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In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land
Autoren: Minouche Moser
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Plastik und steckte das Ganze in eine Plastiktüte, die demnächst mit seinesgleichen über Land flattern und sich unpassend in dieser wunderbaren Natur verhängen und niederlassen würde.
    „Na los“, konnte Andreas nicht abwarten und drängte uns auf den Parkplatz, wo wir die Heckklappe unseres Japaners öffneten, die drei Kinder im Kofferraum stapelten und unsere Hintern auf dem Boden ordneten. Aus einem Korb holte ich fünf Teller und einen Löffel, verteilte den Reis und reichte die Soßen im Kreis herum, welche wir experimentierleichtsinnig in den Reis rührten. Den Kauf hatte Andreas mit einem viel versprechenden Blätterteiggebäck gekrönt, das er nun vor sich ausbreitete und behauptete, er habe gerade keine Lust auf Reis.
    „Ich brauch Besteck“, stellte Fabian fest und ich reichte ihm den Schöpflöffel, bettelte vom Reisverkäufer noch vier weitere ab.
    „Singhalesen“ so eröffnete ich die Sensation beim Austeilen, „essen mit den Händen!“
    Das wollte Willi auch.
    „Mit sauberen Händen“, zwang ich ihm den Löffel auf.
    „Der ist ja total kalt!“, mäkelte da Caro, nachdem sie die Finger gierig in den Berg Essen gesteckt hatte.
    „Lauwarm!“, relativierte ich ihre Übertreibung und setzte meinen Ausflug in die Essgewohnheiten der Sri-Lanker fort. „An heiß Serviertem“, legte ich wichtig nach, „würden sich die Essenden ihre Fingerkuppen verbrennen.“ Außerdem wusste ich noch, dass die Sri-Lanker mit der rechten Hand aßen, sah mich nach meiner Lektion erwartungsvoll um, aber keiner wollte es wissen.
    Doch!
    „Warum die rechte Hand?“, wunderte sich Willi und starrte auf seine Hände, grübelte lautlos darüber nach, welche Hand wohl die rechte und welche die linke war.
    „Weil die linke Hand nicht zum Essen taugt!“, triumphierte ich, endlich mein angelesenes Wissen anbringen zu können. „Jene ersetzt das teure Klopapier, ist folglich verunreinigt und sollte laut dem sri-lankischen Knigge und dem gesunden Menschenverstand nicht in Lebensmittel getunkt werden.“ Gesagtes unterstützend deutete ich in die Richtung einer Mauer, deren Steine wie schief gewachsene Zähne vorsprangen und in deren Zwischenräumen ein Pärchen an seinem Reis kaute. Meinen Finger auf die beiden gerichtet kommentierte ich jede ihrer Bewegungen. Mit Worten gab ich wieder, wie sie den Reis zu Kugeln rollten und in den Mund steckten, währenddessen sie peinlichst darauf bedacht waren, mit den Fingern nicht die Lippen zu berühren.
    Hemmungslos glotzten vier Augenpaare das Pärchen an.
    Andreas hatte sich von uns abgewendet: Wir waren ihm peinlich! Mein Taktgefühl war in einem Schlagloch stecken geblieben und ich versicherte ihm, dass ich mich demnächst wieder darauf besinnen würde. Nur nicht jetzt, da ich hemmungslos Essende anstarren musste. Das Paar fühlte sich beobachtet, sah mich schüchtern an und schon fand ich tiefrot meinen Takt wieder.
    „Total kalt!“, fand Caro mühelos in ihre Beschwerde zurück, während die Buben von Gesehenem angespornt mit den Händen im Reisberg buddelten. Andächtig baute Willi eine Burg und zog einen Graben, in welchen er Curry leerte und manschte, bis ihm die Lebensmittel bis zum Ellenbogen klebten. Unterdessen legte ich eine missglückte Reiskugel in den zerrupften Essenshaufen zurück, schleckte meine Finger sauber – und löschte den Brand mit mindestens einem halben Liter Wasser. Andreas lachte Tränen und wedelte mit seinem Teilchen.
    „Ich mag es lieber süß als scharf“, prustete er seine Schadenfreude aus und biss herzhaft in das Süße, lief rot an, schnaufte wie eine Dampflok und rannte davon, kam mit drei Wasserflaschen aus dem angrenzenden Laden zurück, kühlte mit einer davon im Laufen seinen verbrannten Gaumen.
    „Ich dachte, die seien süß“, hechelte er und nun wusste ich auch, wo seine Heiterkeitsattacke hergekommen war.
    „Das war die Feuertaufe“, röchelte Andreas und setzte die Flasche neu an. Mit Unwörtern brachten die Kinder zum Ausdruck, was sie von dieser Feuertaufe hielten und ich sprach mindestens zehn Minuten lang nicht mehr mit meinem spaßigen Mann!
    Fortan reisten wir nur noch mit einem Arsenal an Brot, gekochten Eiern und Früchten im Kofferraum und stillten damit den Hunger unterwegs. Feuerfrei! Die umständliche Verpflegung unterwegs war das Tüpfelchen auf dem i, welches die ersten Monate schleichend und in Schüben eine unkontrollierbare Sehnsucht nach Vertrautem in mir auslöste. Aus dem Hinterhalt griffen mich
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