Letzte, was Sie dabei gebrauchen können.«
    Sie sah ihn mit einem unergründlichen Blick an. »Sie denken, Sie sind zu alt für mich, nicht wahr?«
    Langdon lachte laut auf. »Sienna, ich bin definitiv zu alt für Sie.«
    Sie trat verlegen von einem Bein auf das andere. »Okay … aber Sie wissen, wo Sie mich finden.« Sie lächelte mädchenhaft. »Ich meine, für den Fall, dass Sie mich jemals wiedersehen möchten.«
    Er lächelte sie an. »Ich würde mich freuen.«
    Seine Antwort hob ihre Stimmung ein wenig. Trotzdem zog sich das Schweigen zwischen ihnen in die Länge – keiner von beiden wusste so recht, wie er sich verabschieden sollte.
    Als Sienna dem amerikanischen Professor in die Augen sah, überkam sie ein Anflug ungewohnter Emotionen. Ohne Vorwarnung stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Lippen. Als sie sich wieder von ihm löste, waren ihre Augen tränennass. »Ich werde dich vermissen«, flüsterte sie.
    Langdon lächelte zärtlich und umarmte sie. »Ich dich auch.«
    Lange standen sie da, in einer Umarmung verschlungen, die keiner zu beenden wollen schien. Schließlich brach Langdon den Bann. »Es gibt ein altes Sprichwort, das häufig Dante zugeschrieben wird«, sagte er leise. »›Vergiss nicht den heutigen Tag – er ist der Anfang der Ewigkeit‹.«
    »Danke, Robert«, sagte sie. Tränen rannen ihr über die Wangen. »Endlich habe ich das Gefühl, mein Leben hat einen Sinn.«
    Langdon zog sie fester an sich. »Du hast gesagt, du wolltest die Welt retten, Sienna. Das könnte deine Chance sein.«
    Auf dem Weg zu der wartenden C-130 dachte sie über alles nach, was passiert war … was noch passieren könnte … es gab so viele mögliche Verläufe der Zukunft.
    Vergiss nicht den heutigen Tag – er ist der Anfang der Ewigkeit .
    Als Sienna in ihr Flugzeug stieg, betete sie, dass Dante Recht hatte.

KAPITEL 104
    Die blasse Nachmittagssonne hing tief über der Piazza del Duomo. Sie glänzte auf der bunten Fassade des Campanile und warf lange Schatten auf die prachtvolle Cattedrale di Santa Maria del Fiore.
    Der Trauergottesdienst für Ignazio Busoni hatte gerade begonnen, als Robert Langdon in die Kathedrale schlüpfte und sich einen Sitzplatz suchte. Er freute sich über die Tatsache, dass man Busonis Leben hier in dieser zeitlosen Basilika gedachte, die er so viele Jahre gehütet hatte.
    Trotz der farbenprächtigen Fassade war der Innenraum des berühmten Bauwerks schlicht und karg. An diesem Tag jedoch schien das asketische Gotteshaus eine Aura der Feierlichkeit auszustrahlen. Von überall aus Italien waren Freunde, Kollegen aus der Welt der Kunst, Politiker und hohe Beamte angereist, um des jovialen Berges von Mann zu gedenken, den sie liebevoll il Duomino genannt hatten – den kleinen Dom.
    Die Medien hatten berichtet, dass Busoni bei einer seiner Lieblingsbeschäftigungen gestorben war – einem nächtlichen Spaziergang um il Duomo.
    Der Ton der Feier war überraschend fröhlich. Freunde und Verwandte gaben humorvolle Anekdoten zum Besten, und ein Kollege bemerkte, Busoni habe einmal über sich selbst gesagt, seine Liebe zur Kunst der Renaissance würde nur noch übertroffen von seiner Liebe zu spaghetti Bolognese und budino di caramello .
    Nach der Messe, als sich die Trauergäste mischten und sich gegenseitig liebevolle Geschichten aus il Duominos Leben erzählten, wanderte Langdon durch den Innenraum des Doms
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