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In Todesangst

Titel: In Todesangst
Autoren: Linwood Barclay
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zurück.
    »Ich will bloß einen Fehlkauf vermeiden«, sagte Lorna. »Nicht, dass sich hinterher rausstellt, dass wir uns eine Gurke an Land gezogen haben.«
    »Honda verkauft keine Gurken«, sagte ich.
    Ich brauchte dringend einen Abschluss. Seit Syds Verschwinden hatte ich keinen einzigen Wagen verkauft. In der ersten Woche hatte ich mir freigenommen, doch statt zu Hause zu bleiben, hatte ich wie ein Verrückter achtzehn Stunden täglich nach ihr gesucht, war durch die Straßen gefahren, hatte die Einkaufszentren und Anlaufstellen für Jugendliche zwischen Milford und Stratford nach ihr durchkämmt. Schließlich hatte ich meine Suche auf Bridgeport und New Haven ausgeweitet, überall Fotos von Syd her umgezeigt. Ich kontaktierte jede ihrer Freundinnen, an die ich mich auch nur entfernt erinnern konnte.
    Wieder und wieder fuhr ich zum Just Inn Time und zerbrach mir den Kopf darüber, wo sie jeden Tag gewesen war, während sie mich in dem Glauben gelassen hatte, sie würde zur Arbeit fahren.
    In den letzten vierundzwanzig Tagen hatte ich kaum geschlafen.
    »Wissen Sie was?« Lorna sammelte die vor ihr liegenden Prospekte ein und stopfte sie in ihre übergroße Handtasche. »Ich glaube, wir sollten uns den Nissan noch mal ansehen.«
    »Warum nicht?«, sagte ich. »Die bauen hervorragende Autos.«
    Als ich mich erhob, um die beiden zu verabschieden, klingelte mein Telefon. Ich warf einen Blick aufs Display, erkannte die Nummer und ließ den Anrufbeantworter anspringen, obwohl mir klar war, dass dieser spezielle Anrufer mit ziemlicher Sicherheit keine weitere Nachricht hinterlassen würde.
    »Oh«, sagte Lorna und legte einen Satz Autoschlüssel auf meinen Schreibtisch. »Wir haben noch mal in dem Civic Probe gesessen«, sagte sie. »Die Schlüssel hier lagen im Getränkehalter – die hat bestimmt jemand vergessen, oder?«
    Es war jedes Mal dasselbe. Sie stieg in irgendeinen Wagen, entdeckte Schlüssel und lieferte sie bei mir ab. Ich hatte es aufgegeben, ihr zu erklären, dass es sich um eine Sicherheitsmaßnahme handelte; alle Wagen im Ausstellungsraum waren mit Ersatzschlüsseln ausgestattet, damit wir sie im Fall eines Brands aus dem Gebäude fahren konnten, sofern die Zeit es erlaubte.
    »Sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte ich. »Ich kümmere mich darum.«
    »Sie wollen doch nicht, dass plötzlich jemand mit einem Ihrer Wagen verduftet, oder?« Sie lachte.
    Dell sah aus, als würde er am liebsten auf der Stelle von dem Odyssey-Minivan überfahren werden, der in der Mitte des Showrooms stand.
    »Wir kommen vielleicht noch mal vorbei«, sagte Lorna.
    »Bestimmt«, sagte ich. Da ich nicht sonderlich scharf auf ein schnelles Wiedersehen war, fügte ich hinzu: »Sehen Sie auf jeden Fall auch bei Mitsubishi vorbei. Der neue Saturn lohnt eine Probefahrt.«
    »Oh«, sagte Lorna alarmiert, als könnte sie eine Marke übersehen haben. »Wie, sagten Sie, heißt die Firma?«
    »Mitsubishi.«
    Dell bedachte mich mit einem tödlichen Blick, aber das war mir egal. Sollte Lorna doch zur Abwechslung mal ein paar andere Autoverkäufer drangsalieren. Unter normalen Umständen hätte ich ihre Unentschlossenheit toleriert. Aber ich stand völlig neben mir, seit Syd spurlos verschwunden war.
    Kaum hatten sie den Ausstellungsraum verlassen, klingelte mein Telefon erneut. Kein Grund zur Aufregung. Es war ein interner Anruf.
    Ich nahm ab. »Tim hier.«
    »Hast du mal eine Minute Zeit?«
    »Klar«, sagte ich und legte wieder auf.
    Ein Civic, ein Odyssey, ein Pilot und ein kastenförmiger Honda Element mit Selbstmördertüren säumten meinen Weg, als ich ans andere Ende des Showrooms marschierte.
    Laura Cantrell wollte mich sprechen. Unsere Verkaufsleiterin. Mitte vierzig mit dem Körper einer Fünfundzwanzigjährigen, zweimal geschieden, seit vier Jahren Single, kastanienbraunes Haar, strahlend weiße Zähne, dunkelrote Lippen. Sie fuhr einen silbernen S2000, den nur in limitierter Stückzahl erhältlichen Honda-Zweisitzer, von dem wir etwa ein Dutzend pro Jahr verkauften.
    »Hallo, Tim, setz dich doch«, sagte sie, ohne aufzustehen. Da sie ein richtiges Büro hatte und nicht bloß einen Verschlag wie die einfachen Verkäufer, gab es sogar eine Tür, die ich hinter mir zumachen konnte.
    Schweigend nahm ich Platz. Mit Small Talk hatte ich dieser Tage nicht viel am Hut.
    »Na, wie geht’s?«, erkundigte sich Laura.
    Ich nickte. »Okay.«
    Sie deutete mit dem Kopf hinaus zum Parkplatz, wo Lorna und Dell gerade in ihren acht Jahre alten Buick
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