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In sueßer Ruh

In sueßer Ruh

Titel: In sueßer Ruh
Autoren: C. E. Lawrence
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den Kopf, lächelte breit und deutete auf ein rohes Stück Kebab.
    »Könnte ich das bitte haben?«
    »Natürlich, Sir«, antwortete Samir und schob es auf den heißen Grill.
    »Oh, nein – ich nehme es einfach so«, meinte der junge Mann und leckte sich die Lippen.
    Samir starrte ihn an. Er war sehr gepflegt. Sein glänzendes schwarzes Haar war ordentlich geschnitten und sein gestärktes weißes Hemd makellos. Er war extrem dünn und dem Anschein nach etwa neunzehn, konnte sicherlich aber auch älter sein. Das einzig Komische an ihm war diese große Schutzbrille, grün und aus dickem Gummi. Vielleicht kam der Kerl ja gerade aus dem Chemieunterricht. Samirs Sohn ging aufs College, und eines seiner Fächer war Chemie. Aber würde er sich für den Unterricht so anziehen?
    »Was macht das?«, fragte der junge Mann.
    »Äh, drei Dollar, bitte«, erwiderte Samir und reichte ihm in einer braunen Plastiktüte das rohe Fleisch.
    »Danke«, sagte der junge Mann und zog drei Dollarnoten aus der Tasche.
    »Vielen Dank, Sir«, antwortete Samir höflich. Er behandelte jeden Kunden stets mit Zuvorkommenheit.
    »Schönen Tag noch«, sagte der junge Mann mit einem freundlichen Lächeln und legte grüßend die Finger an die Stirn wie an einen Hut. Samir sah ihm nach, wie er in seinem gleichmäßig lockeren Schritt weiterging. Dieser junge Mann hatte etwas sehr Eigenartiges an sich, etwas wirklich äußerst Eigenartiges. Und nicht nur, weil er sein Fleisch roh haben wollte.
    Er musste allerdings nicht länger über die Begegnung nachgrübeln. Eine Gruppe katholischer Schulkinder in ihren blaugrün karierten Uniformen kam herbeigestürmt, ihre Hände umklammerten Dollarnoten, und alle schrien nach Limo oder Eis. So hatte Samir eine Weile alle Hände voll zu tun.
    Doch als er an diesem Abend nach Hause kam, erwähnte er den komischen Typen gegenüber seiner Frau Raina. »Ich weiß einfach nicht, was es war«, sagte er bei einem Teller Lammragout und Couscous in ihrer gemütlichen kleinen Küche in Brooklyn. »Aber dieser Junge war … anders.«
    Seine Frau zupfte sich ein Stück Minze aus der Salatschüssel und kaute nachdenklich darauf herum. »Wie meinst du das, anders?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Samir und wischte den Rest des Ragouts mit einem Stück Pita auf. »Anders eben. Komisch. Vielleicht nicht ganz richtig.«
    Raina lachte leise auf und pflückte sich ein Stückchen Lammfleisch zwischen den Zähnen hervor. »Du hast ja vielleicht eine blühende Phantasie, mein Lieber. Du solltest Schriftsteller werden und Bücher über all die komischen Leute schreiben, die dir über den Weg laufen.«
    Samir lächelte. »Stimmt – mir kommen bei der Arbeit wirklich viele seltsame Menschen unter. Aber der geht mir irgendwie im Kopf rum. Anscheinend kann ich den nicht vergessen.«
    Raina wischte sich mit der gebügelten Leinenserviette den Mund ab und fegte Krümel von ihrem langen, geblümten Rock. »Komm mal her, du mit der blühenden Phantasie. Ich werd dir was geben, das dich ihn vergessen lässt.«
    Samir kicherte und stand vom Tisch auf. Sie hatte so was Verschmitztes, seine Frau, und dafür liebte er sie. Er beugte sich über sie und bedeckte ihren Nacken mit Küssen. Sie lachte und wand sich, und sie lachten alle beide und küssten sich, das schmutzige Geschirr noch immer auf dem Tisch. Nach einer Weile gingen sie Arm in Arm hinauf ins Schlafzimmer, der Duft von Lamm lag schwer in der Luft.

KAPITEL 11
    Elena Krieger lächelte triumphierend, als sie ihren üppigen Körper auf die Kante von Chuck Mortons Schreibtisch platzierte und die Arme vor ihrem imposanten Busen verschränkte. Chuck würde es nicht besonders schätzen, sie an seinem Platz vorzufinden, dachte Lee. Er mochte es, sich bei Beratungen in seinem Büro an die Schreibtischkante zu lehnen. Lee überlegte, ob sie die Position absichtlich eingenommen hatte.
    »Also«, sagte sie, »ein neuer interessanter Fall. Schwierig, aber interessant.«
    »Ja«, meinte er und fuhr sich durch sein lockiges schwarzes Haar. Es wurde schon wieder zottig; er durfte nicht vergessen, es bald schneiden zu lassen.
    Krieger sog die Wangen ein und kaute an der Innenseite daran herum. Bei jedem anderen hätte das seltsam ausgesehen. Bei ihr war es sexy. Ihre ebenmäßigen, vollen Lippen waren rot geschminkt. Er suchte nach etwas, das er sagen könnte, das in keinerlei Zusammenhang mit Sex stand.
    »Wissen Sie, wo Chuck ist?«, fragte er schließlich und klang dabei wie ein kleiner Junge, der auf
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