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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land
Autoren: Minouche Moser
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wäre ich in folgenschwere Heiterkeit ausgebrochen, hatte über dieser Realsatire meinen Missmut vergessen und schluckte mehrfach am Lachen, das ungestüm aus meinen Tiefen hervorbrechen wollte. Das verhalf meinen Gesichtszüge zu einer positiven Aufwärtsbewegung und der Mann sah mir guter Dinge entgegen, betrachtete mich neugierig, hob schließlich mahnend den Zeigefinger an die Lippen. Ich tat es ihm gleich und kam ein paar Schritte näher, räusperte meine Heiterkeit in die Schranken und setzte zu meiner Ansprache an:
    „Wir leben nebenan“, begann ich und deutete mit dem Zeigefinger in Richtung Nebenan. Mein Gegenüber freute sich ehrlich darüber, dass wir nebenan lebten. „Meine drei Kinder“, den Trumpf zog ich vorsorglich gleich aus dem Ärmel, „müssen Hausaufgaben machen.“
    Fragend sah er mich an und setzte sicherheitshalber noch erklärend hinterher: „Leider ist ihnen das bei dem Lärm nicht möglich!“
    Das fand der Mann sehr bedauerlich und er beteuerte, dass die Mission in nur einer Stunde beendet sein würde, sie dann den Ort des Geschehens räumen würden und betonte, dass sie die Lautsprecher mitnähmen. Ich sah auf die Uhr, nickte und zog zufrieden ab. Es war jetzt siebzehn Uhr und in nur einer Stunde könnten wir uns wieder in die Divisionsschlacht begeben. Willi ließ ich wissen, dass nur noch eine Stunde niedrigstes Sprachniveau möglich sei, bevor die Aufteilung der Steine auf dem Schreibtisch neu verhandelt würde.
    Die zeitliche Verlässlichkeit der Sri-Lanker nahm es mit Minuten und Stunden nicht so genau und als um zwanzig Uhr die entgegen gefieberte Ruhe einkehrte, hatten die beiden Großen ihre Hausaufgaben dem Lärm trotzend erledigt, unser Willi sich mit Hilfe meines ihm eingeredeten Vorwandes erfolgreich aus der Pflicht gewunden.
    Dies war ein kleiner Vorgeschmack dazu, dass wir nicht nur in ein fremdes Klima, sondern auch in eine fremdartige Kultur gezogen waren, deren Empfindungen und Werte erst noch von mir erspürt werden mussten, bevor ich damit ordentlich umgehen konnte. Das Lächeln war ebenso ein Teil des Sri-Lankers wie die lautstarke Freude, beides war untrennbar miteinander verbunden und konnte auch nicht mit meiner rationalen Ader einfach so auseinander dividiert werden, damit ich ausschließlich mir Angenehmes konsumieren konnte. Eine Aufgabe, die mir auch kulinarisch bevorstand.

2. Hilfe! Mein Essen brennt
    Die erste konkrete Begegnung mit sri-lankischem Essen machte ich auf einer Reise in den Süden, als ich, von den Straßen hungrig geschüttelt, mit meinen Blicken gierig die vorbeihuschenden Geschäfte nach Gebäck oder ähnlichem abgrasten.
    „Sowas wirst du hier nicht finden“, desillusionierte mich Andreas, „du musst dich auf eine am Straßenrand deponierte Glasvitrine konzentrieren, hinter der ein Srilanker im Schneidersitz und kerzengerade“, wehmütig seufzend richtete Andreas sein Rückrat auf und fiel kurz darauf wieder in sich zusammen, „ein kerzengerader Verkäufer sitzt und leckere Teilchen verkauft!“
    Da schlug seine Laune in Vergnügen um, lustig trommelte er eine Melodie aufs Lenkrad, ließ sich aber nicht näher über sein Vergnügen aus und pfiff ein Liedchen in das um uns herum veranstaltete Hupkonzert. Wie hypnotisiert fixierte ich all die kerzengeraden Rücken, die an Graben und Teer entlang schlenderten, sah rostige Drahtesel, denen ihre aufrechten Fahrer etwas Majestätisches verliehen und vergaß ganz den an mir nagenden Hunger. Dann bremsten wir abrupt, die Kinder hörten auf zu streiten und alle schauten überrascht auf Andreas, der seine Tür aufriss und ins Freie sprang.
    „Ich dachte, ihr seid hungrig“, scheuchte er uns aus den Sitzen und in ein blau getünchtes Gebäude hinein, wo ein Mann mit Kochmütze hinter einer Vitrine Teig drehte und Woks mit Zutaten bewarf. Bei unserem Auftauchen lachte es breit unter der Mütze.
    „Ich mach das denn mal“, sagte Andreas verzückt und schob mich beiseite. Durch seine unerschütterliche Heiterkeit misstrauisch geworden hörte ich zu, wie mein treu sorgender Ehemann in Englisch Landesübliches bestellte, bezahlte und gar nicht mehr aus seinem Vergnügen herausfinden wollte. Eine Weile lümmelten wir um die Theke herum, wo ich abwesend mit dem Finger Strichmännchen in das von den ununterbrochen vorbeifahrenden Dieselmotoren verfärbte Kochfett malte. Der Mann mit dem Mützenturm auf dem Kopf zischte und wirbelte, schichtete Reis in eine Zeitung, hüllte die Soßen einzeln in
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