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Inferno

Inferno

Titel: Inferno
Autoren: Dan Brown
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Metropole wie ein futuristischer Monolith.
    Fast eine Stunde war vergangen, seit Sinskey die Zisterne verlassen hatte, um hier im Konsulat eine vorläufige Einsatzzentrale zu errichten. Die lokalen Nachrichten kannten nur ein Thema: die panikartige Flucht der Konzertbesucher während der letzten Aufführung von Liszts Dante-Symphonie. Bisher wusste niemand Genaueres, doch kursierten wilde Spekulationen über die Anwesenheit eines Einsatzteams der WHO in weißen Hazmat-Suits mit Atemmasken.
    Sinskey starrte aus dem Fenster auf die Stadt und fühlte sich unendlich allein. Gedankenverloren wollte sie über das Amulett an ihrem Hals streichen, doch es war nicht mehr da. Die beiden Hälften des zerbrochenen Talismans lagen in ihrer Schublade.
    Die Direktorin der WHO hatte bis eben eine Reihe von Dringlichkeitssitzungen koordiniert, die in wenigen Stunden in Genf beginnen würden. Spezialisten von verschiedenen Behörden und Organisationen waren bereits auf dem Weg, und Sinskey würde ebenfalls in Kürze aufbrechen, um sie zu informieren. Glücklicherweise hatte ihr jemand eine heiße Tasse echten türkischen Kaffees gebracht, die Sinskey rasch geleert hatte.
    Ein junger Mann vom Konsularischen Stab steckte den Kopf durch die Tür. »Madame? Robert Langdon ist hier, um Sie zu sprechen.«
    »Danke sehr«, antwortete sie. »Schicken Sie ihn herein.«
    Zwanzig Minuten zuvor hatte Langdon sich telefonisch bei Sinskey gemeldet und erklärt, dass Sienna Brooks entwischt war. Sie habe ein Motorboot gestohlen und sei auf das Meer hinaus geflohen. Sinskey war bereits von den Behörden informiert worden. Sie suchten gegenwärtig das Gebiet ab, bisher jedoch ohne Erfolg.
    Als Langdon in der Tür erschien, erkannte sie ihn kaum wieder. Sein Anzug war verdreckt, sein dunkles Haar wirr, seine Augen gerötet und das Gesicht eingefallen.
    Sinskey erhob sich. »Professor, ist alles in Ordnung?«
    Langdon lächelte müde. »Ich hatte schon bessere Abende.«
    »Bitte setzen Sie sich doch.« Sie deutete auf einen Sessel.
    »Zobrists Pathogen ist möglicherweise bereits vor einer Woche freigesetzt worden«, begann Langdon ohne Umschweife, während er Platz nahm.
    Sinskey nickte geduldig. »Ja. Wir sind inzwischen zum gleichen Schluss gekommen. Bisher wurden keine Symptome gemeldet, doch wir konnten Proben isolieren und bereiten alles für intensive Testreihen vor. Unglücklicherweise könnte es Tage dauern, vielleicht sogar Wochen, bis wir genauer wissen, um was für ein Virus es sich handelt … und was es bewirkt.«
    »Es ist ein viraler Vektor«, sagte Langdon.
    Sinskey hob den Kopf, verblüfft darüber, dass Langdon diesen Begriff kannte. »Wie bitte?«
    »Zobrist hat einen viralen Vektor erschaffen, der sich durch die Luft verbreitet und die menschliche DNS modifiziert.«
    Sinskey erhob sich so abrupt, dass ihr Sessel nach hinten kippte. Das ist vollkommen unmöglich! »Wie kommen Sie dazu, so etwas zu behaupten?«
    »Sienna Brooks«, sagte Langdon leise. »Sie hat es mir erzählt. Vor einer halben Stunde.«
    Sinskey legte die Hände auf den Schreibtisch und starrte Langdon mit plötzlich erwachtem Misstrauen an. »Sie ist also nicht entkommen?«
    »O doch, das ist sie«, antwortete er. »Sie war entwischt. Sie saß in einem Boot mit Kurs auf das offene Meer, und sie hätte mit Leichtigkeit für immer verschwinden können. Doch dann hat sie es sich anders überlegt. Sie ist aus freien Stücken zurückgekommen. Sienna Brooks bietet uns ihre Hilfe an.«
    Sinskey lachte herb. »Verzeihen Sie mir, wenn ich nicht geneigt bin, Miss Brooks zu trauen – schon gar nicht angesichts einer derart weit hergeholten Behauptung.«
    »Ich glaube ihr«, sagte Langdon unerschütterlich. »Wenn Sienna Brooks sagt, es ist ein viraler Vektor, dann tun Sie gut daran, sie ernst zu nehmen.«
    Sinskey fühlte sich plötzlich erschöpft. Niedergeschlagen versuchte sie, Langdons Worten einen Sinn zu entnehmen, als sie zum Fenster trat und nach draußen blickte. Ein viraler Vektor, der die DNS verändert? So unwahrscheinlich und grauenhaft die Vorstellung war – sie musste einräumen, dass dahinter eine gewisse unheimliche Logik steckte. Schließlich war Bertrand Zobrist Genforscher gewesen. Er hatte gewusst, dass schon die kleinste Mutation eines einzelnen Gens katastrophale Auswirkungen auf einen Organismus haben konnte – Krebsgeschwülste, Organversagen, Blutkrankheiten. Selbst eine so abscheuliche Krankheit wie die zystische Fibrose wurde durch nichts
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