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In Einer Zaertlichen Winternacht

In Einer Zaertlichen Winternacht

Titel: In Einer Zaertlichen Winternacht
Autoren: Linda Lael Miller
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Arm voller Holz hereingetragen und in
den großen Kamin direkt gegenüber seinem viel zu großen, viel zu leeren Bett
gelegt, so wie er es im Winter immer tat. Auch in Gracies Zimmer hatte er ein
knisterndes Feuer gemacht, damit sie und Theresa es schön warm hatten. Er
wusste, dass Kinder bei dieser Kälte schnell krank wurden. Doch heute Nacht
machte er sich nicht die Mühe, seinen Kamin anzuzünden.
    Er riss
sich die Kleider herunter, selbst die lange Winterunterwäsche, und glitt nackt
unter die Bettdecke. Als das eiskalte Leinen seine Haut berührte, fluchte er
leise. Nachts vermisste er Beth am meisten, wenn er an ihr leises Lachen und
die Wärme ihres Körpers dachte, wie sie sich an ihn geschmiegt und wie sie sich
zärtlich geliebt hatten.
    Heute war
es anders.
    Heute
konnte er nicht aufhören, über Juliana nachzudenken. Ihr kupferrotes Haar, die
Augen so blau wie feuchte Tinte auf dein weißesten Papier und die Art, wie sie
sich auf der Heimfahrt unter seinem Mantel an ihn gelehnt hatte.
    Wahrscheinlich
hatte er darum kein Feuer gemacht. Er bestrafte sich selbst für den Betrug an
Beth, der viel tiefer ging als die kurze Erleichterung, die er sich bei den
Dance-Hall-Mädchen in anderen Städten verschaffte. Allmächtiger Gott, er hatte
vorhin sogar das kleine bronzegerahmte Foto seiner verstorbenen Frau auf
Gracies Nachttisch studieren müssen, um sich in ihr Gesicht zu erinnern. Die
Erinnerungen an ihre Augen, ihre Nase und die Form ihres Munds hatten sich wie
trockene Blätter im Wind zerstreut, kaum dass er im Gemischtwarenladen den
ersten Blick auf Juliana geworfen hatte.
    Beth hätte
die Sache mit den losen Frauen bestimmt verstanden.
    Und selbst
eine per Katalog bestellte Ehefrau.
    Doch genau
hier, auf diesem Bett, ihre Hände umklammernd, hatte er ihr geschworen, sie für
immer und ewig zu lieben, bis er neben ihr zu Grabe getragen wurde.
    Lincolns
Augen schmerzten, als er daran dachte, wie tapfer sie gewesen war. Wie sie bei
seinem feierlichen Schwur gelächelt hatte, trotz ihrer schweren Krankheit, und
ihn gebeten hatte, sein Herz nicht zu verschließen. Um Gracies und um seiner
selbst willen.
    Aber das
hatte sie natürlich nicht so gemeint. Sie hatte immer Romane über Liebe, Mut
und vornehme Opferbereitschaft gelesen, das war alles. Als Frau mit
vergleichsweise wenig Schwächen war Beth jedoch manchmal äußerst
besitzergreifend gewesen. Ihre Eifersucht war bereits aufgelodert, wenn er vor
einer Frau, die jünger als sechzig war, den Hut gezogen oder ihr Lächeln
erwidert hatte.
    Er war
völlig vernarrt in seine Frau und ihr immer treu gewesen. Doch Beth' reicher
Vater hatte eine Geliebte gehabt, woraufhin ihre Mutter sich vollkommen von
der Welt abgekapselt hatte und krank geworden war. Obwohl es ohnehin kaum eine
Gelegenheit dazu gegeben hatte, war Beth ein oder zwei Mal in Tränen
ausgebrochen, davon überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit wäre, bis
Lincoln ihrer überdrüssig würde und etwas Abwechslung von seinem Ehealltag
wünschte.
    Natürlich
hatte er sie getröstet, ihre Tränen weggeküsst, sie geliebt und ihr aus Städten
wie New York und San Francisco und Boston kleine, aber teure Geschenke kommen
lassen, die er sich eigentlich gar nicht leisten konnte. Schließlich fielen die
Preise für Rinder immer weiter in den Keller. Dazu kamen eine Mutter, die das
Geld noch immer ausgab, als ob sie nach wie vor reich wären, und sein Bruder
Wes, der die Ranch fast in den Ruin getrieben hätte, nachdem Lincoln zum
Studieren nach Boston gegangen war.
    Nein,
dachte er kopfschüttelnd, und ein grimmiger Zug legte sich um seinen Mund. Die
Hände hinter dem Kopf verschränkt und steif wie ein Stock, wartete er darauf,
dass die Leintücher sich aufwärmten. Beth hatte das, was sie nur Stunden vor
ihrem Tod gesagt hatte, nicht so gemeint, sondern nur eine Szene aus ihren
Liebesromanen nachgespielt, die sie schluchzend gelesen hatte, bis ihre Augen
ganz geschwollen und ihre Nase rot gewesen war. Sie war so jung gewesen und
hatte geglaubt, dass eine echte Dame eben auf diese Art und Weise starb.
    Ohne den
scharfen Schmerz in seiner Brust und das Brennen in den Augen hätte Lincoln
vielleicht bei der Erinnerung an die Anfangszeit seiner Ehe gelächelt. Oft
genug war er abends aus dem Stall oder von der Ranch zurückgekommen und hatte
seine Frau tränenüberströmt mit einem dicken Buch gegen die Brust gedrückt
vorgefunden.
    »Sie starb
mit einer Rose zwischen den Zähnen!«, hatte Beth dabei einmal
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