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In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)

In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)

Titel: In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
Autoren: Volker Ferkau
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nachdem er jahrelang daran gearbeitet hatte, ein normaler Mensch zu sein, ein gesundes Mitglied der Gesellschaft.
    Sie beugte sich zu ihm, dann fuhr sie zurück, als hätte sie sich erschreckt, und sagte: »Liebe Güte. Das ist die falsche Spritze. Hätte ich dir das injiziert, wärest du in zehn Minuten gestorben. Wie konnte mir das passieren?«
    Vincent brach der Schweiß aus allen Poren. Gleichzeitig zitterte er. Spielte sie mit ihm, oder hatte sie sich wirklich geirrt? Ihrem Gesicht war nichts zu entnehmen. Hastig verstaute sie die Spritze und sagte lächelnd: »Hoffentlich passiert mir das nicht wieder. Es ist wohl besser, du schläfst dich aus. Morgen früh sehen wir weiter.«
    Sie ließ ihn alleine, und ein kühler Hauch trocknete seinen kalten Schweiß.
     
     
    Am nächsten Morgen, er hatte maßlosen Hunger, und der Durst quälte ihn furchtbar, kam Eva zu ihm. Sie trug seinen Morgenmantel mit dem blauen Hilton-Logo. Sie setzte sich auf die Bettkante und betrachtete seinen nackten Körper.
    Vincent fühlte sich hilflos wie ein Kleinkind und entwürdigt wie ein Sklave.
    »HSP«, sagte sie.
    Sein Kopf ruckte hoch. Seine Lippen klebten zusammen.
    »Du sagtest vor vier Jahren, dass du glaubst, ich sei hochsensibel. Mein Chefarzt hat das bestätigt. Weißt du, was das bedeutet?«
    Vincent blickte sie fragend an.
    »Ich glaube, du weißt es nicht wirklich, Vincent. Die Hochsensibilität ist ein Phänomen, bei dem Betroffene stärker als der Durchschnitt auf Reize reagieren, sie viel eingehender wahrnehmen und verarbeiten. Weißt du, dass mein Thalamus anders funktioniert als bei normalsensitiven Menschen? Ich stufe viel mehr Reize als wichtig ein, und diese Reize erreichen mein Bewusstsein. Es gelingt mir nicht, Sinneseindrücke aus meinem Bewusstsein zu filtern. Ich bin wie ein Hund oder eine Katze. Ich ahne, rieche, höre Dinge, bevor du sie wahrnimmst. Und das Schlimmste ist: Was für andere Menschen unwichtig ist, was sie verdrängen, um geistig gesund zu bleiben, bleibt im meinem Kopf. Ich fühle stärker, ich empfinde intensiver.«
    Das hatte Vincent beim Sex festgestellt, doch er hütete sich, dazu etwas zu sagen.
    »Mein Langzeitgedächtnis funktioniert besser als deines. Mein Harmoniebedürfnis ist größer, und Traumatisierungen finden einen gut gedüngten Nährboden.« Sie räusperte sich. »Ich will dich nicht langweilen, aber du solltest wissen, dass du Recht hattest. Vermutlich war das der Grund, warum ich dir auf die Schliche kam. Ansonsten wäre ich niemals auf die Idee gekommen, dich zu beschuldigen. Es war wie eine ... Schwingung. Ich bin jemand, der zweimal vor einem Bücherregal steht und bei zweiten Mal sofort das neue Buch sieht. Etwas, dass normale Menschen nicht wahrnehmen, und falls doch, aus Zufall.«
    »Durst«, stieß Vincent hervor.
    »Ja, ich kümmere mich darum.«
    »Hunger«, fügte er hinzu.
    Sie lächelte. Ihre Augen waren wie kalte Murmeln. »Hunger? Auf mich?«
    Bevor er antworten konnte, hatte sie den Bademantel abgelegt und sich auf ihn geschwungen. Und wieder reagierte er, obwohl er es nicht wollte, wirklich nicht wollte. Ihr junger, glatter Körper, der Esprit, den sie ausstrahlte, ihr Duft nach Seife und ihre warme Körpermitte nahmen Vincent gefangen.
    So also schloss sich der Kreis, dachte Vincent. Zuerst vergewaltigte ihn sein Vater und nun tat es eine junge Frau. Wo war der Unterschied?
    Es gab keinen. Nicht wirklich.
     
     
    Sie fütterte ihn mit Hühnersuppe und tränkte ihn mit Tee. Er versuchte, zu schlafen, doch die Furcht vor einer weiteren Spritze hielt ihn wach. Er wollte sie nach ihren Plänen zu fragen, doch sie gab sich unwissend. Sie lebte nur für den Augenblick, und Vincent überlegte, ob sie ihn allen Ernstes bestrafte, oder ob sie das, was geschah normal fand.
    Sie würde seinen Körper und seinen Geist ruinieren.
    Sie wirkte wie eine dieser Personen, die sich neben eine geliebte vertrocknete Leiche legen und mit ihr sprechen.

9
     
    Will Prenker hatte schlechte Laune. Er war zu einer Anhörung an den Tempelhofer Damm gerufen worden, wo das Landeskriminalamt residierte. Heute würde er ausgequetscht werden wie ein Zitrone, und schließlich würde er genauso sauer sein – wenn er Glück hatte. Wenn er Pech hatte, saß er in Untersuchungshaft.
    Das Telefon klingelte und Prenker nahm ab. Er gestattete der unbekannten Nummer mit ihm zu sprechen und traute seinen Ohren nicht.
    » Ich bin’s, Ice!«
    » Verdammt, wo hast du dich rumgetrieben?«
    » Hör zu,
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