Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
war verbraucht, er war...
    Sein Daumen glitt in die Schlinge.
    Das kleine Päckchen Papier schnippte heraus.
    Alan stieß die Hand vor und löste zum letztenmal die Schlinge.
    »ABRAKADABRA , DU VERDAMMTER LÜGNER!« schrie er, und was plötzlich in seiner Hand erblühte, waren keine Papierblumen, es war ein gleißender Strauß aus Licht, der die Upper Main Street in ein phantastisches Leuchten tauchte. Und er sah, daß die aus seiner Faust entspringenden Farben nur eine Farbe waren, so, wie alle durch ein Glasprisma fallenden oder in einem Regenbogen in der Luft erscheinenden Farben nur eine Farbe sind. Er spürte, wie ein Kraftstoß seinen Arm durchfuhr, und einen Augenblick lang war er von einer grandiosen Ekstase erfüllt:
    Das Weiß! Die Ankunft des Weißen!
    Gaunt heulte vor Schmerzen und Wut und Angst – aber er wich nicht zurück. Vielleicht war es so, wie Alan gesagt hatte: es war so lange her, seit er das Spiel verloren hatte, daß er nicht mehr wußte, was nun zu tun war. Er versuchte, sich unter den über Alans Hand strahlenden Lichtstrauß zu ducken, und einen Augenblick lang berührten seine Finger tatsächlich den Griff der Tasche zwischen Alans Füßen.
    Doch plötzlich erschien ein mit einem Pantoffel bekleideter Fuß – Pollys Fuß. Sie stampfte damit auf Gaunts Hand.
    » Stehenlassen !« schrie sie.
    Er blickte wutentbrannt auf – und Alan rammte ihm die Faustvoll Strahlen ins Gesicht. Mr. Gaunt gab einen langen, kläglichen Angst- und Schmerzensschrei von sich und fuhr mit blauem Feuer im Haar zurück. Die langen weißen Finger unternahmen einen letzten Versuch, den Griff der Tasche zu packen, und diesmal war es Alan, der auf sie trat.
    »Ich sage Ihnen zum letztenmal, daß Sie verschwinden sollen«, sagte er mit einer Stimme, die er nicht als seine eigene erkannte. Sie war zu stark, zu sicher, zu machtvoll. Er begriff, daß er dem Ding, das da vor ihm hockte und mit einer furchtsamen Hand versuchte, sein Gesicht vor dem sich ständig wandelnden Lichtspektrum zu schützen, wahrscheinlich nicht den Garaus machen konnte, aber er konnte dafür sorgen, daß es verschwand. Heute abend verfügte er über diese Macht – wenn er es wagte, sie zu benutzen. »Und ich sage Ihnen zum letzten Mal, daß Sie ohne das hier verschwinden werden!«
    »Sie werden sterben ohne mich!« stöhnte das Gaunt-Ding. Seine Hände hingen zwischen seinen Beinen; lange Klauen klickten und klirrten. »Jede einzelne von ihnen wird sterben ohne mich, wie Pflanzen ohne Wasser in der Wüste. Ist es das, was Sie wollen? Ist es das?«
    Jetzt stand Polly neben Alan, drückte sich an ihn.
    »Ja«, sagte sie kalt. »Besser, sie sterben hier und jetzt, wenn das passieren muß, als daß sie mit Ihnen gehen und leben. Sie – und wir – haben ein paar üble Dinge getan, aber dieser Preis ist zu hoch.«
    Das Gaunt-Ding zischte und schüttelte die Klauen.
    Alan hob die Tasche auf und wich langsam mit Polly an seiner Seite auf der Straße zurück. Er hob die Fontäne aus Lichtblumen, so daß sie Mr. Gaunt und seinen Tucker Talisman mit einem phantastischen, kreisenden Strahlen übergoß. Er sog Luft in seine Brust – wie es schien, mehr Luft, als sein Körper je enthalten hatte. Und als er sprach, dröhnten die Worte aus ihm heraus mit einer Stimme, die nicht ihm gehörte. » HEBE DICH FORT, DÄMON! DU BIST AUSGE-STOSSEN VON DIESEM ORT!«
    Das Gaunt-Ding kreischte, als wäre es mit kochendem Wasser verbrüht worden. Die grüne Markise von Needful Things ging in Flammen auf, und das Schaufenster flog in Millionen von Splittern einwärts. Von Alans Hand schossen helle Strahlen – blau, rot, grün, orange, dunkelviolett – in alle Richtungen. Einen Augenblick lang schien es, als schwebte ein zerberstender Stern auf seiner Faust.
    Die Tasche aus Hyänenhaut platzte mit einem widerwärtigen Knall, und die eingefangenen, klagenden Stimmen entkamen in einem Dunst, der nicht sichtbar war, den aber alle fühlten – Alan, Polly, Norris, Seaton.
    Polly spürte, wie das heiße, einsickernde Gift aus ihren Armen und ihrer Brust verschwand.
    Die Hitze, die sich um Norris’ Herz gelegt hatte, verflog.
    In ganz Castle Rock wurden Pistolen und Keulen fortgeworfen; die Leute schauten einander an mit den fassungslosen Augen von Menschen, die aus einem fürchterlichen Traum erwacht sind.
    Und der Regen hörte auf.

17
     
    Immer noch kreischend hinkte und hastete das Ding, das Leland Gaunt gewesen war, über den Gehsteig zu dem Tucker, riß die Tür auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher